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Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)

Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)

Titel: Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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Fenstern des Weißen Turms. Dann ertönte ein Krachen, Metall auf Stein.
    Er sah nur noch verschwommen, und all seine Knochen schmerzten. Er spürte jeden Muskel.
    Geschwächt von dem, was gerade geschehen war, hockte er auf allen vieren und rang um Atem. Sein Verstand lieferte nur eine einzige Erklärung: der Rabenkäfig. War er von der Decke gefallen?
    An der Tür sah er sich erneut mit der unsichtbaren Wand aus Widerstand konfrontiert. Er streckte die Hand nach dem Eisengriff aus, aber die Macht wehrte sie wiederholt ab, wie zwei gegenüberliegende Seiten eines Magnets, die sich weigerten, zusammenzukommen. Mit zornigem Gebrüll spannte er jeden Muskel und seine ganze Willenskraft an und zwang sich, Zentimeter um qualvollen Zentimeter,
in
die Barriere hinein. Wie kochend heißer Teer umwaberte ihn die Macht, füllte seine Augenhöhlen, seine Nase und Ohren, so heiß und dick, dass er befürchtete, sie würde ihn ersticken. Endlich brach er durch.
    Im Turm herrschte pechschwarze Dunkelheit, selbst für seine Augen, die in der Nacht sehen konnten.
    In seiner ganzen Existenz als Amaranthiner hatte er niemals wahre Dunkelheit erfahren.
    Nicht bis jetzt.
    Ausgestoßene Flüche schallten herab – Shrews kehlige Stimme klang, als sei er außer sich – zusammen mit Kampfgeräuschen. Fast blind und gezwungen, sich auf seine Ortskenntnis zu verlassen, stürmte er die Treppe hinauf in das Turmzimmer.

3
    Alle Laternen und Kerzen waren gelöscht worden. Die sonst immer brennende Feuerstelle lag kalt und dunkel da. Die Türen zum Zimmer der Gräfin, die stets offen gehalten wurden, waren geschlossen. Sengendes, weißglühendes Licht drang durch die Ritzen im Holz, so hell, dass seine Augen brannten und tränten.
    Shrew hackte mit einer Axt auf die Tür ein.
    Der Käfig, der im Gewölbe gehangen hatte, lag verkehrt herum in der Mitte des Raums auf dem steinernen Boden. Während Shrew fortfuhr, auf die Tür einzuschlagen, griff Rourke, von Ungläubigkeit und Grauen erfüllt, mit hämmerndem Kopf in die vertikalen Stäbe und richtete den Metallkäfig auf.
    Sechs Raben taumelten flügelschlagend und benommen vom Aufprall des Sturzes zu Boden. Ein Vogel lag reglos da, den Hals in einer unnatürlichen Position, die Augen offen und starr.
    »Wo ist Flynn?«, verlangte Rourke zu erfahren.
    »Dort« – Shrew hackte erneut – »drin.«
    Als Rourke in das Licht spähte, musste er die Augen mit der Hand beschirmen.
    Was zur Hölle war dort drin? Was zur
Hölle
war in seinen Turm eingedrungen, nach acht Jahrhunderten absoluter Uneinnehmbarkeit?
    Was es auch war, er würde es in Fetzen reißen und sein Herz essen. Von Zorn getrieben spannte er seine Muskeln mit übernatürlicher Kraft an, und vor seinen Augen flimmerte es … sie glühten vom inneren Feuer seiner Wut. Mit einem kehligen Ruf trat er mit dem Absatz seines Stiefels gegen die Tür. Er nahm Anlauf und trat erneut zu. Lädiert von Shrews Attacken mit der Axt gab die Tür nach innen nach und zersplitterte. Das Licht …
    Verschwand.
    In der Dunkelheit betraten die Raben den Raum. Ein unnatürlicher Wind, der aus allen Richtungen kam, riss an ihren Kleidern und fuhr in die zerfetzten Vorhänge. Die Fenster klafften offen wie entsetzte Münder und ließen die Nachtluft herein, ihre Läden kratzten gegen die Mauer und hingen zerschmettert in den Angeln.
    Obwohl die Gräfin fort war … war das Bett nicht leer.
    Mit einem gewaltigen, saugenden Geräusch verließ der Wind den Raum und ließ sie in absoluter Stille allein mit dem verrenkten Körper eines getöteten Rabenkriegers.
    Selbst in der tiefen Dunkelheit der Gasse glänzte die breite Messerklinge hell, ein gezackter, metallener Reißzahn, bis auf den dunklen Streifen, der über die Länge seiner schärfsten Kante verschmiert war.
    Als sie begriff, dass
sie
es war, die das Messer hielt, beschleunigte sich Selenes Herzschlag. Sie hielt den Griff nur noch zwischen Daumen und Zeigefinger und spreizte die anderen Finger zu einem bleichen Fächer.
    Dieselbe Dunkelheit überzog ihre Finger, ihr Handgelenk und die Spitzenmanschette des Schlafgewands, das sie trug. Nass und glänzend verströmte der Stoff einen deutlich metallischen Duft.
    Angewidert …
verwirrt
warf sie das Messer fort. Die Klinge klapperte, bis sie still im tiefsten Schatten des Lagerhauses neben ihr liegen blieb. Ihre Handfläche schmerzte, sie hob sie an. Sie hatte sich geschnitten. Die Dunkelheit um sie herum war so dicht und undurchdringlich, dass sie das

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