Shadow Falls Camp - Entführt in der Dämmerung: Band 3 (German Edition)
sie war sich nicht so sicher, ob das noch der Fall wäre, wenn seine Großmutter sich wirklich einmischen würde. Kylie war sich nicht einmal sicher, ob es richtig war, ihn vor diese Wahl zu stellen.
Am Dienstagmorgen erwachte Kylie schon sehr früh. Ihr erster Gedanke war, dass heute Ellies Beerdigung war. Sie erinnerte sich an die Vision, die sie gehabt hatte, und fragte sich, ob es fair war, dass sie die Beerdigung zweimal erleben musste.
Sie rieb sich verschlafen die Augen. Ihr Wecker hatte noch nicht geklingelt. Also, wieso war sie schon wach?
Die Kälte legte sich plötzlich über sie wie eine Decke aus Eis. »Heidi?« Sie setzte sich ruckartig auf, und ihr wurde schwindelig. »Bist du das? Ich hab noch Fragen an dich.«
Keine Antwort. Kylie saß da und wartete. In der Dunkelheit des Morgengrauens sah sie, wie an ihrem Fußende ein Geist Gestalt annahm. »Heidi?«, wiederholte sie.
Kylie knipste ihre Nachttischlampe an. Das Licht erhellte ihr Schlafzimmer, und sie sah den Geist, der mit dem Rücken zum Bett stand. Es war nicht Heidi. Kylie konnte nicht einmal sagen, ob der Geist männlich oder weiblich war. Irgendwie sah er oder sie … toter aus als die anderen. Klar, die Geister waren alle tot, aber aus irgendeinem Grund sah sogar das verfilzte Haar toter aus als das der anderen Geister.
»Hallo«, flüsterte Kylie zaghaft.
Der Geist drehte sich zu ihr um, und Kylie stockte vor Entsetzen der Atem. Würmer, Maden und eklige Insekten krabbelten aus den leeren Augenhöhlen und aßen das wenige Fleisch, das noch die Gesichtsknochen bedeckte.
Kylie schrie und presste sich mit dem Rücken an das Brett am Kopfende ihres Bettes.
»Kannst du mir helfen?« Ein Schwall Würmer ergoss sich aus dem Mund des Geistes, als er sprach, und landete mit einem ekelhaften Geräusch auf Kylies Bettdecke.
»Ich …« Kylie strampelte hektisch ihre Bettdecke von sich, um zu verhindern, dass die schleimigen Dinger auf sie zukrabbelten. »Vielleicht schon, aber kannst du vielleicht was mit deinem Gesicht machen? Sofort!«
Della stürzte ins Zimmer. »Was ist los?«
Kylie schaute zum Fußende des Bettes. Der Geist war verschwunden. Sie atmete erleichtert auf. »Alles okay«, krächzte sie. Beim Gedanken an die Maden – sie war sich nicht hundertprozentig sicher, dass der Geist sie alle wieder mitgenommen hatte – sprang Kylie aus dem Bett, riss die Decke herunter und schmiss sie auf den Boden. Dann wich sie angeekelt vor dem Haufen Bettzeug zurück.
»Ja, du siehst so aus, als wäre alles supi«, bemerkte Della ironisch.
Kylie sprang derweil von einem Fuß auf den anderen und wischte sich die eingebildeten Maden weg, die sie meinte auf ihrer Haut krabbeln zu spüren.
Della stand in ihrem Mickey-Mouse-Schlafanzug da und starrte sie an, unentschlossen, ob sie lachen oder wegrennen sollte.
Kylie hörte schließlich auf rumzuhüpfen und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. »Wenn ich sterbe, versprichst du mir, dass ich dann verbrannt werde?«
Della zog die Augenbrauen hoch. »Wenn du stirbst?«
»Ich hab das nicht vor in nächster Zeit, keine Angst.« Sie wischte sich noch einmal über den Arm. »Aber trotzdem.«
Della schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wieso du so tust, als wäre alles in Ordnung.«
Kylie schlang die Arme fröstelnd um den Oberkörper. »Ich auch nicht, ehrlich gesagt.«
Kylie wollte nicht mehr schlafen. Sie fragte sich, ob sie je wieder in dem Bett schlafen konnte. Stattdessen zog sie sich schon an und wartete, bis Della und Miranda fertig waren, um zum Gottesdienst zu gehen, der bei Sonnenaufgang stattfinden sollte.
Der Beerdigungsgottesdienst war genau wie in der Vision. Nur, dass sich die Trauer echter anfühlte. Besonders als Kylie Derek sah, der mit Tränen in den Augen Ellies Kappe an sich drückte.
Holiday warf immer wieder einen Blick über ihre Schulter. Kylie wusste, dass sie nach Burnett Ausschau hielt. Doch erst als Chris anfing zu reden, huschte Burnett herbei und ließ sich auf den Stuhl neben Holiday fallen.
Kylie sah, wie sich die beiden einen Blick zuwarfen. Sie konnte den Blick nicht richtig einordnen. Aber traurig war er auf jeden Fall. Traurig schien sowieso das Tagesmotto zu sein. Na ja, das galt für alle außer dem Eichelhäher, der immer wieder vorbeigeflattert kam und fröhlich vor sich hin trällerte, als versuchte er, sie zu beeindrucken.
Nur, dass sie alles andere als beeindruckt war.
Als die Beerdigung zu Ende war, nahm Lucas sie an der Hand und ging
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