Sex und Folter in der Kirche
auf Holz, 16. Jahrhundert.) [12]
Gericht über Juden. Ein buchstäblich mörderischer Zorn entlud sich gegen jene, die Messias nicht glauben wollten. Ihr »Unglaube« mußte von den siegreichen Klerikern in wieder mit Folter und Tod gesühnt werden. (»Das Geistliche Inquisitions-Gerichte hält eine Execution« (Verbrennung von zwölf Personen, »weil man sie des Judenthums beschuldigte«! Radierung von Jan Luyken, 1664.)
[13]
Peinliches Verhör. Selbst das Denken auf seine Abweichungen hin zu kontrollieren und Geständnisse hervorzulocken, ist das Ziel derer, die sich für gut halten. Dabei ist den anwesenden Staats-und kirchentragenden Autoritäten kein Mittel zu unmenschlich. (»Die peinliche Frage«, Holzschnitt, Jacquemin Woeiriot zugeschrieben, o. J.) [14]
Eine Frau und sechs Männer. Die Lust der christlichen Folterer kommt zu ihrem Ziel, wenn
»Hexen« entkleidet und gequält werden können. So läßt sich die Angst der Männer vor dem »Geheimnis der Frau« wenigstens für kurze Zeit besiegen. (»Du sollst so dünn gefoltert werden, daß die Sonne durch dich scheint«, Holzstich nach einer Zeichnung von Ferdinand Piloty, o.J.) [15]
Gefühlen ist, auf die Folter spannen, wie sie ihn rösten, verstümmeln und umbringen und ihn schließlich den Hunden und Schwei-
nen vorwerfen. Und all dies geschieht nicht etwa unter Feinden, nein, unter Nachbarn und Mitbürgern, und, was am ärgsten ist, noch dazu unter dem Vorwand von Frömmigkeit und Religion.«117
Götter sind so grausam, Unsterblichkeit sich selbst vorzubehalten und denen, die sie lieben. Sie sind nicht weniger grausam, anderen die Hölle zu versprechen. Was muß mit der postulierten religiösen Ur-Anlage passiert sein, wenn die Endlösung für viele Menschen darin besteht, in Strömen von Blut zu ertrinken und in höllische Tiefen abzustürzen?118 Doch eine patriarchale Religion, die so entwickelt ist wie das Christentum, konnte und wollte sich dem Ruf nach Blut, Erotik und tödlichen Leidenschaften nicht
entziehen. Schließlich steht, nach den Evangelien, schon an ihrem Beginn das Opfer aller Opfer, der nach einer grausamen Geißelung ans römische Kreuz geschlagene Galiläer. Ein furchtbarer Gott —
Abraham läßt grüßen - verlangte das schlimmste Opfer: den asexuell gehaltenen, von seiner Mutter getrennten, völlig auf den
Vater fixierten Sohn. Er mußte hingeschlachtet werden; offenbar war Gott keine menschlichere Lösung gut genug. Daher führte kein Weg an der blutgetränkten Erlösungstat vorbei. Der Kelch ging nicht vorüber, und der Ruf eines Menschen, der sich am Kreuz in höchster Todesnot verlassen fühlte, gellt durch die Jahrhunderte.
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Foltertod des Sohnes
»Der Gott, der Gott sterben läßt, um Gott
zu besänftigen« ... Hundert Folianten, die für oder
wider das Christentum geschrieben worden
sind, ergeben eine geringere Evidenz als der Spott
dieser zwei Zeilen.
Denis Diderot
Seit er meinen Bruder kreuzigen ließ, um sich
mit mir zu versöhnen, weiß ich, was ich von
meinem Vater zu halten habe.
Theodor Weissenborn
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Jerusalem, heiligste unter den Städten, Schnittpunkt dreier Weltreligionen, wurde sechsunddreißigmal belagert, siebzehnmal zerstört und wieder aufgebaut.1 Von hier sind es acht Kilometer nach
Bethlehem. Das ist nicht weit, doch die Straße ist auch 1993 wieder abgeriegelt, und morgens wie abends stehen Schlangen von Auto-fahrern hier, die einen Passierschein vorweisen müssen. Bevor sie den angeblichen Geburtsort Jesu2 erreichen, kommen sie immer
wieder an zerstörten Autos vorbei — Zeugnis des Kampfes zwischen Israelis und Palästinensern. In Bethlehem keine Mauer ohne Sta-cheldrahtbesatz, ohne Dornenkrone. Die Zugänge zu den meisten Kirchen vermauert oder nicht mehr zu finden. Diese Stadt, Haus des Brotes genannt, ist erschöpft. Soeben ließ sich der Vatikan Grundbesitz, Steuerfreiheit, Schulprivileg garantieren.
Kinder heißen, auf arabisch oder hebräisch, auch heute Jesus. In den Souvenirläden Bethlehems werden Jesus-Puppen in allen Grö-
ßen angeboten. Auf dem Krippenplatz trägt eine Straßenlampe den berühmten Stern obenauf. Vor der Polizeistation wachen Soldaten mit Maschinenpistolen. In einem Gebäude, das die Reiseagentur Nativity Travel (Geburtsreisen) beherbergt, holt man sich Stempel ab; jeder der Beamten trägt eine Pistole im Hosenbund. Der Friseur nebenan nennt seinen Salon Holy Land.
Christen kommen mit dem Bus, lassen Kettchen und Rosen-
kränze segnen,
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