Shadow Falls Camp - Erwählt in tiefster Nacht: Band 5 (German Edition)
heute nicht anders. Denn aus ihrem geöffneten Mund kam … nichts, kein Wort. Es war, als hätte ihr Gehirn einen Systemabsturz.
»Was meinst du damit?«, hakte ihre Mom nach.
»Dass ich froh bin, dass mein Bauchweh weg ist.« Kylie legte sich schnell eine Hand auf den Bauch.
»Du hast Bauchweh?« Ihre Mom sah sofort besorgt aus.
»Ach, das ist nichts.«
»Woher weißt du, dass es nichts ist?«
»Weil ich es weiß.« Kylies Stimme klang gepresst. Sie hatte Angst, dass ihre Mom sie gleich in die Notaufnahme schleppen könnte. Oder sie würde wieder denken, dass Kylie schwanger war.
»Woher weißt du, dass es nichts ist?«, wiederholte ihre Mutter hartnäckig.
»Weil es nur … Blähungen sind. Ich hatte ein bisschen Blähungen.«
Ihre Mutter wurde rot und schaute schnell John an. Kylie konnte spüren, wie sie selbst rot anlief wie ein Ampelmännchen. Von allen Dingen, die sie hätte sagen können, wieso mussten ihr da gerade Blähungen einfallen?
Ihre Mom raunte ihr zu: »Musst du vielleicht auf Toilette gehen?«
»Nein. Es ist schon weg.«
»Bist du sicher?«
»Absolut.« Kylie ließ sich auf einen Stuhl sinken und hoffte inständig, dass nicht das ganze Treffen so furchtbar verlaufen würde.
Eine Dreiviertelstunde später saß Kylie immer noch mit ihrem Besuch am Tisch, und sie unterhielten sich. Na ja, genauer gesagt redeten eigentlich nur ihre Mom und John – über den neuen Job ihrer Mutter, den sie in zwei Wochen anfangen wollte, und über England.
»Oh, ich hab dir ja auch was mitgebracht.« Kylies Mom zog eine kleine Tüte aus ihrer Handtasche. »Ich weiß doch, dass du solche T-Shirts magst.«
Das Erste, was Kylie dachte, war:
Meine Mom war in England, und alles, was ich bekomme, ist ein T-Shirt.
Aber sie rang sich ein Lächeln ab und zog das Shirt aus der Tüte. Als sie die Aufschrift darauf sah, musste sie laut lachen:
Meine Mom war in England, und alles, was ich bekomme, ist dieses T-Shirt.
»Perfekt«, sagte sie. Ihr gefiel auch die rosa Farbe des Shirts.
»Und ich hab dir noch das mitgebracht.« Ihre Mom zog eine kleine weiße Schachtel aus der Tasche.
Das Charms-Armband funkelte fast schon magisch, als Kylie den Deckel der Schachtel öffnete. Ihr stockte für einen Moment der Atem, als sie die Anhänger sah. Ein Schwert, das ihrem Schwert sogar ähnelte, ein Kreuz und ein Jeanne-d’Arc-Symbol.
»Ich hab es in einem Schloss gekauft und die hatten da nur eine sehr kleine Auswahl an Anhängern, aber … aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass diese hier zu dir passen. Ich hoffe, du findest sie nicht blöd.«
Definiere »aus irgendeinem Grund«, hätte Kylie gern gefragt, doch sie unterließ es. »Nein. Ich mag sie. Danke.« Eine vertraute Kälte verursachte ihr Gänsehaut.
Daniel war hier? War er es gewesen, der ihre Mom dazu gebracht hatte, ihr die Anhänger für das Armband zu kaufen? Sie schaute sich hastig um, konnte ihn aber nirgends entdecken.
»Bald, Kylie, bald.«
Die Worte hallten in ihrem Kopf wider. Kylie fröstelte.
»Ich vermisse dich«,
erwiderte Kylie in Gedanken.
»Ich weiß nur nicht, ob ich schon bereit bin zu sterben. Aber ich vermisse dich sehr.«
Um sie herum wurde es plötzlich unruhig. Die anderen Eltern brachen nach und nach auf.
Ihre Mom sah sich um. »Diese Besuche sind immer so schnell vorbei. Ich sollte noch mal schnell auf die Toilette gehen, bevor wir losfahren.« Sie stand auf und eilte davon.
Kylie wollte schon aufstehen und ihre Mom auf die Toilette begleiten, doch John legte seine Hand auf ihre. Die Berührung jagte Kylie einen kalten Schauer über den Rücken. Es fühlte sich einfach falsch an. Sie zog schnell ihre Hand weg.
»Ich hatte gehofft, dass wir mal alleine miteinander reden könnten«, meinte John.
Ich nicht.
Kylie schielte zu den Toiletten rüber. »Ich glaube, ich …«
»Gibt es einen Grund dafür, dass du mich nicht leiden kannst, Kylie?«
Sie sah ihn überrascht an. Entscheidungen – immer diese Entscheidungen. Sollte sie lieber diplomatisch sein oder ehrlich?
Wer hatte noch mal gesagt, dass Ehrlichkeit am längsten währt? Sie konnte sich nicht erinnern, beschloss aber trotzdem, sich heute daran zu halten.
32 . Kapitel
»Lassen Sie mich mal nachdenken«, sagte Kylie seelenruhig. »Fangen wir doch mal damit an, dass Sie vor meiner ganzen Schule eine Prügelei mit meinem Stiefvater angefangen haben.«
John straffte die Schultern. »Er hat mich zuerst geschlagen.«
»Nachdem Sie ihn beleidigt und auf
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