Shadow Falls Camp - Geboren um Mitternacht: Band 1 (German Edition)
furchteinflößend. Dann schnellte sie wieder herum und legte den Kopf schräg, als ob sie lauschen würde.
Kylie spitzte selbst angestrengt die Ohren. Aber für sie erfüllte nichts als Stille den Wald – keine Insekten, keine Vögel. Sogar die Bäume schienen den Atem anzuhalten.
Warum?
Ein Schwall kalte Luft streifte sie, als ob etwas vorbeigeflogen wäre. Aber da war nichts. Della stieß plötzlich ein tiefes kehliges Knurren aus.
Kylie sah auf. Dellas Augen glühten, und ein hellgrünes Leuchten war um ihr Gesicht, mit dem sie alles andere als menschlich aussah. Angst schnürte Kylie den Brustkorb zu und nahm ihr den Raum zum Atmen.
Der Windhauch kam wieder. Kylie drehte sich um, und als sie hinter sich blickte, sah sie ihn. Er war viel zu nah – näher, als ihr angenehm war. Sie blinzelte und nahm seine schwarzen Haare und seine asiatischen Augen wahr. Ähnliche Augen wie Dellas, aber sie glühten nicht grün, sondern golden.
Sein unnatürlicher Blick fixierte Della. »Hey, Cousinchen.«
Er wandte seinen kalten, goldenen Blick wieder Kylie zu und beugte sich zu ihr. Seine Nasenflügel bebten. »Wie ich sehe, hast du uns einen kleinen Snack mitgebracht.«
13. Kapitel
Bevor Kylie reagieren konnte, warf sich Della vor sie. »Was soll das?«, wollte Della wissen. »Du darfst nicht … nicht hier sein.«
»Keine Sorge, Cousinchen«, gab er zurück. »Aus dieser Entfernung können sie mich weder hören noch riechen. Ich kenne ihre Reichweite.«
»Vergiss ihre Reichweite. Du solltest nicht hier sein«, zischte Della.
»Ich kann also nicht mal meine Lieblingscousine besuchen?«
»Nicht hier«, sie fuchtelte verärgert mit ihren Händen. »Jetzt verschwinde, bevor ich einen Haufen Ärger an der Backe habe.«
»Wirst du mich etwa nicht dieser überaus lecker riechenden Person vorstellen?« Mit einer blitzartigen Bewegung stand er plötzlich wieder vor Kylie. Aber dieses Mal noch näher. Eine hässliche Narbe verlief seitlich an seinem Kinn. Sein Mundgeruch drang in ihre Nase. Es roch wie im Supermarkt, wenn man sich der Fleischtheke näherte. Nach rohem Fleisch.
Ein Wort hallte durch ihr panisches Hirn: Lauf!
Aber Furcht lähmte ihre Bewegungen.
Della knurrte, und in einem Sekundenbruchteil hatte sie sich wieder zwischen Kylie und ihren narbengesichtigen Cousin geschoben. »Lass sie in Ruhe, Chan. Du machst ihr Angst.«
Er trat einen Schritt zurück. »Ich mach doch nur Spaß. Ich hab schon zu Abend gegessen.« Er fuhr sich mit der Hand über das Hemd – ein helles Hemd, auf dem Kylie Flecken erkannte. Flecken, die verdammt so aussahen wie …
Angst schnürte ihr die Luft ab, als ihr der metallische Geruch des Blutes in die Nase stieg. Ein kurzer Schrei entfuhr ihr. Sie wich einen Schritt zurück und fiel dabei fast über ihre eigenen Füße.
Della warf ihr einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder Chan zu. »Geh nach Hause. Wir sehen uns nach dem Camp wieder.«
»Also kommst du zu uns zurück, wenn du aus diesem Knast raus bist?«, fragte er.
»Ich weiß noch nicht, was ich nach dem Camp mache. Ich bin ja hier, um das herauszufinden.«
»Deine Eltern werden dich nie akzeptieren. Du kannst in dieser Welt nicht mehr leben«, sagte Chan.
»Das kannst du doch gar nicht wissen«, gab Della zurück, und in ihrer Stimme schwang ein schmerzlicher Unterton.
»Doch, das kann ich sehr wohl wissen. Ich habe es ja selbst erlebt. Erspar dir und ihnen lieber den Ärger und komm gleich zu uns. Leb bei uns, wir sind deine neue Familie.«
»Ich habe dir doch schon gesagt, ich werde mich entscheiden, wenn ich vom Camp zurückkomme.«
»Diese Leute hier werden dir einen Haufen Lügen auftischen. Sie wollen uns verändern … uns alle. Die Regierung steckt dahinter.«
»Die tischen uns hier gar nichts auf. Sie haben von Anfang an klargemacht, dass alles unsere Entscheidung ist. Jetzt verschwinde, sonst bekomme ich echt Ärger.«
»Ärger ist mein zweiter Vorname, Cousinchen.«
»Chan.« Della gab wieder dieses tiefe knurrende Geräusch von sich.
»Du verstehst echt keinen Spaß«, sagte er und schoss davon. Er bewegte sich so schnell, dass nur ein kalter Windstoß zu spüren war.
Kylie fand einen Baum, an den sie sich lehnen konnte. Della blieb stehen und legte den Kopf schief, als lausche sie, und starrte in die Richtung, in die Chan verschwunden war, offenbar um sicherzugehen, dass er auch wirklich weg war.
Langsam drehte sie sich zu Kylie um. Ihre Augen hatten wieder ihre
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