Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)
mit kriminell gefährdeten, rechts orientierten Jugendlichen zu arbeiten. Ich war nicht abgeneigt, und nach einem Gespräch mit dem damaligen Pressesprecher des Landtages Brandenburg habe ich dann meine Tätigkeit im Jugendclub ’91 aufgenommen. Die ersten zwei Jahre waren geprägt davon, dass wir – damals vier Mitarbeiter – erst mal den Club wieder zum Leben erweckten.
1995 übernahm der Stadtsportbund Potsdam den Jugendclub in Trägerschaft, und es kam nunmehr die speziell auf den Sport ausgerichtete Jugendarbeit hinzu. Das kam mir als ehemaligem Leistungssportler bis zum Juniorenalter – ich habe bis zum 18. Lebensjahr geboxt – entgegen. Ich hatte auch viele Kontakte im Sportbereich. Außerdem bin ich seit Jahren im Ausdauersportbereich tätig, das heißt, ich absolviere etwa 15 Wettkämpfe im Jahr über Langlaufstrecken bis hin zum Marathon. 2004 schloss ich dann ein Studium an der IHK und der Landessportschule Brandenburg zum Sportfachwirt ab, so dass ich nunmehr auch befähigt bin, Kinder und Jugendliche in verschiedenen Sportbereichen zu trainieren und anzuleiten.
Wir versuchen dabei immer wieder, uns und unsere Klientel mit neuen Aktionen zu motivieren. So gibt es unter anderem das Projekt »Hinter die Kulissen schauen«, bei dem wir unseren Jugendlichen Bereiche zeigen, wo nicht jeder hinkommt. Wir waren bereits mehrmals bei verschiedenen Fußballclubs (Hertha BSC, FC Carl Zeiss Jena), wo die Jugendlichen dann beim Training der Profis zuschauen, selbst mit ihnen trainieren und danach noch die Gelegenheit erhalten, sich mit den Sportlern zu unterhalten und Fotos, Autogramme und so weiter zu erhaschen. Auch die Polizei wurde von uns in den verschiedensten Aufgabenbereichen besucht. Demnächst wollen wir uns die Sondereinheiten der Brandenburger Polizei anschauen.
Mir fällt da noch eine Episode aus meiner Bekanntschaft mit Professor Prokop ein.
Im Jahr 1981 oder 1982 gab es ein sehr brisantes politisches Thema. Damals begutachtete Prokop einen Westdeutschen oder Westberliner, der bei der Kontrolle an der Grenzübergangsstelle »Dreilinden« (Potsdam nach Westberlin und zurück) aus noch nicht bekannten Gründen »zu Tode kam«, wie es damals formuliert wurde. Er wurde wohl kontrolliert und nach einer anzunehmenden Straftat von den Grenzposten rausgewunken. Danach musste er zur Vernehmung – bei uns hieß das so, nicht Verhör –, und dabei trat dann sein Tod ein. Er fiel wohl auf einen Heizkörper: Durch körperliche Einwirkung [Gewalt] oder einfach so?
Die große, politische Frage war also: Wurde er körperlich durch die Vernehmenden misshandelt oder war es ein natürlicher Tod? Wer wurde damit beauftragt? Prokop.
Um es kurz zu machen: Prokop stellte fest, dass er eines natürlichen Todes gestorben war – ich glaube, durch einen Herzinfarkt, sicherlich auch »begünstigt« durch die Prozedur der DDR -Grenzposten. Es konnte somit ausgeschlossen werden, dass er irgendwelchen körperlichen Einflüssen wie Folterungen oder Ähnlichem seitens der DDR -Beamten erlegen war.
Da Prokop als Österreicher in der DDR doch eine gewisse Stellung innehatte, war er natürlich glaubwürdig, und man konnte nicht davon ausgehen, dass er von irgendwelchen staatlichen Stellen in der DDR beeinflusst wurde beziehungsweise das mit sich machen ließ. Damit war er auch im Westen glaubwürdig. Sicherlich auch ein geschickter Schachzug der DDR -Behörden, ihn für derartige Sachen einzusetzen.
Warum ich mich daran eigentlich erinnere: Zum genannten Zeitpunkt der gerichtsmedizinischen Untersuchung hatten wir wieder Unterricht, also Vorlesung bei ihm. Als dann das oben genannte Ergebnis des »Kriminalfalls mit politischem Background« feststand, wurde das auch in den westlichen Medien ordentlich ausgeschlachtet.
Um uns das zu beweisen, brachte er zum Abschluss des Sachverhaltes eine frische Bild - Zeitung mit, die er am gleichen Morgen noch in Westberlin gekauft hatte. Ich weiß es wie heute: Er kam mit der Bild - Zeitung in der Hand in den Vorlesungsraum marschiert, und mit den Fingern der rechten Hand machte er das Victory-Zeichen deutlich für alle sichtbar nach oben. Anschließend ließ er sich von uns Studenten erst mal feiern und holte dann, in gewohnt österreichischem Dialekt, zu einer längeren Abhandlung aus.
Er war sicherlich auch stolz darauf, dass er in der »Westpresse« erwähnt wurde. Die Zeitung mit den vier großen Buchstaben brachte er übrigens öfters mit. Er hatte es ja auch nicht so weit von
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