Sexbewusstsein - So finden Sie erotische Erfuellung
ihm aus. Und damit auch das Erotische.
Meistens wird dem anderen überdies auch nichts zugemutet, was trennend wirken oder irgendwie Unmut auslösen könnte. Am stärksten ausgeprägt ist das bei Menschen, die große innere Ängste vor dem Alleinsein, dem Verlassenwerden, vor Ablehnung haben und/oder schnell in Schuldgefühle verfallen. Wie etwa der zurückhaltende Andreas, der sich immer gleich schuldig fühlt: Allein bei dem Gedanken, seiner Frau Anne zu sagen, dass er sie nicht mehr attraktiv findet oder ihn der Sex langweilt, überkam ihn ein schlechtes Gewissen.
Erotik und das Ungewisse
Nähe und wachsendes Vertrauen können zwar dazu beitragen, dass man sich sexuell öffnen kann, aber eben längst nicht immer. Je größer das Bedürfnis nach Gemeinsamkeit und Sicherheit, desto mehr wird das Andersartige, das Ungewisse und somit auch das Erotische verdrängt. Wenn wir das alles (wieder) in unsere Beziehung hineinlassen wollen, müssen wir die Illusion aufgeben, uns absichern zu können gegen das Trennende und letztlich gegen Verletzungen, Schmerz, Verlassenwerden. Im Gegenteil ist es ja gerade so, dass jemand, der sich besonders stark dagegen zu schützen versucht, genau diese am ehesten heraufbeschwört (denn soll alles berechenbar sein, macht das die Beziehungs-Interaktionen unfrei). Es gilt also, seinen Frieden damit zu machen, dass es passieren kann, verletzt und/oder verlassen zu werden. Und mit «Frieden machen» meine ich nicht eine trotzige Abwehrhaltung: «Ich werde ja eh verletzt/verlassen, also kann ich auch gleich …» Es ist eher im Sinne einer Akzeptanz zu verstehen: «Ich akzeptiere, dass ich meinen Partner nicht im Griff haben kann. Dass ich nicht alles von ihm wissen kann und muss. Dass er anders ist als ich. Ich akzeptiere, dass ich nicht alles steuern kann und dass es zu Verletzungen kommen kann (ich werde es überleben)» usw.
Widerstehen Sie dem Drang nach Berechenbarkeit, Sicherheit und Kontrolle, werden Sie stattdessen offen für das Neue, das Unbekannte, das «Andere» (= anders als das, was Ihren Strukturen entspricht).
Ines fällt es sehr schwer, mit Jens offen über Sex zu reden, denn «er könnte etwas Schlechtes über mich denken». Dass er das nie täte, wäre Ines klar, wenn sie hier ganz realistisch bliebe. Aber die Gefühle aus dem Unbewussten überlagern das vernünftige Denken. Wie kann das sein, und was bremst sie sexuell so aus?
Je enger die Paarbeziehung wird, desto mehr wird der andere zur Bezugsperson, zum wichtigsten Menschen für einen selbst. Daher wird man auch sensibler für Verletzungen, Grenzüberschreitungen und Überforderungen. Immerhin will man noch viele Jahre mit ihm zusammen sein. Sollte man jetzt dies oder jenes im Bett machen oder zulassen, erwartet der andere das vielleicht regelmäßig – oder dass es sich sogar noch steigert? Signalisiert man zu oft seine Lust, könnte der andere sich bedrängt fühlen, und dann geht seine bzw. ihre Lust immer mehr zurück, oder? Und hat man zu viele Sonderwünsche, hält der andere einen für sexbesessen oder erfüllt sie womöglich gegen den eigenen Willen? Logischerweise hält man sich schon daher in fast allem zurück, als man keine ablehnende Reaktion riskieren will (die vor allem bei geringerem Selbstwertgefühl als sehr unangenehm empfunden wird).
Also macht man (fast) nur noch das, womit man auf keinen Fall schlecht ankommt. Vielleicht lässt man auch aus Groll oder Faulheit das eine oder andere weg, und so hält es dann auch der Partner. Man unterdrückt eigene Wünsche und Kurskorrekturen, signalisiert höchstens, was einem nicht so gut gefällt, z.B. indem man ganz still und steif daliegt.
«Jens würde schon experimentieren wollen»,
sagt Ines,
«aber er lässt mich die treibende Kraft sein. Viel kommt da allerdings nicht, weil ich eben so zurückhaltend bin. Vielleicht traut er sich auch nicht aus Rücksicht auf mich. Weil er nicht weiß, wie weit er gehen kann. Wobei das jetzt auch wieder daran liegen kann, dass ich mich nicht so locker mache.»
So kommt man irgendwann ganz von selbst auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: Der Sex ist reduziert auf das, von dem ich denke, dass mein Partner es verkraften kann. Und er denkt seinerseits genauso. Das Resultat ist meist sehr fad und langweilig, und zwar allein schon wegen seiner Vorhersehbarkeit.
Mein Tipp: Das BSS (Beiderseitiges Standard-Schema) ist auf Dauer so öde, dass man teilweise lieber fernsieht oder staubsaugt! Durchbrechen Sie es ganz
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