Shades of Grey - Befreite Lust: Band 3 - Roman (German Edition)
herumfummelt.
»Er hat meine Bitte, mich mit ihm zu treffen, schon mehrere Male zurückgewiesen.«
Scheiße. Ich stecke viel tiefer in Schwierigkeiten, als ich dachte.
»Wieso ist es denn so wichtig für Sie, mit ihm zu reden?«, frage ich behutsam.
»Ich will mich bei ihm bedanken. Ohne seine Hilfe würde ich in einer stinkenden Gefängnispsychiatrie verrotten.« Sie blickt auf ihren Finger, mit dem sie an der Tischkante entlangfährt. »Ich hatte einen sehr schweren psychotischen Schub, und ohne Mr. Grey und John – Dr. Flynn …« Sie zuckt mit den Schultern und sieht mich voller Dankbarkeit an.
Wieder weiß ich nicht, was ich sagen soll. Was erwartet sie von mir? All das sollte sie doch eigentlich Christian erzählen und nicht mir.
»Und für die Kunsthochschule. Dafür kann ich ihm gar nicht genug danken.«
Ich wusste es! Er finanziert ihr die Ausbildung. Ich bemühe mich um eine ausdruckslose Miene, während ich meine Gefühle dieser Frau gegenüber zu ergründen versuche, nun, da sich mein Verdacht im Hinblick auf seine Großzügigkeit bestätigt hat. Zu meinem Erstaunen stelle ich fest, dass ich keinerlei Groll gegen sie hege. Damit hätte ich nicht gerechnet, und ehrlich gesagt, bin ich froh, dass es ihr besser geht. Damit kann sie hoffentlich ihr Leben wieder in Angriff nehmen und sich folglich aus unserem heraushalten.
»Versäumen Sie im Moment irgendwelche Vorlesungen?«, frage ich interessiert.
»Ja, aber nur zwei. Morgen fliege ich nach Hause zurück.«
Gut. »Und was haben Sie vor, solange Sie hier sind?«
»Ich hole meine Sachen bei Susi ab, dann geht es zurück nach Hamden, wo ich weiter malen und lernen werde. Mr. Grey hat sogar zwei Bilder von mir bei sich hängen.«
Verdammt! Wieder verabschiedet sich mein Herz in Richtung Hose. Hängen sie etwa in unserem Wohnzimmer? Allein bei dem Gedanken packt mich kalte Wut.
»Was für eine Art Bilder malen Sie denn?«
»Vorwiegend abstrakte.«
»Verstehe.« Im Geiste gehe ich die inzwischen vertraute Sammlung von Christians Gemälden durch. Zwei stammen also aus der Hand seiner Exsub … zumindest vermutlich.
»Kann ich ganz offen sprechen, Mrs. Grey?«, fragt sie, augenscheinlich ohne die leiseste Ahnung zu haben, welcher Konflikt sich gerade in meinem Innern abspielt.
»Aber natürlich«, antworte ich mit einem Seitenblick auf Prescott, die sich ein wenig zu entspannen scheint. Leila beugt sich vor, als wollte sie ein lang gehütetes Geheimnis preisgeben.
»Ich habe Geoff, meinen Freund, der vor einiger Zeit gestorben ist, sehr geliebt.« Ihre Stimme senkt sich zu einem traurigen Flüstern.
O Gott, jetzt fängt sie auch noch mit ihren Privatangelegenheiten an.
»Ihr Verlust tut mir sehr leid«, sage ich automatisch, doch sie fährt unbeirrt fort.
»Ich habe meinen Ehemann geliebt … und einen anderen auch«, murmelt sie.
»Meinen Ehemann.« Die Worte sprudeln aus meinem Mund, ehe ich es verhindern kann.
»Genau«, bestätigt sie tonlos.
Das ist nichts Neues. Sie hebt den Kopf und blickt mich aus ihren braunen Augen an. Ich sehe, dass sie gegen ihre widerstreitenden Gefühle ankämpft, wobei die Furcht die Oberhand zu besitzen scheint. Ist es die Furcht davor, wie ich reagieren könnte? Dabei ist ihre Angst völlig unbegründet, denn in allererster Linie empfinde ich Mitleid für diese arme Frau. Aus einem Impuls heraus durchforste ich mein Gehirn nach sämtlichen Werken der klassischen Literatur, in deren Mittelpunkt die unerwiderte Liebe steht. Auch wenn es mir schwerfällt, beschließe ich, moralische Überlegenheit zu demonstrieren.
»Ich weiß. Es ist so einfach, ihn zu lieben«, flüstere ich.
Ihre Augen weiten sich noch mehr. Schließlich lächelt sie. »Ja. Das ist es – war es«, korrigiert sie sich eilig und wird rot. Sie gibt ein so hinreißendes Kichern von sich, dass ich nicht anders kann, als ebenfalls zu kichern. Gütiger Himmel, wir kichern wie zwei Teenager, weil Christian Grey so ein toller Mann ist. Mein Unterbewusstsein verdreht die Augen und wendet sich wieder der zerlesenen Ausgabe von Jane Eyre zu. Ich sehe auf die Uhr. Mir ist durchaus bewusst, dass Christian jeden Moment hier sein wird.
»Sie bekommen Ihre Chance, Christian noch einmal wiederzusehen.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Ich weiß ja, wie ausgeprägt sein Beschützerinstinkt manchmal sein kann.« Sie lächelt.
Also war alles Taktik. Diese Frau ist ziemlich gerissen, das muss man ihr lassen. Man könnte auch sagen, sie manipuliert dich
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