Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
meinem Arbeitszimmer.«
Elena lachte leise, ließ die Hände sinken und drehte sich zu ihm um. »Sie haben meinen Namen nicht gewusst.«
»Das ist richtig.«
Sie konnte ihn nicht sehr gut sehen, aber irgendwie wusste sie, dass er ihr Lächeln nicht erwiderte.
»Sie haben nicht einmal gewusst, dass ich in Black House gelebt habe, nicht wahr?«
»Nein.«
Sie lachte abermals. »Irgendwie macht die Dunkelheit es einfacher, Ihnen diese Fragen zu stellen.«
»Dann bin ich froh, dass wir hier sind.« Er trat neben sie. Sie verkrampfte sich ein wenig, aber er ahmte lediglich ihre Haltung nach, drückte die Handflächen auf das Fensterbrett und ließ die Hände dann wieder sinken. Jetzt trennte sie nur ein winziges Stück davon, sich zu berühren.
»Ich habe so viele Fragen an Sie.«
»Fragen Sie alles, was Sie wollen.« Hier, neben dem Fenster, zeichnete das mitternächtliche Licht Traurigkeit in seine Züge. Er war schön und männlich, von der markanten Wölbung seiner Wangenknochen bis zu dem energischen Kinn. Mit seiner untadeligen Kleidung und dem ungebändigten Haar wirkte er elegant und wild gleichzeitig. Der Atem stockte ihr in der Kehle, wann immer sie einen Blick auf ihn warf.
»Ich würde sagen, meine vordringlichste Frage ist die, wie ich achtzehn Monate unter Ihrer Vormundschaft leben konnte und Sie nicht das Geringste über mich wissen.«
»Ich weiß durchaus das eine oder andere über Sie, Elena. Mehr, als Sie vielleicht glauben. Aber ich nehme an, dass ich mich bisweilen zu sehr auf Mr Leeson verlasse, der die unbedeutenderen Details meines Lebens organisiert.«
»Ich weiß nicht, ob ich gekränkt sein sollte«, neckte sie ihn, entschlossen, die Atmosphäre zwischen ihnen unbeschwert zu belassen. Schließlich sollte sie sich nicht darauf einlassen, ihn zu ernst zu nehmen. Sie hatte in romantischen Belangen keine echte Erfahrung – zumindest nicht, so weit sie sich erinnern konnte. Sie vermutete, dass er der Typ Mann war, in den sich eine Frau hoffnungslos verlieben konnte und der ihr dann nur das Herz brach. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch nie ›unbedeutend‹ genannt worden bin.«
»Sie sind nicht unbedeutend, nicht mehr. Ich habe einen Fehler gemacht. Verzeihen Sie mir.«
»Das tue ich vielleicht.« Sie konnte nicht denken, nicht, solange er ihre Lippen betrachtete. Sie konnte kaum zwei Worte aneinanderfügen. Sie schlenderte einige Schritte von ihm weg. »Morgen vielleicht.«
»Leeson hat angenommen, dass Sie inzwischen verheiratet wären.«
»Verheiratet?«
»Warum lachen Sie?« Jetzt lächelte er doch, nur ein klein wenig.
»Sie und ich haben viel zu besprechen.«
Seine Nähe hatte etwas Quälendes und Berauschendes. Im Geiste stellte sie sich vor, wie es wäre, wenn er sich vorbeugte und sie küsste. Sie hatte noch nie solche Gedanken gehabt, nicht einmal in Bezug auf den charmanten Dr. Harcourt. Allein die Vorstellung ließ ihren Puls rasen. Er war ihr Vormund.
Sie entfernte sich von ihm.
»Was tun Sie?«
»Ich versuche, dieses Fenster zu öffnen, nur einen Spalt.« Sie kämpfte mit den Riegeln und betete, dass der Rahmen nicht aufgequollen war. »Hier drin ist es so warm. Ich bin mir sicher, es ist die Hitze von den Küchenherden auf der anderen Seite dieses …«
Er legte die Arme um sie, kräftige, dunkle Wolle über schwellenden Muskeln. Er berührte sie nirgendwo, außer an den Händen. Da war eine geradezu quälende Nähe, die Berührung von Stoff auf ihren Armen, ihren nackten Schultern und ihrem Rücken. Lange, elegante Finger schoben sich unter ihre, wo sie sie um die Metallgriffe gelegt hatte. Er ergriff sie und hob mühelos das Fenster um einige Zoll an.
»Besser?« Sein Atem streifte ihre Wange und ihren Hals.
Oh ja, besser noch als der Kuss, den sie sich vorgestellt hatte. Alles prickelte – ihr Körper, ihre Haut. Seit sie nach dem Unfall ohne Erinnerungen erwacht war, hatte sie Selbstkontrolle als absolut notwendig empfunden. Kontrollierte Gefühle, kontrollierte Gedanken, damit sie nicht die Panik überwältigte, dass sie vollkommen allein auf der Welt war. Jetzt schrie alles in ihr nach Hemmungslosigkeit.
»Danke.«
»Elena …« Sein Kinn streifte ihres. Sein sauberer, würziger und sehr männlicher Duft hüllte sie ein.
»Ja?«, murmelte sie benommen.
Ein Klopfen erklang, und gleichzeitig flog die Tür auf und tauchte den schmalen Raum in goldenes Licht. Elena riss sich aus Lord Blacks Armen los und trat mehrere Schritte von ihm weg. Lady
Weitere Kostenlose Bücher