Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)
ausschließlich in Experimenten bewiesenen, wirksamen Verfahren – aus den USA kommend durch. Leider drang Prokop mit seinem Anliegen nicht durch. Besonders in Westdeutschland war und ist der Glaube an übersinnliche Medizin stark ausgeprägt. Heute bieten viele niedergelassene Ärzte Homöopathie, Akupunktur und andere angeblich »alternative« Heilverfahren offiziell an, obwohl sie unwissenschaftlich und widerlegt sind.
Prokop ermunterte auch Kollegen, darunter seine Schüler Wolfgang Mattig und Andreas Gertler, sich mit dem Thema öffentlich zu befassen. Im Jahr 1984 schrieben die beiden Gerichtsmediziner, dass es »letztlich das alte Dilemma mit der Parapsychologie ist, dass ihre Anhänger sich trotz schlagender Gegenbeweise nicht von der Unsinnigkeit ihrer Behauptungen überzeugen lassen, sie eher noch verbissener ausbauen und in oft lächerlicher Weise aus Widerlegungen neue ›Beweise‹ oder Hinweise für die Richtigkeit ihrer Theorien basteln, oder einräumen, andere widernatürliche Phänomene könnten hierbei noch eine Rolle spielen.«
Um auch in Westdeutschland gehört zu werden, nutzte Prokop seine Kontakte zu den beiden Rechtsmedizinern Irmgard und Franz Schleyer. 1986 veröffentlichten die drei gemeinsam ein Buch über »Außenseitermethoden in der Medizin«. Damit waren Methoden gemeint, die »einige charakteristische Merkmale gemein haben: die Naivität, Simplizität und Primitivität eigener Deutungs- und Erklärungsversuche, unter Nichtbeachtung sowie teilweise in offensichtlicher Unkenntnis der ungeheuren Kompliziertheit biologischer Vorgänge«, wie Franz Schleyer im Begleitwort erklärte.
Franz Lothar Schleyer (1913–1995)
Schleyer arbeitete Mitte des 20. Jahrhunderts mit Otto Prokop am Bonner Institut für Gerichtliche Medizin. 1956 wurde er dort zum außerplanmäßigen Professor ernannt, 1964 ging er als Leiter der Rechtsmedizin an die Universität Marburg. Dort traf er mit der Rechtsmedizinerin Irmgard Oepen zusammen, die sich als Skeptikerin für angeblich paranormale und alternativmedizinische Verfahren interessierte. 1977 erschien ihr gemeinsamer »Leitfaden der gerichtlich-medizinischen Blutspuren-Untersuchung« .
Schleyer hatte wie Prokop ein Auge für randständige, spannende Probleme des Faches: Seine Doktorarbeit befasste sich mit der Wund-Bildung bei gläubigen Christen (Wunden an den Händen, »Stigmatationswunden«), die bei psychisch veränderten Menschen durch Selbstverletzung auftritt. Danach veröffentlichte Schleyer ein wie schon seine Doktorarbeit ausführlich recherchiertes Buch zu den katholischen angeblichen Wundergesundungen von Kranken im Wallfahrtsort Lourdes. Er liefert darin über zweihundert ärztlich geordnete Fall-Berichte und eine sachliche Bewertung der Heilungen.
Wie Prokop hatte auch Schleyer Freude an Experimenten. So testete er beispielweise den Zerfallsgrad von Blut bei Leichen, um herauszufinden, ob sich so die Leichenliegezeit bestimmen ließ.
Otto Prokop arbeitete mit Wissenschaftlern auch aus Westdeutschland zusammen, unter anderem mit der Rechtsmedizinerin Irmgard Oepen, die er aus seiner Zeit in Bonn kannte. Da man in Ostdeutschland mangels Geld den wissenschaftlichen Anschluss verlor, und weil Prokop seine Meinung zum Christentum und dem Nationalsozialismus nicht allzu offensichtlich kundtun wollte, floss seine Energie in gemeinsame Arbeiten gegen die von ihm schon immer verachteten, durch Aberglauben gestützten Behandlungsmethoden.
Der tote Illusionskünstler Hanussen. Der Fall beschäftigte Prokop noch lange, nicht nur wegen der spannenden Verstrickungen des jüdischen Künstlers mit den Nazis, sondern auch, weil später ein selbsternannter Nachfolger Hanussens namens »Hanussen III« auftauchte.
Um seinem sehr engen Freund Gerhard Uhlenbruck zum 45. Geburtstag eine ehrende Freude zu machen, wählte Prokop 1974 ebenfalls einen Artikel zur Parapsychologie. Er hieß »Naturwissenschaft contra Parapsychologie« und erschien im Archiv für Kriminologie. Prokop wurde darin grundsätzlich.
»Das Studium der angeblichen Ergebnisse [der Parapsychologie]«, so Prokop, »zeigt ein trostloses Bild, das zu der Feststellung berechtigt, dass hier ein Fach vorliegt, das seit der Zeit des vulgären Spiritismus keinerlei Fortschritt zu verzeichnen hat und deshalb aus dem modernen Weltbild ohne irgendeinen Schaden für die Menschheit weggedacht werden kann.«
Prokop erstellte dazu Tabellen und entlarvte angeblich spiritistische Erscheinungen, darunter
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