SGK330 - Tanzplatz der Verfluchten
die Anstalt zurück. Ein junger Pfleger hatte
inzwischen die Stelle von Schwester Katja eingenommen und ließ ihn bereitwillig
ein.
Von Bergmanns Büro aus informierte
Larry Brent die örtliche Polizei, gab den Diebstahl des Leihwagens, eines Audi
CD 5 E, bekannt und bat darum, bei einer eventuellen Entdeckung des Wagens
vorsichtig zu Werke zu gehen.
»Am Steuer des CD 5 E sitzt
möglicherweise ein junger Mann, der aus der Heilanstalt Dr. Bergmanns
ausgebrochen ist«, sprach er seine Vermutung aus. »Niemand hier weiß, wie er
reagieren wird, wenn man ihn stellt. Informieren Sie bitte umgehend die Anstalt !«
Das versprach man ihm. Dr. Bergmann
würde alles Weitere in die Hand nehmen. Auch die Benachrichtigung Larry Brents,
der es nicht fertigbrachte, untätig herumzusitzen und zu warten.
»Bitte, rufen Sie mir ein Taxi, Doc.
Ich werde an der nächsten Tankstelle einen neuen Wagen mieten .«
»Das ist nicht nötig, Mister Brent.
Bitte, nehmen Sie mein Fahrzeug .«
»Das kann ich nicht annehmen. Wenn
Sie...«
»Wenn ich«, fiel Bergmann dem
Amerikaner ins Wort, »einen fahrbaren Untersatz brauche, steht mir auch einer
zur Verfügung: das Zweitfahrzeug meiner Frau. Etwas kleiner, etwas langsamer,
aber für meine Zwecke ausreichend.«
Draußen vor dem Haus stand ein
schokoladenbrauner Jaguar, ein zweisitziger Sportwagen.
Bergmann drückte Larry Brent die
Schlüssel in die Hand. »Hier, nehmen Sie... ich habe das Gefühl, dass Sie jetzt einen schnellen Wagen brauchen .«
»Ihr Gefühl ist richtig, Doc .«
»Allerdings kann ich mir eins nicht
vorstellen .«
»Und das wäre ?«
»Wohin Sie fahren wollen? Haben Sie
denn - einen Verdacht ?«
»Ein Gefühl, Doc. Ob’s stimmt, wird
sich herausstellen. Auf alle Fälle ist es besser für mich, unterwegs zu sein.
Den Nerv, auf die Benachrichtigung der Polizei zu warten, hab’ ich nicht. Ich
werde in Richtung Frankfurt fahren, vielleicht bin ich da richtig. Allzu lange kann Kaichen - wenn er überhaupt derjenige ist,
der den Wagen entwendet hat - noch nicht unterwegs sein. Und mit Ihrem Jaguar
sollte es eigentlich möglich sein, einen geringfügigen Vorsprung rasch
aufzuholen. Wenn die Verkehrsverhältnisse es zulassen ... Es ist ein Versuch,
nichts weiter. Aber auf den möchte ich nicht verzichten .«
Zwei Minuten später brummte der Motor
auf. Der Sportwagen rollte zum schmiedeeisernen Tor, das rasselnd
auseinanderglitt, als der Mann hinter dem Fenster der Portierloge sah, dass Larry das Gelände verlassen wollte.
Brent fuhr den Berg nach unten,
verließ den als Privatweg gekennzeichneten Pfad und reihte sich acht Minuten
später in den fließenden Verkehr ein.
Als die Straßenverhältnisse es
erlaubten, gab er Gas, überholte mehrere Fahrzeuge und raste dann auf der
breiten Bundesstraße Richtung Frankfurt.
Hier unten, musste er zu seiner Überraschung feststellen, war die Straße völlig trocken. Hier
hatte es überhaupt nicht geregnet.
*
Der Audi CD 5 E war dunkelgrau und hob
sich in der Dunkelheit vom Asphaltbelag der Straße
kaum ab.
Es war düster geworden, und die
meisten der ihm begegnenden oder hinter ihm fahrenden Autos hatten bereits die
Scheinwerfer eingeschaltet. Doch daran orientierte der dunkelblonde Mann am
Steuer des gestohlenen Wagens sich nicht.
Mit unbewegtem Gesicht saß er hinter
dem Lenkrad und starrte mit leerem, roboterhaftem Blick auf die kerzengerade in
die Dämmerung führende Straße.
In den Ortschaften nahe dem Flusslauf musste er mit der
Geschwindigkeit heruntergehen.
Kaichen verhielt sich so aufmerksam
wie möglich, um durch eine Unbedachtsamkeit nicht aufzufallen.
Er konnte es sich nicht erlauben, von
einer Polizeistreife gestoppt und aufgehalten zu werden. Dann würde die Jagd
erst richtig losgehen.
Er blieb nur so lange wie notwendig
auf der Bundesstraße, weil er damit rechnen musste , dass der Diebstahl des Audis inzwischen gemeldet war.
So verließ er bei der ersten
Gelegenheit die breit ausgebaute Straße und benutzte eine abseits liegende,
schmalere, aber wenig befahrene Straße zweiter Ordnung.
Hier fuhr er schneller als erlaubt, um
seinen Vorsprung auszubauen.
Die Dunkelheit nahm rasch zu.
Kaichen schaltete die Scheinwerfer an.
Nach einer Fahrt von knapp dreißig
Minuten fuhr er auf einer menschenleeren Strecke Richtung Frankfurt und kam nur
hin und wieder durch einen kleineren Ort, den er, wenn es die Möglichkeit gab,
auch noch umging.
Er behielt anfangs die Richtung nach
Südwesten
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