Shadow Falls Camp - Erwählt in tiefster Nacht: Band 5 (German Edition)

Mädchen hierherbringt. Und dass sie sie jetzt auch noch behalten wollen …« Der Mann mit dem Handy schüttelte den Kopf.
    Kylies Herz klopfte wie wild. Sie hatte Jenny ja geglaubt, aber es von jemand anderem zu hören, machte es irgendwie realer.
    Dereks Hand war plötzlich wärmer. Anscheinend wollte er Kylie trösten.
    Einer der Männer näherte sich ihnen, und Kylie spürte, wie Derek nervös wurde. Offenbar hatte er das Bedürfnis, dem Mann auszuweichen, obwohl er unsichtbar war.
    Der Mann schaute sich misstrauisch um, als spürte er, dass er nicht allein war.
    »Sollte vielleicht einer von uns nachsehen, ob sie noch bei ihrem Großvater ist?«
    »Ja, das wäre sinnvoll«, entgegnete der andere.
    Und wenn sie ihr Verschwinden bemerkt hatten, war es nur umso schwieriger zu fliehen,
stellte Kylie fest.
    Endlich entfernten sich die Wachen gemeinsam mit Jenny. Kylie wartete noch, bis sie außer Hörweite waren. Sie wollte gerade etwas zu Derek sagen, als sie wieder Schritte vernahm. Hatte sich einer der Wachen unsichtbar gemacht und war zurückgekommen? Oder war das noch jemand anderes?
    Kylie drückte fest Dereks Hand, in der Hoffnung, ihn damit auf den Neuankömmling aufmerksam zu machen.
    Derek erwiderte den Händedruck, als hätte er verstanden.
    Die Schritte hörten ganz in ihrer Nähe auf. Kylie versuchte, möglichst flach zu atmen, und hoffte inständig, dass ihre oder Dereks Atemzüge sie nicht verraten würden.
     
    Die nächsten Minuten kamen Kylie vor wie eine Ewigkeit. Dann seufzte der fremde Unsichtbare tief und ging endlich davon. Das Knacken von Zweigen unter seinen Schritten hallte durch den dunklen Wald. Die Versuchung, den Namen ihres Großvaters zu rufen, war stark. Irgendwie kamen ihr der Rhythmus der Schritte und das Seufzen bekannt vor. Aber sie konnte sich nicht sicher sein. Vielleicht war es auch nur Wunschdenken.
    Weil sie sich wünschte, dass er ihr Fehlen entdeckt hatte, sich Sorgen machte und nach ihr suchte.
    Weil sie sich wünschte, dass er keine Ahnung von den Plänen der Ältesten hatte.
    Doch ihr Wunschdenken konnte böse Folgen für sie und Derek haben. Deshalb stand sie weiter reglos da und wartete ab. Sobald die Schritte zwischen den Bäumen verklungen waren, flüsterte Kylie Derek zu: »Wir müssen los und zwar schnell.«
    »Ganz deiner Meinung«, meinte Derek.
    »Ich werde dich jetzt loslassen, und eigentlich müsstest du dann wieder sichtbar werden.«
    »
Eigentlich?
« Derek klang jetzt doch ein wenig beunruhigt. »Oh, Mist. Du hast das vorher noch nie gemacht, oder?«
    »Nicht wirklich«, gestand Kylie.
    »Okay, dann hoffen wir mal, dass es funktioniert.« Er ließ ihre Hand los. Kylie schloss ihre Augen und wünschte sich wieder sichtbar. Eine Sekunde verstrich, dann noch eine. Dann öffnete sie die Augen. Als sie Derek nicht sehen konnte, blieb ihr vor Schreck das Herz stehen.
    »Derek?«, flüsterte sie. Tränen schossen ihr in die Augen. O nein, was hatte sie nur getan?
    »Hinter dir«, raunte Derek ihr zu.
    Kylie wirbelte herum und atmete erleichterte auf, als sie ihn vollkommen sichtbar vor sich sah.
    »Bist du bereit?« Derek lächelte, als würde es ihm gefallen, dass sie beim Gedanken, ihn zu verlieren, ausgeflippt war. Denn das hieß doch, dass er ihr etwas bedeutete, oder nicht?
    Kylie überraschte das wenig. Derek hatte ihr die ganze Zeit etwas bedeutet. Sie war sich nur nicht sicher, ob er ihr so viel bedeutete, wie sie ihm.
    »Bereit«, antwortete Kylie. »Wir müssen uns beeilen.« Und das taten sie.
    Sie rannten nebeneinander her.
    Als sie an dem anderthalb Meter hohen Zaun ankamen, nahm Kylie seine Hand, bereit ihm zu helfen, wenn er ihre Hilfe bräuchte. Er schien das nicht schlimm zu finden. Im Gegenteil, er lächelte und drückte ihre Hand. Das Lächeln und die Zufriedenheit auf seinem Gesicht erinnerten Kylie wieder an seinen Kussversuch, und sie seufzte leise.
    War es einfach zu früh nach ihrer Trennung von Lucas?
    Oder war es einfach zu spät für sie und Derek?
    Doch jetzt war wirklich nicht die Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Kylie nahm Anlauf, und Hand in Hand sprangen sie über den Zaun.
    Sie landeten etwas unsanft auf der anderen Seite. Derek packte sie an der Hüfte, bevor sie fallen konnte. Sein Atem ging genauso schnell wie ihr eigener. Ihre Blicke trafen sich für einen Moment, und dieser Moment war wie aus einem kitschigen Liebesfilm. Nur wäre dort noch schnulzige Musik im Hintergrund gelaufen, und die Szene hätte in einem