Sex und Folter in der Kirche
Blut »Jesu« unwürdig essen und trinken. Diesen ist einmal mehr das Strafgericht angedroht, und auch die Interessen der Liturgiereform (Zweites Vatikanisches Konzil) änderten nichts daran.
Nicht ohne Grund streiten sich die christlichen Großkirchen bis heute um die gegenseitige Zulassung zu »unserem« Abendmahl.
Die Kommunion179, eine Art mystischer Solidarität180, wird nur der Einheitsgruppe angeboten; wer sich ausschließt, bekommt den Leib
»unseres Herrn« nicht zu essen. Das Wojtyla-Kirchenrecht gibt nicht nur detaillierte Anweisungen zur Eucharistie bis hin zu den Vorschriften über das zu verwendende Brot und den richtigen
Meßwein.181 Es enthält auch veritable Strafbestimmungen. Sie sind gegen alle gerichtet, die die Einheit (der Jüngerinnen) stören und verletzen.182 Man will gerade beim »Liebesmahl« unter sich bleiben, warum auch nicht! Hier ist die Bluthochzeit des Gotteslammes vorweggenommen, von der die Apokalypse des Neuen Testaments
schwärmt. Hier schmeckt es schon sehr nach Rettung und Heil, von hier aus können auch erste Blicke auf die anderen riskiert werden, auf die die endzeitliche Strafe wartet und an deren Pein man sich eines jüngsten Tages wird satt sehen können.183
»Unsere« Meßfeier, »unser« Abendmahl, unsere Einheitsgrup-
pe184 rechnen damit, daß alle Teilnehmerinnen »die reichsten
184
Früchte erlangen, zu deren Empfang Christus der Herr das eucharistische Opfer eingesetzt hat«185. Dieser Gewinn für die Jüngerinnen, den »die vornehmste Aufgabe der Priester«186 verheißt, verlangt allem Anschein nach Bestimmungen wie die folgende: »Wer die heiligste Eucharistie empfangen will, hat sich innerhalb eines Zeitraumes von wenigstens einer Stunde vor der heiligen Kommunion aller Speisen und Getränke mit Ausnahme von Wasser und
Arznei zu enthalten.«187 Oder, nicht weniger magisch: »Auch wenn sie am selben Tag mit der heiligen Kommunion gestärkt worden
sind, ist es trotzdem sehr ratsam, daß jene, die in Lebensgefahr geraten sind, nochmals kommunizieren.«188 Oder: »Niemandem
ist es erlaubt, die heiligste Eucharistie bei sich aufzubewahren oder auf der Reise mit sich zu führen...«189 Vielmehr muß »vor dem Tabernakel, in dem die heiligste Eucharistie aufbewahrt wird, ununterbrochen ein besonderes Licht brennen, durch das Christi Gegenwart angezeigt und verehrt wird«190.
Solche Vorschriften könnten als Beweise der fortdauernden und strafbewehrten Verehrung der Magie innerhalb einer Kirche abge-tan werden, wäre diese nicht gefährlich auch für andere. Noch in den ersten Jahrhunderten der Christenheit war der Akt der Gottesverehrung geheimgehalten worden; man weihte die Neugetauften
erst nach ihrer Eingemeindung in die Jünger-Gruppe in das Mysterium von Fleisch und Blut ein.191 Im europäischen Mittelalter aber wurde der Gottesleichnam am Kreuz, mit der offenen Herzens-wunde, zur maßgeblichen Ikone, allgegenwärtig wie die Buddha-
figur in Asien. Besonders beliebt ist seither die Hostie hinter Glas, in den sonnenförmig gearbeiteten Monstranzen, die allein Priester anfassen dürfen und deren Berührung durch ungeweihte Hände ein Sakrileg ist.
»Fronleichnam«, Herrenleib, kostbarer Schatz ausschließlich für Jüngerinnen, galt für viele Jahrhunderte als eines der wichtigsten Feste der Kirche. Katholikinnen trugen ihre Verehrung in Prozessionen auf die Straßen der Welt, nicht selten ausgesprochen kämp-ferisch, aggressiv gegen alle, die den Glauben nicht teilen konnten oder wollten. Das mag sich in letzter Zeit geändert haben. Doch fordert die Jüngerschaft »unseres Herrn« nach wie vor die Ausgrenzung aller anderen. Diese sollen nach dem geltenden Kirchenrecht noch immer ausgeschlossen sein: »Katholischen Priestern ist es verboten, zusammen mit Priestern oder Amtsträgern von Kirchen 185
oder kirchlichen Gemeinschaften, die nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, die Eucharistie zu konze-lebrieren.« Damit sind beispielsweise alle evangelischen Mitchristen und ihre Amtsträger ausgeschlossen. »Jesu« Fleisch und Blut erfüllen ihre Aufgabe; sie unterscheiden richtige und falsche Jüngerinnen und wirken bei allem Gerede von praktischer Ökumene
stark trennend.
Umgekehrt eine jüdische Meinung: »Es ist ausgeschlossen«,
schreibt Salcia Landmann 1987, »daß ein Jude, der sich über die genaue Bedeutung des Abendmahles im klaren ist, daran teilneh-men kann, ohne vor Entsetzen halb ohnmächtig zu werden.
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