Shadow Falls Camp - Erwacht im Morgengrauen: Band 2 (German Edition)
sei das falsch. Was willst du eigentlich von mir?«
Holiday verzog gedankenverloren den Mund. »Vorsichtig, ja, aber ich hab doch nicht gemeint, dass du ihm aus dem Weg gehen sollst.«
»Das hast du vielleicht nicht gemeint, aber im Moment ist das eben meine Art, vorsichtig zu sein. Meine Art, damit umzugehen.«
Holiday hob beschwichtigend eine Hand. »Okay, okay. Mach es auf deine Art.« Sie hielt inne und seufzte dann tief. Kylie wusste, dass sie es nicht gut fand. »Hast du schon mit deinem Stiefvater gesprochen?«
Kylie verdrehte die Augen. »Hat meine Mutter dich wieder angerufen? O Mann, ich kann einfach nicht verstehen, warum in aller Welt sie denkt, dass ich dem Mann vergeben soll. Vor allem, wenn sie selbst nicht vorhat, ihm zu verzeihen – und zwar nicht in hundert Jahren.«
Holidays Mund verzog sich wieder zu einer Seite, als würde sie genau nachdenken, bevor sie die Worte aussprach. »Er lässt sich von deiner Mutter scheiden, nicht von dir.«
Ja, Kylies Mutter hatte in etwa dasselbe gesagt, aber Kylie nahm es ihr nicht ab. »Es fühlt sich aber anders an.« Sie konnte sich noch gut erinnern, wie sie ihn angefleht hatte, sie mitzunehmen und bei sich wohnen zu lassen. Aber nein, er hatte sie nicht gewollt. Und warum? Sie schaute Holiday an. »Hat dir meine Mutter auch erzählt, dass er mit einer ins Bett geht, die gerade mal ein paar Jahre älter ist als ich?«
»Nein, aber du hast es mir erzählt. Als wir zusammen Eis essen waren.« Sie sah sie voller Mitgefühl an. »Sieh mal, Kylie, ich sage ja nicht, dass er alles richtig gemacht hat. Aber das geht ja nicht um ihn und dich. Würde ich meine Eltern nach ihrer Beziehung zueinander bewerten, würde ich sie beide hassen.«
»Tut mir leid, aber ich sehe das anders«, widersprach Kylie. »Es geht ja vielleicht nicht um ihn und mich, aber was er getan hat, betrifft doch auch mich. Und zwar in vielerlei Hinsicht. Zum Beispiel hat mich gestern meine Mutter angerufen und mir gesagt, dass sie darüber nachdenkt, das Haus zu verkaufen. Das Haus, in dem ich aufgewachsen bin. Den Ort, den ich mein Leben lang als mein Zuhause betrachtet habe.«
Holiday lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Das ist hart. Ich kann mich noch daran erinnern, wie schwer es für mich war, als meine Mutter unser Haus verkauft hat. Aber …«
»Kein aber«, unterbrach sie Kylie. »Meine Mutter sollte mich nicht zu etwas drängen, dass sie selbst nicht schafft. Sie kann ihm nicht verzeihen. Vielleicht kann ich das auch nicht. Also, sag ihr das gefälligst, wenn sie nächstes Mal anruft. Oder vielleicht sage ich ihr das auch selbst.«
Holiday runzelte die Stirn. »Nicht deine Mutter hat angerufen, sondern dein Stiefvater. Und er hat gesagt, dass er …«
»O nein, er hat dich angerufen?« Kylie dachte daran, wie peinlich es ihr gewesen war, als ihr Vater das letzte Mal auf Holiday getroffen war. Er hatte sie mit deutlichen Absichten angestarrt, so als wäre sie etwas zum Vernaschen. »Sag mir jetzt nicht, dass er mit dir ausgehen will oder so.«
»Nein. Er hat sich echt besorgt angehört. Er meinte, er würde dir die ganze Zeit E-Mails schreiben und dich anrufen, aber du würdest ihm nie antworten.«
»Wenn er sich so Sorgen um mich macht, könnte er ja auch einfach am Elterntag mal vorbeikommen. Und tut er das? Nein. Und weißt du, warum? Ich wette, seine kleine Freundin will nicht, dass er kommt. Ihre Eltern erlauben ihr wahrscheinlich nicht, wegzufahren.«
»Oder vielleicht kommt er nicht, weil er denkt, du willst ihn nicht sehen.« Holiday schüttelte den Kopf. »Ich glaube einfach … vielleicht solltest du doch versuchen, mit ihm zu reden.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Ach verdammt, jetzt habe ich mich schon eingemischt, jetzt kann ich auch weitermachen. Kylie, ich denke, dass du Verdrängen als Mittel benutzt, um mit Dingen umzugehen, die in deinem Leben gerade nicht gut laufen. Bei deinem Vater und jetzt auch bei Derek. Und ehrlich gesagt, ist Verdrängen eine ganz schlechte Methode, um mit etwas umzugehen. Ich weiß es, weil ich es selbst das ein oder andere Mal so gemacht habe.«
»Ja, schon gut.« Kylie kam sich ziemlich mies vor, konnte es aber nicht ändern. »Bis ich eine andere Methode in meiner Trickkiste finde, werde ich aber die benutzen.« Sie hätte sich schon fast verteidigt und Holiday gesagt, dass sie nicht alles verdrängte. Sie hatte immerhin die letzten anderthalb Tage damit verbracht, wildfremde Menschen in Dallas anzurufen, um die
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