SGK330 - Tanzplatz der Verfluchten
Mauer eine regelrechte Treppe, die Kaichen zum Abstieg in die Tiefe
benutzte.
Er kletterte gewandt mit affenartiger
Geschwindigkeit. Während lautes Trommeln und Rufen von jenseits der Zimmertür
durch den Raum hallte, übertönte auch das Rauschen des Regens.
»Aufmachen, Kaichen!« Der Pfleger ging
von der falschen Voraussetzung aus, dass der Patient
es war, der die Tür verbarrikadiert, durch einen Trick verriegelt hatte.
»Machen Sie keinen Unsinn !« Erst an zweiter Stelle kam
seine Sorge.
Horst Kaichen hörte das Rufen,
reagierte aber nicht darauf.
Er setzte seinen Abstieg nach unten
fort, hielt sich an den Steinen fest, die an den passenden Stellen heraustraten
und stand auf den unteren, die Stufen bildeten. Und alle, die er benutzt hatte,
blieben an Ort und Stelle, an denen sie hervorgetreten waren.
Kaichen kam ohne Zwischenfall unten
an.
Er zögerte nicht und sah sich nicht
um. Es regnete in Strömen. Die Luft war so grau, dass er sich in seiner dunklen Kleidung kaum davon unterschied.
Er lief auf die Büsche zu, die einen
natürlichen Wall vor dem Abhang bildeten. Dahinter begann die vier Meter hohe
Mauer. Der lief er entgegen - direkt auf die Person zu, die dort stand und auf
ihn wartete.
Aber er sah sie nicht, war wie in
Trance und handelte einfach, wie er handeln musste .
An der glatten Mauer fand er wie schon
zuvor an der Hauswand Stufen, an denen er emporkletterte, um das Hindernis zu
überwinden.
Als Larry Brent vor der Tür ankam und
sah, mit welcher Anstrengung der Pfleger sie einzurennen versuchte, erhielt
X-RAY-3 einen ersten Eindruck von der Kraft, die er Widerstand entgegenzusetzen
sich entschlossen hatte.
»Es geht nicht..., Mister Brent...,
das ist wie verhext. Die Tür klemmt, der Schlüssel funktioniert nicht... und
Kaichen gibt keinen Laut von sich. Ich muss dem
Doktor Bescheid sagen...«
Auch Brent versuchte sein Glück.
Er legte seine Hand auf die Klinke,
drückte sie herab - und ohne den geringsten Widerstand gab die Tür nach.
Dem Pfleger fielen fast die Augen aus
den Höhlen.
»Aber das ... ich weiß doch, was ich
gesehen habe und ...« Ihm fehlten die Worte.
Larry durchquerte das Zimmer, der
Pfleger folgte ihm wie ein Schatten.
»Sie haben schon richtig gesehen«,
sagte der PSA-Agent ernst. »Ich kam nur zu einem Zeitpunkt an, als schon alles
vorüber war, aber hier ist der Beweis, dass wir beide
nicht träumen ...«
Sie sahen das weit offenstehende
Fenster. Davor stand eine große Lache, zurückzuführen auf den Regen.
Die verbogenen Eisenstangen und die
aus dem Mauerwerk herausgerutschten Steine bewiesen ihnen, dass hier etwas passiert war, wofür niemand eine vernünftige Erklärung hatte.
»Hexerei«, sagte der Mann im weißen
Kittel nur.
»So sieht’s in der Tat aus«,
bestätigte Larry Brent. »Kaichen hat es geahnt, und ob er’s selbst wollte oder
nicht - die gleiche Kraft, die seine Freunde dahingerafft hat, scheint ihn nun
nach einem knappen Jahr auch heimgesucht zu haben. ..«
*
Gleich in welchem Teil der Welt sie
sich im Einsatz befanden, sie benutzten stets schnelle Autos, um ihr Ziel rasch
wie möglich zu erreichen.
Iwan Kunaritschew alias X-RAY-7 hatte
das Gefühl, allein auf der Welt zu sein.
Der Leihwagen - ein dunkelgrauer Opel
Diplomat - rollte auf der schmalen, asphaltierten Straße den Berg hoch. Die
Rother Kuppe war in der Dunkelheit und dem Regen mehr zu ahnen als zu sehen. Kunaritschew
kam kein Fahrzeug entgegen, keines folgte ihm.
Auf der entgegengesetzten Seite des
Berges, nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt in dem Gessler seinen Hof hatte, befand sich die Abzweigung, die zu jenem Kessel zwischen den
Felsen führte, der im Mittelpunkt eines gespenstischen Ereignisses stand.
Ein Verkehrsschild wies darauf hin, dass es verboten war, hier durchzufahren. Die Straße war
sehr schmal.
Links und rechts breiteten sich
saftige Wiesen aus, vereinzelt stand ein Obstbaum auf den Grundstücken, die den
Pfad säumten.
Die Anwesen waren eingezäunt. Links
fiel das Gelände ziemlich steil ab, um so stärker stieg es auf der rechten
Seite an. Genau dazwischen lag der Weg, den Kunaritschew fuhr.
Die schmale Straße führte in einen
Wald. Das Licht der Scheinwerfer glitt lautlos über die schwarzen Baumstämme,
die Felsen und den nassen Asphaltbelag hinweg.
Dann befand sich die Straße wieder auf
gleicher Höhe mit dem felsigen Untergrund, auf dem vereinzelt ein paar Bäume
wuchsen.
Zweihundert Meter weiter wich der
Boden etwas
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