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Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)

Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)

Titel: Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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Mitteilung von Waldemar Weimann durch drei Kopfschüsse und vier Schüsse in den Rücken getötet. Hanussen war Konfident der SA und offenbar ein Opfer der Röhm-Affäre, war aber von Hitler einmal als Hellseher zu Rate gezogen worden.
    Nach Toland waren Hitlers Kontakte zu Hanussen jedoch viel enger. Hitler soll von Hanussen die meisterhafte Gestik und Körpersprache gelernt haben. Ferner soll Hanussen Hitler bei der Auswahl seiner Mitarbeiter beraten haben.
    Ein von Hanussen gestelltes Horoskop war für Hitlers Machtantritt günstig, doch fehle noch eine Alraune, die bei Vollmond aus Braunau beschafft werden müsse. Hanussen beschaffte sie und überreichte sie am Neujahrstag 1933 (nach Zmeck am 24. 3. 1933).
    Weimann meinte, dass die Erschießung höchstwahrscheinlich in Berlin stattfand, die Leiche dann aber nach Zossen bei Berlin gebracht, in einem Waldgelände abgelegt wurde (nach Toland in der Nähe von Stahnsdorf).
    Einige Parapsychologen hielten Hanussen für einen echten Hellseher, obwohl er nur mit dem Verfahren des ›fishing‹ arbeitete und, wie Gubisch sagte, ein mäßig gutes Signalsystem hatte, mit dem er sich mit Mitarbeitern bei Veranstaltungen im Saal verständigte.
    Als er in dem berühmten Hellseherprozess in Leitmeritz (1928 –1930) wegen Betruges in 34 Fällen angeklagt wurde, verteidigte er sich bei Gericht so wortgewandt, dass er das Gericht mehr überzeugte als prominente Sachverständige.
    Das Gericht machte mit ihm Experimente, die er selbst anbot, die er mit besonderer Dreistigkeit selbst interpretierte, so dass er schließlich freigesprochen wurde. Das Gericht soll im Urteil anerkannt haben, dass er ›über gewisse rätselhafte Geisteskräfte‹ verfüge.
    Hanussen hatte in der nationalsozialistischen SA viele Freunde und Gegner und soll nach anderer Version als oben vermerkt aus ›rassischen Gründen‹ ermordet worden sein – oder weil er Kenntnis vom Reichstagsbrand hatte.
    Das Bild zeigt an der rechten Wange einen Weichteildefekt: durch Tierfraß oder, wie Zmeck schreibt, durch eine Schussverletzung.
    Was mit der Leiche geschehen ist, ist unbekannt. Sie wurde nicht im Berliner Leichenschauhaus registriert.«
    Ganz unbekannt war der Verbleib der Leiche allerdings nicht. 1996 rückte Prokop mit der Wahrheit heraus: »Wurde die Leiche von Hanussen wirklich in das Institut für Gerichtliche Medizin Berlin, Hannoversche Straße, gebracht?«, schrieb er. »Am 4. Mai 1987 wurde in einem Versteck unter dem Dach des Mitteltraktes des Institutes – hier sollte eine Renovierung erfolgen – ein verstaubtes Paket mit einem Asservaten-Buch gefunden, in dem Kleidungsstücke von Hanussen aufgelistet sind mit dem Vermerk: ›Zu untersuchen auf Nahschuss-Zeichen‹. Gab es damals eine doppelte Buchführung? Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass die Asservate auf ›Nahschuss-Zeichen‹ zu untersuchen waren. Wurden sie gefunden? Wir fanden später eine Notiz, dass sie gefunden wurden.«
    Es lag also zumindest die Bekleidung Hanussens im Institut, und es wäre nicht erstaunlich, wenn auch die Leiche dort untersucht wurde, um sie dann verschwinden zu lassen.
    Der »Atlas der gerichtlichen Medizin« wurde im Westen über den Karger-Verlag aus Basel und München für den völlig angemessenen Betrag von knapp 500 D-Mark, nach heutiger Kaufkraft etwa 500 bis 1 000 Euro, mit »Alleinauslieferungsrecht für alle Länder des nichtsozialistischen Wirtschaftsgebietes« verkauft. Allerdings waren diese Atlas-Exemplare auch mit genügend Geld nicht immer leicht zu beschaffen, besonders in der ersten Auflage aus Ostdeutschland.
    Das Deutsche Ärzteblatt berichtete dazu: »Bei der in den 60er Jahren zu kritischer figuraler Malerei in Westberlin aufbrechenden Maler-Generation der Zwanzig- bis Dreißigjährigen hat sich das Gerücht von der Existenz des ›Atlas‹ aus dem Osten schnell verbreitet: ›Der Sowieso malt nach Prokop, die Sowieso zeichnet nach Prokop.‹ Einzelne Fotokopien verschiedener Seiten des ›Atlas‹, über die Mauer gelangt, kursierten, sie wurden wieder und wieder kopiert, bis zur Unkenntlichkeit.«
    Otto Prokop hätte die künstlerische Verwendung seiner Fotos kaum gefallen. Er liebte klassischere Künste, darunter mehr als alles andere die Musik Mozarts. Auch die von ihm sehr geschätzten Bilder seiner Mutter beschäftigten sich eher mit pittoresken Sujets. (Die einzige Ausnahme, die ich kenne, ist ein Gemälde, das Prokop und Kollegen an einer Leiche zeigt.) Niemals habe ich bei

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