Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
»Lucas, ich bin im Tunnelsystem von Houston. Unter dem Toyota-Gebäude. Kannst du mich hören?«
»Was tust du da?«, knurrte die dunkle, raue Stimme.
Kylie riss die Augen auf. Der alte Vampir starrte sie an. Sie erinnerte sich gerade noch rechtzeitig daran, dass sie nicht lügen durfte. »Hab geträumt.«
»Was für ein Traum? Ich konnte eine Energie spüren.«
»Ein schlimmer Traum. Ich … hatte früher immer Albträume und Panikattacken.« So weit keine Lügen.
Er schien ihr fürs Erste zu glauben, wirkte aber noch immer misstrauisch. Gab es einen Grund für ihn, misstrauisch zu sein? Hatte Lucas sie noch gehört?
»Ich habe ein paar alte Freunde, die dich gern kennenlernen würden. Ich hoffe für dich, dass du dich anständig benimmst.«
»Wer sind diese Freunde? Und warum wollen sie mich kennenlernen?«
»Ich glaube, Kylie Galen, du weißt gar nicht, wie besonders du eigentlich bist.«
»Wieso bin ich besonders?«
Er antwortete nicht. »Wenn du mir versprichst, dass du nicht versuchen wirst, zu fliehen, löse ich deine Ketten.«
Der Gedanke, die schweren Metallringe loszuwerden, klang verlockend. Die Worte lagen ihr schon auf der Zunge, aber sie wären gelogen gewesen.
»Wir wissen beide, dass ich fliehen werde, wenn es einen Fluchtweg gibt. Du solltest lieber sichergehen, dass es keinen gibt.«
Er lachte. »Ich weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen.«
»Genug, um mich freizulassen?«
»Nein, dafür reicht es nicht.«
Sie schaute ihm in die grauen alten Augen. »Ich sehe keinen Fluchtweg in diesem Raum. Außer du glaubst, ich kann dich überwältigen, wenn die Tür offen ist. Aber da ich nicht einmal diese Ketten lösen kann, hieße das, dass du schwächer bist als dieses Metall. Ist das so?«
Er musterte sie. »Du bist sehr intelligent, mein Kind. Muss ich annehmen, dass du genauso listig wie schlau bist?«
»Wenn ich listig und schlau wäre, dann würde ich wohl kaum hier sitzen.«
»Lass uns einen Kompromiss wählen.« Er schloss die Augen und die Metallbänder um ihre Arme verschwanden, genau wie der Ring um ihren linken Knöchel. Jetzt war nur noch ihr rechter Knöchel von einer langen schweren Kette gefesselt.
Kylie stockte der Atem und sie starrte ihn schockiert an. »Was bist du?«
Er lächelte. »Siehst du, schon gewinne ich deinen Respekt.«
»Du verwechselst Neugierde mit Respekt«, erwiderte sie.
Seine Augen wurden schmal, aber der leise Anflug eines Lächelns erschien auf seinem Gesicht.
»Was bist du?«, wiederholte Kylie.
Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Was ist denn los, Liebes? Sind die Ähnlichkeiten so erschreckend?« Und damit löste er sich einfach so in Luft auf.
»Was soll das heißen?«, schrie sie ihm hinterher. Sie stand auf, um zu sehen, wie weit sie mit der Kette gehen konnte.
Nicht annähernd weit genug.
Kylie versuchte wieder einzuschlafen, um noch einmal zu Lucas zu fliegen. Aber es gelang ihr nicht. Sie konnte nur hoffen, dass ihre erste Nachricht bei ihm angekommen war, dass er Burnett angerufen hatte und sie auf dem Weg zu ihr waren. Wie lange das wohl dauern würde?
Was, wenn sie nicht kamen? Was, wenn ihre Nachricht ihn nicht erreicht hatte? Sie versuchte, die Kette zu lockern, aber sie hatte keine Kraft. Was war das nur mit ihren Kräften, warum kamen und gingen sie wie sie wollten?
Kylie ging auf und ab, die Kette hinter sich herschleifend. Sie kam nicht bis zu der schweren Tür, obwohl ihr das wahrscheinlich auch nichts gebracht hätte. Als der Vampir verschwunden war, hatte sich auch die Türklinke in Luft aufgelöst. Und so war die Tür nicht zu öffnen. Sie tigerte immer noch auf und ab und überlegte, wie sie sich aus ihrer misslichen Lage befreien konnte – mit oder ohne Hilfe von Burnett. Sie schielte zur Tür ohne Türgriff. Was zur Hölle war der Typ? Und was hatte er von Ähnlichkeiten gefaselt? Sie blieb stehen und lauschte.
Sie hörte eine Stimme, aber nicht die des alten Mannes. Es war die Stimme des Enkels. Na super, wollte er sie etwa wieder besuchen? Schnell schaute sie sich im Raum nach etwas um, das sie als Waffe benutzen konnte. Noch während sie umherschaute, hörte sie wieder die Stimme des Vampirs. Diesmal laut und deutlich.
»Wer bist du und was schnüffelst du hier herum?«
Wo kamen die Stimmen her? Sie zögerte und ging näher an die Wand heran. Plötzlich hörte sie einen dumpfen Schlag, als ob etwas Schweres zu Boden geworfen worden war.
Oder jemand?
Ihr stockte der Atem. Sie ging noch näher an die
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