Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
»Lassen Sie uns tanzen, während die beiden ihre Neuigkeiten austauschen.«
»Ja, tanzt«, drängte sie Lady Kerrigan. An Mrs Hazelgreaves gewandt, murmelte sie: »Schöne junge Menschen. Wie sehr ich sie um ihre Jugend beneide.«
Widerstrebend erhob sich Elena von ihrem Stuhl. Sie verspürte kein Verlangen zu tanzen, aber sie musste tatsächlich mit Dr. Harcourt unter vier Augen sprechen.
»Ms Whitney«, rief Lady Kerrigan ihr nach. Sie wedelte mit einer weißen Karte.
Elenas Schultern sanken herab.
»Vergessen Sie Ihr programme nicht. Ich erwarte, bis Mitternacht die verbleibenden Zeilen ausgefüllt zu sehen. Mehrere annehmbare Gentlemen haben bereits angefragt.«
Elena nahm die Karte. »Vielen Dank, Euer Gnaden.«
Nach dem Ende der Quadrille stimmte das Orchester gerade einen valse à deux temps an. Dr. Harcourt führte sie auf die Tanzfläche, wo sich nun Paare bildeten.
»Wenn wir uns beeilen, können wir mit in den Kreis treten.«
»Herr Doktor …«
» Charles. Nennen Sie mich heute Abend Charles, und ich meinerseits werde Sie Elena nennen.« Voll geheuchelter Ungläubigkeit riss er die Augen auf. »Schockierend, ich weiß, aber wir sind hier, um den Abend zu genießen. Und wir sind doch Freunde, nicht wahr, Elena?«
»Ja, das sind wir, Charles.« Sie stieß ein kleines, verwegenes Lachen aus. »Aber wenn es Ihnen recht ist, würde ich diesen Walzer lieber auslassen und … vielleicht könnten wir einfach reden.«
»Bitte, enttäuschen Sie mich nicht.« Er grinste verführerisch und zog sie an der Hand zur Tanzfläche.
Das lenkte die interessierten Blicke vieler auf sich, die entlang des Wegs standen, darunter Lord Drayson, Bernard und Thackston, die allesamt nach Elenas Einführung bei Hof und ihrem halbherzigen Erscheinen bei mehreren gesellschaftlichen Ereignissen in Black House vorgesprochen hatten, nur um feststellen zu müssen, dass ihre Bemühungen höflich zurückgewiesen wurden.
Charles fuhr fort: »Um die Wahrheit zu sagen, ich habe schon mit Ihnen tanzen wollen, seit Sie wieder gehen konnten. Nennen Sie es meine Eitelkeit als Arzt, aber ich möchte gern glauben, dass mein Können eine Rolle bei Ihrer Genesung gespielt hat. Außerdem bin ich mir sicher, dass ich, wenn ich meinen Walzer nicht früh am Abend bekomme, keine weitere Chance haben werde, weil alle meine alten Schulfreunde ein Auge auf Sie geworfen haben. In einem so entzückenden Kleid!«
Elena biss sich auf die Unterlippe. »Danke, dass Sie versuchen, mir die Befangenheit zu nehmen. Es ist nur so, dass …«
Sie näherten sich der Stelle, wo Teppich poliertem Parkett wich. Elena spürte die Schwingungen der Saiteninstrumente durch die Sohlen ihrer Schuhe. Sie liebte Musik und wollte schrecklich gern tanzen.
»Was ist los, Elena?«
»Wenn ich vor dem Unfall tanzen konnte …«
»Erzählen Sie es mir.«
»Ich erinnere mich nicht mehr daran, wie.«
Sofort hielt er in seiner sanften Entführung inne. »Ich verstehe.«
»Es ist verrückt. Ich kann die chemischen Eigenschaften von Chinin herunterrasseln« – sie wedelte nervös mit der Hand –, »aber ich kann mich an keinen einzigen Tanzschritt erinnern.«
Er schaute zur Tanzfläche hinüber. »Sie sind nicht so schwierig.«
»Aber ich möchte sie nicht vor diesem Publikum erlernen.«
»Vielleicht wäre Privatunterricht angebracht?«
»Mrs Hazelgreaves hat das Gleiche vorgeschlagen …« Elenas Stimme verlor sich. Sie konnte sich nicht vorstellen, nach Black House zurückzukehren und sich etwas so Gewöhnlichem wie Tanzstunden zu widmen – oder auch nur dem Frühstück. Sie erinnerte sich an Lord Blacks attraktives Gesicht und an seinen finsteren Ausdruck, weil er ihren Namen vergessen hatte. Nichts würde je wieder so sein wie vorher. Die Wahrheit war, sie hatte kein Zuhause.
»Ich meinte, dass ich Sie unterrichten sollte.«
»Das wäre wunderbar«, antwortete sie, wobei sie seine Worte kaum registrierte. »Dr. Harcourt?«
» Charles .«
»Charles.« Elena errötete. »Darf ich mit Ihnen über etwas sprechen?«
Seine Miene wurde ernst. »Ich hoffe, Sie wissen, dass Sie mit mir über alles sprechen können.«
»Könnte ich vielleicht dauerhafter in das Wohnheim der Krankenschwestern ziehen?«
Er zog die Brauen zusammen. »Sie haben meine Mutter und Mrs Hazelgreaves dort drüben gehört. Meine Mutter würde mir ewig damit in den Ohren liegen. Warum auch würden Sie so etwas tun wollen?«
»Es wäre ja nur bis zum Beginn meiner Kurse an der medizinischen
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