Shades of Grey - Gefährliche Liebe: Band 2 - Roman (German Edition)
genießen den kurzen Moment unerwarteter, köstlicher Ruhe. Irgendwann lässt er mich los und hält mir die Beifahrertür auf. Ich steige ein und sehe zu, wie er um den Wagen herumgeht.
Er startet den Motor und fädelt sich in den Verkehr ein, während er geistesabwesend mit Van Morrison mitzusummen beginnt.
Na so was! Ich habe ihn noch nie singen gehört, nicht einmal unter der Dusche. Ich runzle die Stirn. Er hat eine schöne Stimme – natürlich. Hm, hat er mich je singen gehört?
Falls ja, würde er dich bestimmt nicht fragen, ob du ihn heiraten willst! Mein Unterbewusstsein steht in Burberry-Karo mit verschränkten Armen da. Der Song endet, und Christian grinst mich an.
»Wenn wir einen Strafzettel bekommen hätten, wäre er auf dich gelaufen, weil dein Name im Fahrzeugschein steht.«
»Nur gut, dass ich befördert worden bin und es mir jetzt leisten kann«, erwidere ich kess und betrachte sein schönes Profil. Seine Lippen zucken amüsiert. Van Morrisons Stimme erklingt wieder, als er die Zufahrt zur I-5 nimmt.
»Wohin fahren wir?«
»Das ist eine Überraschung. Was hat Flynn sonst noch gesagt?«
»Irgendetwas über eine blablabla-orientierte Therapieform.«
»Lösungsfokussierte Kurzzeittherapie.«
»Hast du auch schon andere ausprobiert?«
Christian stößt ein Schnauben aus. »So ziemlich jede, die es gibt, Baby. Kognitive Therapie, Freud, Funktionalismus, Gestalttherapie, Verhaltensforschung … Nenn mir irgendeine Therapieform, ich kann dir alles darüber erzählen, was du wissen musst.«
Ich höre die Verbitterung in seiner Stimme, und es ist eine Qual, ihn so reden zu hören.
»Und glaubst du, dieser neue Ansatz wird dir helfen?«
»Was hat Flynn dazu gesagt?«
»Dass du dich nicht mit der Vergangenheit aufhalten, sondern stattdessen auf die Zukunft konzentrieren sollst – darauf, wo du stehen willst.«
Christian nickt und zuckt gleichzeitig mit den Achseln. »Was noch?«, bohrt er weiter.
»Er hat von deiner Berührungsangst gesprochen, allerdings hat er einen anderen Begriff dafür verwendet. Und über deine Albträume und deine Selbstverachtung.« Ich werfe ihm einen Blick zu und sehe, dass er nachdenklich an seinem Daumennagel herumkaut, ehe er flüchtig zu mir herübersieht.
»Augen auf die Straße, Mr. Grey«, tadle ich mit erhobenen Brauen.
»Ihr habt eine halbe Ewigkeit geredet, Anastasia. Was hat er sonst noch gesagt?«
Ich schlucke. »Dass du seiner Meinung nach kein Sadist bist«, antworte ich leise.
»Wirklich?«
Die Atmosphäre im Wagen kühlt in Rekordgeschwindigkeit ab.
»Der Begriff sei in der Psychiatrie nicht anerkannt, meint er. Schon seit den Neunzigern nicht mehr«, fahre ich eilig fort, als Versuch, die Stimmung irgendwie zu retten.
Christians Züge verfinstern sich noch mehr, und er lässt langsam den Atem entweichen.
»Flynn und ich sind in diesem Punkt unterschiedlicher Meinung«, erklärt er leise.
»Er sagt auch, dass du grundsätzlich immer das Schlechteste von dir glaubst. Und das stimmt auch. Er hat auch von sexuellem Sadismus gesprochen, allerdings ist es seiner Meinung nach ein selbst gewählter Lebensstil und keine psychische Erkrankung, wie du es betrachtest.«
»Soso, ein einziges Gespräch mit dem Therapeuten, und schon bist du Expertin auf dem Gebiet, ja?«, faucht er mich an und sieht wieder auf die Straße.
Oje … ich seufze.
»Wenn du nicht hören willst, was er gesagt hat, dann frag mich gar nicht erst.«
Ich will mich nicht streiten; außerdem hat er ohnehin Recht – was zum Teufel verstehe ich schon von dem ganzen Kram? Und will ich überhaupt etwas darüber wissen? Die wichtigsten Punkte – sein übersteigertes Kontrollbedürfnis, sein Besitzdenken, seine Eifersucht und sein übertriebener Beschützerinstinkt – kenne ich inzwischen in- und auswendig und weiß, woher sie kommen. Ich kann sogar verstehen, weshalb er nicht gern angefasst wird. Die Narben auf seiner Brust habe ich mit eigenen Augen gesehen, über die psychischen Verletzungen kann ich lediglich Spekulationen anstellen, und von seinen Albträumen habe ich nur ein einziges Mal einen Eindruck bekommen.
»Ich will wissen, worüber ihr geredet habt«, beharrt Christian, verlässt die I-5 an der Ausfahrt 172 und fährt in westlicher Richtung, der untergehenden Sonne entgegen.
»Er hat mich als deine Lebenspartnerin bezeichnet.«
»Ach, tatsächlich?« Sein Ton ist eine Spur versöhnlicher. »Tja, der Mann ist sehr penibel in seiner Wortwahl. Ich finde, das ist eine
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