Shadow Falls Camp - Geboren um Mitternacht: Band 1 (German Edition)
euch nah?«
»Kommt darauf an, wie du nah definierst.« Holiday zog eine Braue hoch. »Er ist das dritte Mal hier. Er hilft uns mit ein paar Dingen und macht ein Training, um nächstes Jahr hier zu arbeiten. Aber das ist alles.« Dann fragte sie: »Was ist heute Nacht passiert?«
Kylie schluckte, um Zeit zu gewinnen. Wie viel sollte sie erzählen?
»Der Geist ist wieder erschienen, nicht wahr?«, fragte Holiday in ihr unentschlossenes Schweigen hinein.
Kylie nickte, obwohl sie es tausendmal lieber verneint hätte. »Ja, aber Miranda und Della haben gesagt, dass Leute, die ein bisschen verrückt sind, ein ähnliches geistiges Muster ausstrahlen wie ihr und daher manchmal als übernatürlich gesehen werden. Also vielleicht habe ich gar keine Gabe, und der Geist ist nur sehr stark. Wie du es selbst gesagt hast. Oder vielleicht habe ich einen Gehirntumor.«
Holiday seufzte. »Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas davon zutrifft, ist sehr gering, Kylie. Glaubst du nicht auch?«
»Vielleicht, aber die Wahrscheinlichkeit besteht«, beharrte Kylie. »Immerhin hast du gesagt, dass das Sehen von Geistern meistens von … von einer Eigenschaft stammt, die vererbt ist. Das hieße, dass zumindest ein Elternteil auch eine Gabe haben müsste.«
»Haben weder deine Mutter noch dein Vater jemals … Anzeichen dafür gezeigt, dass sie anders sind?«
»Nein, niemals.« Doch während sie antwortete, fiel ihr die kühle Natur ihrer Mutter ein. War das vielleicht schon ein Anzeichen, dass sie anders war?
»Ich habe dir auch gesagt, dass es in seltenen Fällen vorkommen kann, dass eine Generation übersprungen wird.«
»Aber ich kannte meine Großeltern auf beiden Seiten. Die meisten Leute wissen es doch, wenn sie … wenn sie nicht menschlich sind, oder?«
»Die meisten schon, aber …« Holiday schaute sie fest an, als sei sie enttäuscht. Dann faltete sie die Hände in ihrem Schoß. »Ich denke, daran solltest du hier arbeiten.«
»Woran sollte ich arbeiten?«
Holiday stand auf. »Jeder hier hat eine Aufgabe. Irgendetwas, worauf sie die Antworten suchen. Ich glaube, deine Aufgabe ist es, herauszufinden, ob du komplett menschlich bist oder nicht. Und wenn du, wie ich es vermute, eine von uns bist, dann musst du dich auch entscheiden, ob du deine Gaben dazu verwenden willst, anderen zu helfen, oder ob du sie gegen sie einsetzen willst.«
Kylie versuchte immer noch, sich vorzustellen, dass ihre Mutter oder ihr Vater nicht menschlich war und vielleicht verstand, was sie durchmachte. Hätte derjenige dann nicht etwas zu ihr gesagt?
Holiday legte Kylie eine Hand auf die Schulter. »Du solltest versuchen, etwas zu schlafen. Wir haben morgen viel vor.«
Kylie nickte und beobachtete Holiday, wie sie zur Tür ging. Kylie musste noch etwas wissen: »Wie … wie finde ich denn die Antwort? Ich kann doch nicht zu meinen Eltern gehen und sie fragen, ob sie Geister sehen. Die halten mich doch für verrückt.«
Holiday drehte sich um. »Oder aber einer von beiden sagt dir endlich die Wahrheit.«
Kylie schüttelte den Kopf. »Aber wenn es nicht so ist und ich ganz normal bin, dann wäre es ein Fehler, sie zu fragen. Sie schicken mich ja jetzt schon zur Therapie. Wenn ich anfange, über Geister zu reden, lassen sie mich vielleicht einweisen.«
»Es ist deine Aufgabe, Kylie. Nur du kannst entscheiden, wie du die Sache angehen willst.«
Am nächsten Morgen gingen Kylie und Miranda zusammen zum Frühstück. Della war schon weg, als Kylie aufstand. Als Kylie nach Della fragte, erklärte ihr Miranda, dass die Vampire sich oft schon vor Sonnenaufgang trafen, um bestimmte Rituale zu vollziehen.
»Was denn für Rituale?«, fragte Kylie neugierig.
»Ich weiß auch nicht genau, aber ich schätze mal, es hat was mit Bluttrinken zu tun.«
Kylie hielt sich mit einer Hand den Bauch und bereute es schon wieder, gefragt zu haben. Natürlich konnte ihre Übelkeit auch damit zu tun haben, dass sie kaum geschlafen hatte. Aber andererseits … Nein, es kam doch vom Blut. Bei dem Gedanken daran wurde ihr wieder schlecht. Das rote Zeug in den Gläsern beim Abendessen am Tag zuvor war echt zu viel gewesen. Wenn das so weiterging, würde Kylie über den Sommer auf jeden Fall ein paar Kilo abnehmen.
Die nächsten Minuten gingen sie schweigend nebeneinanderher. »Hast du nach der ganzen Aufregung denn noch gut geschlafen?«, fragte Miranda schließlich, obwohl Kylie wusste, was ihre Mitbewohnerin eigentlich wissen wollte. Nämlich ob bei Kylie alles
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