Sexualität - ein natuerliches Beduerfnis
weiteren Kontakt abzubrechen, weil sie es
nicht ertragen, durch diese Person wieder an ihre Ohnmacht, ihre Unfähigkeit
erinnert zu werden. In den vorherigen Vorträgen habe ich bereits wiederholt das
Thema Ohnmacht berührt, und insofern steht es auch in der Reihe dieser
Vorträge.
Sexualität als Sucht
Kennt
jemand von Euch Menschen, die von sich sagen, sie seien sexsüchtig?
Häufig
wissen das nicht einmal die nächsten Angehörigen, nicht einmal der Lebenspartner.
Es ist für den Betroffenen selbst eine sehr schwierige Situation, zu erleben,
dass er Sex braucht, um dauerhaft psychisch überleben zu können. Es ist eine
innere Spannung da, und sie kennen keinen anderen Weg, auf dem sie diese innere
Spannung abbauen können. Auf diesen Lösungsweg sind sie fixiert. Sie
verurteilen sich selber dafür, dass sie davon abhängen, dass sie das brauchen.
Zuhörerfrage: Sie sind abhängig von diesem postorgasmischen Zustand, oder...?
Sie
sind abhängig von einer Möglichkeit, körperliche Spannungszustände abbauen zu
können, die durch Angst oder Ohnmachtsverleugnung entstanden sind. Ein
postorgasmischer Zustand, wie ich ihn vorhin angesprochen habe, kann hilfreich
sein, um traumatische Belastungen therapeutisch abbauen zu können. Sexsüchtige
erreichen diesen Zustand nicht unbedingt. Für sie ist eine sexuelle Entladung
ein Endpunkt, ein kurzer, vorübergehender Moment der teilweisen Entlastung, der
jedoch keine wirkliche Lösung mit sich bringt. Eher sogar geht er mit einer emotionalen
Enttäuschung einher in dem Sinne: der andere bzw. die sexuelle Begegnung konnte
mir nicht das geben, was ich wirklich brauche. Statt dieses erkennen zu können,
wird dann jedoch nach immer spezielleren und anstrengenderen Formen des
sexuellen Exzesses gesucht. Form und Ausmaß sexueller Praktiken, die von manchen
Menschen, vorsichtig gesagt, vielleicht als schräg empfunden werden, hängen
sehr stark damit zusammen, welche Arten von dramatischen Ohnmachtserfahrungen
es in ihrem Leben gegeben hat.
Energetisch-emotionale
Leerräume
Ich
glaube, ich komme nicht umhin, euch etwas über mich zu erzählen. Ich bin mir
vor einigen Jahren bewusst geworden, dass es Körperbereiche bei mir gibt, die
sich wie ein großes Loch in meinem Körper anfühlen. Und zwar war das ein
Bereich oben an meiner Schulter, da wo
ich gerade nicht mehr hinkomme, und zum anderen war das mein Genitalbereich.
Vor etwa zehn Jahren ist mir im Rückblick bewusst geworden, dass die ersten 15
Jahre meiner sexuellen Erfahrungen permanent davon geprägt waren, im sexuellen
Zusammensein mit Frauen dieses Zusammensein als durchaus schmerzhaft zu
empfinden – genau an diesen beiden angesprochenen Bereichen. Es gab immer das
Gefühl, dass da ein Loch ist, irgendetwas, wo ich nicht rankomme. Das wurde in diesen
Situationen immer besonders wahrnehmbar.
Ich
glaube, dass der eine oder andere von euch diese Erfahrung kennt, wenn ich das
anspreche. … dass man denkt: `Warum nimmt der andere, zum Beispiel meine Frau,
meine Zärtlichkeiten an, aber merkt doch nicht, welche Arten von Berührung ich
eigentlich bräuchte? Und warum spart sie ausgerechnet diese Bereiche
systematisch aus?` Ich bin total darauf fixiert, ob sie sich darauf zu bewegt,
auch nur einen Millimeter... Und irgendwann kann ich eigentlich gar nichts
anderes mehr wahrnehmen. Und der andere vermeidet mit absoluter Treffsicherheit
genau jene Berührungen, nach denen mein Körper eine sich fast ins Schmerzhafte
steigernde Sehnsucht hat.
Vor
einigen Jahren habe ich dann während einer Trance-Erfahrung mich zurückversetzt
gefühlt auf den Wickeltisch in meiner Zeit als Baby. Ich habe mich in einer
Situation gesehen, wo ich von meiner Mutter gewickelt worden bin, dies wird
sicher noch im ersten halben Lebensjahr gewesen sein. Und dort erlebte ich
genau diese Erfahrung. Ich erlebte wieder diese Empfindung, als würde meine
Mutter mich nicht in diesem Bereich berühren – und das, obwohl sie mich gerade
dort reinigte.
Im
Nachhinein ist es natürlich leicht zu erklären: In den vergangenen
Jahrhunderten hat sich das sogenannte Inzest-Tabu sehr stark zementiert,
also das Tabu, dass Mutter und Sohn, Vater und Tochter und Geschwister untereinander
keine sexuelle Verbindung eingehen.
Es
ist ein biologisch sinnvolles Tabu. Es ist nicht nur ein konventionelles Tabu,
auch ein Instinktverhalten. Das haben sich nicht die Menschen ausgedacht,
sondern das findet man auch bei den meisten Tierarten, da
Weitere Kostenlose Bücher