SGK336 - Odem des Pestmonsters
den
weiteren Vortrag.
Morrison blieb noch einige Minuten im
Halbdunkel sitzen, erhob sich dann und zog sich hinter das dunkle Podium
zurück. Er verschwand durch eine Hintertür.
Für die Besucher schien dieses Abwechseln zum
normalen Programmablauf zu gehören.
Nicht so für Iwan Kunaritschew.
In der ersten Etappe ihrer Vortragsreise von
New York aus hatte Morrison stets die erste Hälfte und Squash die zweite Hälfte
des Vortrags getragen. Danach standen sie für offene Fragen und Diskussionen
zur Verfügung.
Aber so weit war es noch nicht.
Fühlte Morrison sich nicht gut? War er krank?
Kunaritschews Mißtrauen erwachte.
Er wußte, daß beim letzten Vortrag auch
dieses Schema erkennbar geworden war. Morrison verließ das Podium, kehrte kurz
vor Schluß noch mal zurück, die Diskussion begann, und die ersten Krankheitssymptome
bei den Besuchern traten auf. So war es jedenfalls im Glendon der Fall gewesen ...
Der russische PSA-Agent erhob sich und
verließ unbemerkt den Konferenzsaal durch eine Seitentür.
Iwan wandte den Blick gleich nach rechts und
sah, wie Clay Morrison über die Treppe nach oben lief.
Der Amerikaner bewegte sich schwerfällig, als
bereite das Gehen ihm Mühe.
Zwei-, dreimal blieb er auf den ersten zehn
Stufen stehen.
Morrison rechnete nicht damit, daß er
beobachtet wurde.
Der Korridor war menschenleer bis auf
X-RAY-7. Die meisten der an diesem Tag angereisten Gäste, die teilweise von
weit hergekommen waren, um Morrison und Squash persönlich zu sehen, waren im
Konferenzsaal und verfolgten den Dia-Vortrag.
Morrison blickte sich kein einziges Mal um.
Iwan sah, wie er sich mit fahriger Bewegung
über die Stirn strich. Gebeugt wie ein alter Mann brachte er die erste Treppe
hinter sich.
Iwan löste sich von der Wand. Lautlos wie ein
Schatten folgte er dem Davongehenden.
Geduckt lief er die Treppe nach oben. Ein
Stockwerk höher lagen die Zimmer der beiden Astronauten.
Es war üblich, daß sie bewacht wurden, um
einige zu neugierige und zudringliche Zeitgenossen während der Ruheperioden auf
Distanz zu halten. Nun jedoch, da die beiden Männer für die Öffentlichkeit zu
sprechen waren, erübrigte sich dies.
Morrison schloß mit zitternder Hand die Tür
auf und taumelte wie ein Betrunkener in den Raum.
Die Tür fiel ins Schloß.
Mit drei, vier schnellen Schritten war
Kunaritschew an Ort und Stelle.
Er vernahm das Rumoren hinter der Tür.
Ein Stuhl wurde gerückt, dann ließ sich
jemand auf das Bett plumpsen.
Schweres Atmen, verhaltenes Stöhnen ... Dann
schlurfende Schritte.
Sie kamen dicht an der Tür vorbei. Jetzt
krachte eine andere Tür - offensichtlich die zum Bad - gegen die Wand.
Wasser rauschte. Morrison prustete.
Kunaritschew vermutete, daß der Mann seinen
Kopf unter das fließende Wasser hielt.
»Oh ... nein ... nein ...«, vernahm X-RAY-7
Morrisons leise Stimme.
»Nicht schon wieder... ich will nicht... will
nicht...«
Es hörte sich grauenhaft an.
Iwan warf einen Blick den Gang entlang und
vergewisserte sich, daß niemand in der Nähe ihn beobachtete. Dann bückte er
sich und preßte ein Auge gegen das Schlüsselloch. Er konnte nicht allzu viel
sehen, da der Schlüssel von innen steckte ...
Da war nur eine schattenhafte, fließende
Bewegung.
Das Stöhnen nahm zu. Nichts mehr Menschliches
haftete ihm an.
Kunaritschew verlor keine Sekunde mehr,
drückte die Klinke und öffnete die Tür zunächst spaltbreit.
Er sah die dunkle Wolke, die wie ein
bedrohliches Ungetüm im Zimmer hockte und es noch mehr verdunkelte.
Die Wolke war von dichter Substanz, bewegte
sich wie Atem, blühte auf und wurde wieder ein wenig dünner.
Dann entstand ein Sog wie im Zentrum einer
Windhose.
Iwan fühlte die Kraft, die ihn packte. Er
meinte, eine unsichtbare Hand würde ihn nach vorn reißen. Die Tür flog nach
innen - und mit ihr Kunaritschew.
Er stolperte über seine eigenen Füße. Im
Fallen griff er nach der Smith & Wesson Laser und riß sie aus seiner
Schulterhalfter.
Er drehte sich um seine eigene Achse, ehe er
zu Boden stürzte.
Mit dumpfen Knall
flog die Tür wieder ins Schloß. Kunaritschew kam auf den Rücken zu liegen.
Wie ein Orkan umbrauste es ihn.
X-RAY-7 mußte sich an einem Fuß des Bettes
festhalten, um nicht davongeweht zu werden.
Wie ein dunkles, böse funkelndes Auge gähnte
die Öffnung über ihm. Sie pulsierte und übte den Sog aus.
Die ungeheuerliche schwarze Wolke füllte das
Zimmer zur Hälfte - und wuchs weiter.
Und woraus sie sich
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