Shadow Falls Camp - Geboren um Mitternacht: Band 1 (German Edition)
Situation etwas unangenehm wurde. Er schüttelte schließlich den Kopf und ging wieder los.
Sie waren weitere fünfhundert Meter gegangen, als ihr ein Pflaster auf seinem Arm auffiel. »Hast du … Blut gespendet?« Sie zeigte auf seinen Arm.
»Ja.« Er schaute auf das Pflaster, als hätte er vergessen, dass es da war, riss es ab und steckte es in seine Hosentasche. »Das war für Chris.«
»Chris, der Vampir?«, fragte sie.
»Yep«, sagte er, als sei das keine große Sache. Derek hatte sich genauso verhalten.
»Findest du das nicht … komisch?«
Er zog eine Augenbraue hoch. »Komisch?« Er sah sie an, als verstünde er die Frage nicht.
Kylie merkte, wie blöd ihre Frage gewesen war. Lucas verwandelte sich in einen Wolf. Verglichen damit, war Blut zu trinken wahrscheinlich gar nichts.
Dann antwortete er: »Viele Menschen spenden Blut, Kylie.«
»Aber um jemandem das Leben zu retten«, entgegnete sie, nur um unangenehmes Schweigen zu verhindern.
»Und Vampire sterben, wenn sie kein Blut trinken.«
Kylie war sich nicht sicher, ob sie das gewusst hatte, aber ihn das sagen zu hören, ließ sie schaudern. »Können sie nicht … etwas anderes trinken?«
»Tierblut?«, las er ihre Gedanken. »Das können und tun sie auch, aber um sich ausgewogen zu ernähren, brauchen sie auch hin und wieder Menschenblut. Es ist genauso, wie beim Roten Kreuz zu spenden.«
Ohne darüber nachzudenken, sprudelte der nächste Gedanke aus ihr heraus. »Aber kranke Menschen trinken es nicht.«
»Kommt es wirklich darauf an, auf welchem Weg das Blut in ihren Körper kommt? Ich persönlich sehe da keinen Unterschied.«
Sie dachte kurz über seinen Vergleich nach und kam sich klein und engstirnig vor.
»Wohnst du nicht mit einem Vampir zusammen?«, fragte er.
»Ja.« Aber irgendwie trennte sie innerlich Della, die Freundin, von Della, dem Vampir.
»Und sie hat dich noch nicht gebeten, etwas zu spenden?«
»Nein.« Und Kylie wusste auch, warum. Della wusste, wie Kylie und auch Miranda sich beim Thema Blut anstellten. Aus irgendeinem Grund kam ihr Dellas wütende Bemerkung vom Morgen in den Sinn. Du hältst uns immer noch für Freaks.
»Alle Vampire müssen ein paar Spender finden, sonst dürfen sie nicht an den Ritualen teilnehmen.«
Kylie erinnerte sich daran, dass Della heute nicht zu ihrem üblichen Morgentreffen gegangen war – dann war da der Streit zwischen Della und dem anderen Vampir gewesen. Das Bild von Della, wie sie ihr gegen Fredericka beigestanden hatte, schoss Kylie in den Kopf, dann das nächste, wie sie Kylie gegen ihren Cousin Chan verteidigt hatte. Della war bereit gewesen, für Kylie bis ans Äußerste zu gehen, hatte sich aber nicht getraut, sie darum zu bitten, ihr Blut zu spenden.
Du hältst uns immer noch für Freaks.
Dellas anklagender Tonfall hallte noch in Kylies Unterbewusstsein nach.
Kylie hielt Della nicht für einen Freak, aber die Wahrheit war, dass sie Della nicht so akzeptiert hatte, wie sie wirklich war. Alles in allem war Kylie wohl keine gute Freundin gewesen.
Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag in die Magengrube.
»Ist es denn sicher?«, fragte Kylie.
»Was?«, fragte Lucas.
»Einem Vampir Blut zu spenden, ist das sicher?«
»Natürlich ist es das. Holiday würde es wohl kaum erlauben, wenn es das nicht wäre.«
Der Versuch, Della wirklich zu akzeptieren, führte Kylie auf völlig neue Denkpfade. »Wie ist es denn so?«
Er zuckt die Achseln. »Es ist genauso wie beim Arzt.«
»Nicht das. Ich meine, wie es ist, sich in einen Wolf zu verwandeln. Ich hab gehört, wie einige meinten, es wäre …« Sie wusste nicht, wie sie es ausdrücken sollte.
»Gruselig?«, fragte er und hob eine Braue.
»Und schmerzhaft«, antwortete sie, entschlossen, nicht drumherum zu reden.
»Ich glaube, es sieht schlimmer aus, als es ist.« Er schwieg ein paar Minuten und fuhr dann fort: »Es ist so ähnlich, wie wenn man Muskelkater massiert. Es tut zwar weh, tut aber trotzdem irgendwie gut.«
»Also ist es nicht so, wie wenn Perry sich verwandelt?«
»Nein, es ist anders. Der Körper eines Gestaltwandlers verwandelt sich auf einer ganz anderen Zellebene und mit einer anderen Geschwindigkeit. Wenn wir uns verwandeln, kann man den Prozess beobachten, während der Körper eine neue Form annimmt.«
»Das klingt aber nicht angenehm.«
»Ist es aber. Es ist berauschend.« Seine Augen leuchteten, und Kylie zweifelte nicht an seinen Worten.
»Und wie ist es danach? Wenn du verwandelt bist …
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