Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
mich los!
Sie hörte ihre eigenen Schreie wie ein Echo, als würden sie von den dunklen Ecken des Raumes zurückgeworfen. Ihr Herz raste, schlug gegen ihre Rippen wie ein gefangenes Tier. Bumm. Bumm. Bumm.
Sie hatte die Fäuste in die Bettdecke gekrallt und kämpfte mit aller Kraft dagegen, wieder in den Albtraum gezogen zu werden. Doch ihre Bemühungen waren zwecklos. Der Traum wurde zu ihrer Realität.
Stoff schnitt ihr in die Haut, als jemand ihre Arme fesselte. Sie blinzelte und versuchte zu fokussieren. Aber sie konnte nur verschwommen sehen. Alles um sie herum war verschwommen. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie konnte eine, zwei, vielleicht auch drei Personen erkennen, die vor ihr standen. Sie trat um sich, aber eine lähmende Trägheit behinderte ihre Bewegungen.
Sie zog an den Fesseln, aber die Personen, die sich über sie beugten, wurden immer mehr. Die Hände hielten ihre Arme und Beine schneller fest, als sie sie bewegen konnte. Die Fesseln um ihre Handgelenke wurden enger gezogen. Sie konnte sich nicht mehr bewegen und konnte nur voller Grauen zusehen, wie jemand mit einem Messer auf sie zukam.
»Nein!« Ihr eigener Schrei katapultierte sie aus dem Albtraum heraus. Sie riss die Augen auf, ballte die Fäuste und starrte an die Decke, aus Angst, wieder in den Traum zurückzufallen.
»Nur ein Traum. Es war nur ein Traum«, wiederholte sie leise vor sich hin. Sie rollte sich auf die Seite und versuchte sich aufzusetzen, aber der Schwindel, den sie im Traum gespürt hatte, überfiel sie auch jetzt. Sie sackte wieder aufs Bett.
»Nur ein Traum. Nur ein Traum.« Sie atmete tief ein und aus und zählte dabei langsam bis vier. Erst als die Zimmertemperatur wieder normal war, probierte sie es noch einmal mit dem Aufstehen. Der Schwindelanfall war vorbei, aber die Panik noch genauso stark. Die furchteinflößenden Bilder tauchten immer wieder vor ihrem inneren Auge auf und jagten ihr die Angst wie Stromstöße durch den Körper. Dann wurde ihr klar, dass sie in dem Traum nicht sie selbst gewesen war, sondern die Frau. Sie war der Geist gewesen.
Sie schnappte sich ihre Jeans und zog sie schnell über. Ihr Schlafshirt ließ sie an. Ohne sich weiter um etwas wie einen BH oder Schuhe zu kümmern, eilte sie aus dem Zimmer und zur Ausgangstür. Als sie die Stufen vor der Hütte hinablief, raste ihr Herz immer noch. Trotz des angebrochenen Morgens lag die Dunkelheit noch wie ein dichter Vorhang über dem Himmel, nur am östlichen Horizont schimmerte es hell.
Sie schlug den Pfad ein, der zu Holidays Hütte führte, doch dann fiel ihr ein, dass Holiday gesagt hatte, dass sie immer schon bei Tagesanbruch ins Büro geht.
Also machte sie kehrt und rannte Richtung Büro. Die Leichtigkeit, mit der sie das Lauftempo hielt, hätte sie normalerweise gefreut, aber im Moment war es nur eine weitere Erinnerung daran, dass sich gerade alles Mögliche in ihrem Leben veränderte. Und sie hatte keine Ahnung, wo sie diese Veränderungen hinführen würden.
Sie war schon fast da, als ihre Lungen plötzlich doch nach mehr Sauerstoff verlangten. Sie blieb schwer atmend stehen und stützte die Hände auf die Oberschenkel. Kylie schaute auf ihre nackten Füße und versuchte, die Bilder aus dem Traum zu vertreiben, die sich wie ein furchtbares Video immer wieder in ihrem Kopf abspielten.
»Nur ein Traum«, flüsterte sie in die dunkle Stille.
Und da fiel es ihr plötzlich auf. Die Stille. Eine düstere Totenstille.
Die Art von Stille, die bedeutete, dass sie nicht allein war. Da es nicht kalt war, konnte es kein Geist sein. Sie musste an den Vampir denken, der ins Campgelände vorgedrungen war. Von dem Burnett gesagt hatte, dass sie leichte Beute für ihn gewesen wäre, wenn er es gewollt hätte. War er zurückgekommen, um die Sache zu Ende zu bringen?
Sie stand ganz aufrecht. Ihr erster Reflex war wegzurennen. Ihr zweiter war zu schreien. Ihr dritter Reflex, der längst nicht so stark war wie die anderen beiden, war, die Ärmel ihres Schlafshirts hochzukrempeln und sich dem Unbekannten zu stellen.
Doch noch ehe sie sich ernsthaft mit Option Nummer drei auseinandersetzen konnte, wurde die Welt um sie herum wieder lebendig. Insekten- und Vogelgeräusche sowie ein quakender Frosch beruhigten Kylies Nerven wieder. Die Erlebnisse der letzten Tage hatten sie doch etwas misstrauisch gemacht. Nur weil es mal kurz still war, hieß das nicht gleich, dass sie verfolgt wurde.
Zumindest nicht von einem Vampir … Sie schaute zum
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