Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)
Assistentenstelle. Auch im Krieg hatte Prokop Leichen und andere Eindrücke fotografiert, berichtete aber, die Bilder seien verloren gegangen.
Die Leica II, wie sie Otto Prokop im und nach dem Krieg verwendete. Die manuelle Kamera ist unter anderem wegen ihrem Sucher und der eingeschränkten Belichtungszeiten mühsam zu bedienen und erzieht deshalb zu sehr ordentlichem Fotografieren.
Wilhelm Friedrich Ceelen (1883–1964)
Ceelen stammte aus Frankfurt am Main, wo er 1902 das Abitur ablegte.
Er studierte in Freiburg, Berlin und München Medizin, wurde 1909 approbiert und promovierte 1910 in Berlin. Im selben Jahr wurde er Abteilungschef im Pathologischen Institut der Charité. 1917 erhielt Ceelen dort eine Professur, übernahm aber 1923 als Direktor das Institut für Pathologie in Charlottenburg. Nach einer gut einjährigen Station an der Universität Greifswald wechselte er, wieder als Direktor, ans Pathologische Institut der Universität Bonn.
Ceelen war bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1953 – abgesehen von seiner Mitgliedschaft in der Freiburger Studentenverbindung »Franconia« – »unpolitisch« und von nationalsozialistischen Einflüssen »nicht betroffen«.
Unter anderem, weil seine Mutter Malerin war, hatte Prokop nicht nur für spurenkundliche Bilddetails und fotografische Nahaufnahmen ein scharfes Auge. Er verstand auch den Aufbau und die Ausleuchtung von Fotos.
Die fotografische Leidenschaft ließ ihn nie los. Noch im hohen Alter berichtete er von den Schwierigkeiten der Lichtführung bei Leichenfotografien. Durch die gekrümmte, oft glänzende Oberfläche der Haut »verblitzen« Leichenfotos leicht, das heißt, es gibt auf der Aufnahme Ausfressungen und weiße Flecken. Der auch dadurch entstehende Mangel an guten Tatort-Fotos ist noch heute eins der Hauptprobleme bei der nachträglichen Gutachtenstellung in kniffeligen Gerichtsverfahren und bekam auch im Fall Hetzel große Bedeutung.
Nach dem Krieg fotografierte Prokop manchmal noch mit Plattenkameras. Das waren große Kästen auf Stativen, mit denen man jeweils nur ein Foto machen konnte. Danach musste man jedes Mal die fotografische Platte auswechseln. Durch die Einführung umhängbarer Kamera-Modelle mit Rollfilm galten Plattenkameras als umständlich, unmodisch und technisch veraltet. Das große Format der Fotoplatten – also sehr großer Negative – erlaubte es Prokop jedoch, selbst auf Übersichtsfotografien aus einiger Entfernung »jedes Haar« (seine Worte) abzubilden. So kam es, dass Prokop dem veralteten Kameratyp zunächst treu blieb.
»Ich habe alles mit Plattenkameras gemacht«, berichtete er dem Dokumentarfilmer Thomas Grimm, »im Format 13 x 18 und auch 18 x 24 [cm Negativaußenmaße]. Ich stellte die Kameras auf Blenden ab sechzehn und blitzte denn zwanzig bis dreißig Mal um den Toten herum. Der bleibt ja schön ruhig.
Ich habe im Jahre 1936 angefangen zu filmen. Da war ich fünfzehn Jahre alt. Ich hatte bei einem Altwarenhändler eine Filmkamera gesehen, die kostete – ich konnte es kaum glauben – nur etwa dreißig Schillinge. Das war eine 9,5-Millimeter-Kamera, eine Handkurbelkamera, ›Pathé-Baby‹ hieß sie. Da habe ich meine ersten Filme gemacht, von Schulausflügen.
Als dann das 8-Millimeter-Format kam, habe ich eine ganze Menge mit der Cine-Kodak 8 gefilmt: als Hitler 1938 nach Österreich kam, die Aufmärsche, die endlose Begeisterung. Diese Filme existieren nicht mehr, ich habe sie nämlich alle der Gebietsführung der Hitlerjugend gegeben, und die haben mir dafür immer neue Filme gegeben, mit denen ich weiterarbeiten konnte.
Später bin ich auf 16 Millimeter umgestiegen und habe damit alle meine Schulfilme gemacht. Zum Teil habe ich auch mit einer Kamera gearbeitet, die damals in Dresden gemacht worden ist. Mit der konnte man mit 10 000 Bildern pro Sekunde Zeitlupenaufnahmen machen. Mit dieser Kamera ist der Film entstanden ›Wie verhält sich die menschliche Haut beim Eintritt eines Projektils?‹. Die Filme laufen in der ganzen Welt.«
Bis 1980 sammelte Prokop so viele Fotoapparate, dass er dem Kulturbund der DDR 300 Stück davon schenkte. Er hoffte, dass dafür »analog dem Pentax-Museum in Tokio« ein eigenes Museum eingerichtet würde. Zumindest regte er das am 6. August 1984 bei der Berliner Bezirksleitung der Sozialistischen Einheitspartei an. In seinem Brief an die Partei beschrieb Prokop sogar, wie das Museum aussehen müsse. »Nötig sind ein mittelgroßer Raum für die Ausstellungsstücke,
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