Shades of Grey - Geheimes Verlangen: Band 1 - Roman (German Edition)
er auf sie achtet und die Scherben aufsammelt, wenn wieder mal eins ihrer verrückten Projekte scheitert.« Bei dem Gedanken lächle ich. Ich war so lange nicht mehr bei meiner Mutter. Christian beobachtet mich intensiv, während er an seinem Kaffee nippt. Ich darf seinen Mund nicht ansehen; das macht mich nervös.
»Haben Sie ein gutes Verhältnis zu Ihrem Stiefvater?«
»Natürlich. Er ist der einzige Vater, den ich kenne.«
»Wie ist er?«
»Ray? Schweigsam.«
»Das ist alles?«
Ich zucke mit den Achseln. Was erwartet dieser Mann? Meine Lebensgeschichte?
»Schweigsam wie seine Stieftochter«, sagt Grey.
Ich verkneife es mir, die Augen zu verdrehen. »Er mag Fußball, Kegeln und Fliegenfischen und schreinert gern. Er ist Tischler und war in der Armee.«
»Sie haben bei ihm gelebt?«
»Ja. Mom hat Ehemann Nummer drei kennen gelernt, als ich fünfzehn war. Ich bin bei Ray geblieben.«
»Sie wollten nicht bei Ihrer Mutter leben?«, fragt er mit gerunzelter Stirn.
Das geht ihn nun wirklich nichts an.
»Ehemann Nummer drei wohnt in Texas. Ich war in Montesano daheim. Und … Mom war frisch verheiratet.« Ich halte inne, denn meine Mutter spricht nie über Ehemann Nummer drei. Viel kann ich also nicht über ihn sagen. Aber worauf will Grey hinaus? Schließlich geht ihn das echt nichts an. Dieses Spiel können auch zwei spielen.
»Erzählen Sie mir von Ihren Eltern«, bitte ich ihn.
Er zuckt mit den Achseln. »Mein Dad ist Anwalt, meine Mutter Kinderärztin. Sie leben in Seattle.«
Oh, er kommt also aus einer wohlhabenden Familie. Ich stelle mir ein erfolgreiches Paar vor, das drei Kinder adoptiert, von denen eines zu einem attraktiven Mann heranwächst, der die Welt des Big Business im Sturm erobert. Was hat ihn zu dem gemacht, was er ist? Seine Eltern sind bestimmt stolz auf ihn.
»Was machen Ihre Geschwister?«
»Elliot ist im Bauwesen, und meine kleine Schwester lebt in Paris, wo sie von einem berühmten französischen Küchenchef ausgebildet wird.« Sein Blick verrät, dass er nicht gern über seine Familie oder sich selbst spricht.
»Paris soll wunderschön sein«, stelle ich mit leiser Stimme fest. Warum möchte er nicht über seine Familie reden? Weil er adoptiert ist?
»Es ist tatsächlich sehr schön. Waren Sie schon mal dort?«, fragt er.
»Ich habe das Festland der Vereinigten Staaten noch nie verlassen.« Nun wären wir also wieder bei Banalitäten. Was verbirgt er vor mir?
»Würden Sie gerne einmal hinfahren?«
»Nach Paris?«, krächze ich. Wer würde nicht gern nach Paris fahren? »Natürlich. Aber noch lieber würde ich England sehen.«
Er legt den Kopf ein wenig schief und lässt den Zeigefinger über seine Unterlippe gleiten … Oje .
»Warum?«
Ich blinzle. Reiß dich zusammen, Steele. »Weil das die Heimat von Shakespeare, Jane Austen, den Brontë-Schwestern und Thomas Hardy ist. Ich würde gern die Orte besuchen, die diese Schriftsteller inspiriert haben.« Das erinnert mich daran, dass ich eigentlich lernen sollte. Ich sehe auf die Uhr. »Ich muss los, lernen.«
»Für die Abschlussprüfung?«
»Ja. Sie beginnt am Dienstag.«
»Wo ist der Wagen von Miss Kavanagh?«
»Auf dem Hotelparkplatz.«
»Ich bringe Sie hin.«
»Danke für den Tee, Mr. Grey.«
Wieder dieses geheimnisvolle Lächeln.
»Gern geschehen, Anastasia. War mir ein Vergnügen. Kommen Sie.« Er streckt mir die Hand entgegen.
Ich ergreife sie verwirrt und folge ihm aus dem Coffeeshop. Schweigend schlendern wir zum Hotel zurück. Zumindest an der Oberfläche wirkt er ruhig und beherrscht. Ich für meinen Teil versuche verzweifelt zu beurteilen, wie unser kleines Tête-à-Tête beim Kaffee gelaufen ist. Ich habe das Gefühl, ein Bewerbungsgespräch hinter mir zu haben, wofür, weiß ich allerdings nicht.
»Tragen Sie immer Jeans?«, fragt er plötzlich.
»Meistens.«
Er nickt.
Mir schwirrt der Kopf. Was für eine merkwürdige Frage … Das war’s also, und ich hab’s vermasselt, das weiß ich. Vielleicht hat er eine Freundin.
»Haben Sie eine Freundin?«, platzt es aus mir heraus. O Gott, hab ich das gerade laut gesagt?
Er verzieht die Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln und sieht mich von oben herab an. »Nein, Anastasia. Eine feste Freundin, das ist nichts für mich«, teilt er mir mit sanfter Stimme mit.
Was bedeutet das wieder? Er ist nicht schwul. Oder vielleicht doch? Wahrscheinlich hat er mich in dem Interview angelogen. Kurz habe ich den Eindruck, dass er mir eine Erklärung,
Weitere Kostenlose Bücher