SGK330 - Tanzplatz der Verfluchten
bei.
Zwischen zwei weit
auseinanderliegenden Ortschaften kam ein großes Waldgebiet, das sich
beiderseits der Straße erstreckte.
Im Licht der Scheinwerfer sah Kaichen
plötzlich am Straßenrand eine dunkelgekleidete Gestalt, die winkte und
geblendet die Augen schloss , als die Scheinwerfer
seines Wagens sie trafen.
Im Bruchteil eines Augenblicks
erkannte der Fahrer eine junge Frau, die per Anhalter weiter wollte. Sie trug
einen dunkelgrünen Parka, ein buntgemustertes Kopftuch, neben ihren Füßen
standen ein zusammengeschnürtes Bündel und eine prallgefüllte Ledertasche.
Schon war der Eindruck wieder vorüber.
Da reagierte Horst Kaichen, als
vernähme er eine Stimme, die ihm einen Befehl erteilte.
Er ging sofort mit der Geschwindigkeit
herunter, bremste und fuhr dann auf der rechten Straßenseite den Weg zurück,
den er gerade gekommen war.
Die Anhalterin lief ihm entgegen.
Kaichen stoppte, beugte sich über den
Beifahrersitz und stieß die Tür nach außen.
»Wo willst du denn hin ?« fragte er freundlich.
»Nicht weit. Nur zur nächsten
Jugendherberge. Das sind noch fünfzehn oder zwanzig Kilometer - zu Fuß wird’s
langsam zur Tortur .. .« Das
Mädchen hatte ein braungebranntes Gesicht und lebhafte Augen. Sie sah sich misstrauisch um. »Du bist allein im Auto ?«
»Ja, wie du siehst. Du brauchst aber
keine Angst zu haben ... komm’, steig ’ ein! Ich tu’
dir nichts . . .«
»Ich hab’ keine Angst. Erstens weiß
ich mich meiner Haut zu erwehren, wenn’s wirklich einer versuchen sollte,
zweitens seh ’ ich in dieser Kluft wenig verführerisch
aus, so dass manch einem der Appetit schon bei meinem
Anblick vergeht...« Sie lachte und zeigte zwei Reihen kräftiger, strahlend
weißer Zähne.
Kaichen fiel in ihr Lachen mit ein.
»Und drittens?«
»Drittens seh ’
ich mir die Leute genau an, mit denen ich fahre. Du schneidest gut ab ...«
Sie legte ihr Gepäck auf den
Hintersitz.
Einen Moment zögerte sie, wohin sie
sich setzen sollte, ob vorne neben den Fahrer oder auf den Rücksitz. Sie entschloss sich für hinten.
»Dann lenk’ ich dich wenigstens nicht
ab .«
Sie öffnete ihren Mantel und nahm das
Kopftuch herunter. Sie hatte das blonde Haar zu einer Pferdeschwanzfrisur
zusammengebunden.
Sie warf den Kopf in den Nacken und
atmete tief durch. »Kann ich den Mantel ablegen ?« fragte sie.
»Mach dir’s bequem«, erhielt sie zur
Antwort.
»Danke. Draußen ist’s doch noch
verdammt kalt, wenn die Sonne weg ist«, fügte sie hinzu.
Sie trug einen Rollkragenpulli und
zerknitterte Bluejeans.
»Wenn du willst, fahr’ ich dich bis
kurz vor Frankfurt. Ich weiß nicht, wie weit du morgen weitermarschieren
willst...« Er warf nur einen flüchtigen Blick in den Rückspiegel. »Übrigens -
ich heiße Horst .«
»Petra.«
»Netter Name. Er passt zu dir ... Ich finde, alle Mädchen mit langem blondem Haar müssten Petra heißen ...«
Sie lachte leise. »Wie kommst du denn
darauf? Die meisten Petras, die ich kenne, sind schwarzhaarig .«
»Bei mir müssten sie blond sein. Ich stell’ mir unter Petra immer eine große, blonde Frau mit
langen Haaren vor. Komisch, nicht wahr?«
»Man hat manchmal solche Vorstellungen.
- Nein, vielen Dank für dein Angebot. Bis kurz vor Frankfurt möchte ich noch
nicht. Ich möchte ganz gern noch ein paar Tage in dieser Gegend bleiben, vor
allem mal am selben Ort. Vom Laufen hab’ ich vorerst die Nase voll... Trampen
klappt auch nicht immer. Hatte schon keine Hoffnung mehr, dass heute Abend noch einer hält. Zugegeben, die Wege, die
ich gehe, liegen auch ein bisschen abseits der
Hauptverkehrsstraßen. Da ist’s besonders schwer, einen Fahrer zum Halten zu
bewegen. Zum Glück bist du noch gekommen. Nett von dir, dass du mich mitnimmst ...«
»Nicht der Rede wert, ob eine oder zwei Personen in dieser Kiste mitfahren, das bleibt
sich schließlich gleich. Der Weg ist auch der gleiche, und wenn ich jemand
einen Gefallen tun kann, dann mach’ ich das gern .«
Es war angenehm warm in dem Auto. Die
Heizung war eingeschaltet.
»Wenn du nicht gehalten hättest«,
machte Petra sich wieder bemerkbar, »ich glaube, länger wäre ich auf keinen
Fall mehr unterwegs gewesen .«
»Was hättest du getan ?«
»Irgendwo zwischen den Straßenbäumen
meinen Schlafsack ausgebreitet, mich zusätzlich in eine Wolldecke gewickelt und
geschlafen«, antwortete sie gleichmütig.
»Ist dir das schon mal passiert ?«
»Etwas Ähnliches ... Vor zwei Jahren.
Da bin ich auch
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