Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
näher und streckte die Hand aus.
»Black.« Die Königin legte ihre Hand über seine, und er beugte sich vor, um ihre Finger zu küssen. Während ihre Augen nur einen winzigen Schimmer von Faszination offenbarten, spürte er die Woge der Erregung, die sie durchlief.
Auf ein knappes Zeichen von ihr verließen die Wachen den Raum.
»Bitte, bitte, setzen Sie sich. Danke, dass Sie in solcher Hast nach London zurückgekehrt sind.«
»Es ist mir eine Ehre, Ihnen zu Diensten zu sein.« Er setzte sich auf einen mit Goldbrokat bezogenen Stuhl. »Ich hatte Ihren Ruf nicht erwartet, da ich wusste, dass sie in Balmoral waren. Werden Sie von hier aus zum Buckingham Palast fahren?«
»Nein, mein lieber Unsterblicher. Bertie kümmert sich um alle notwendigen Londoner Auftritte. Ich bin nur hergekommen, um Sie zu sehen, und habe vor, noch in dieser Nacht zurückzukehren.« Sie kicherte leise. »Wenn Sie den Wunsch haben, mich wiederzusehen, müssen Sie nach Schottland kommen.«
»Vielleicht eines Tages.«
Victoria nickte, ihr trockenes Lächeln ein Hinweis, dass sie begriff, dass er sich niemals zu einem Urlaub in ihrer geliebten Burg in den Highlands einfinden würde.
Laut sagte sie: »Umso mehr – danke, dass Sie auf meinen Ruf reagiert haben. Es ist nicht so, dass wir den Enthusiasmus der jüngeren Garde nicht zu schätzen wüssten, aber wir glauben, dass unsere Situation der Aufmerksamkeit der ranghöchsten Mitglieder Ihrer Organisation bedarf.« Sie verzog die Lippen zu einer dünnen Linie. »Seien Sie offen zu mir, Black, wie wir es immer zueinander gewesen sind, und sagen Sie mir, was für eine Art Ungeheuer unter meinen Untertanen lebt.«
Archer wählte seine Worte mit Bedacht. Obwohl die Amaranthiner eine wohlwollende Beziehung zur Krone pflegten und dies seit William dem Eroberer getan hatten, konnte er nicht alles offenbaren.
Er antwortete: »Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Vollstreckung für diese spezielle Seele bereits angeordnet wurde. Das allein sagt etwas über das Ausmaß des Bösen in ihm aus.«
»Aber dieser« – Ihre Majestät zog die Mundwinkel angewidert herunter – »Jack the Ripper, wie er sich selbst nennt, ist ein besonderer Fall, nicht wahr?«
»Er erweist sich als Herausforderung.«
Sie zog die Brauen hoch. »Selbst für Sie?«
»Die Vollstreckung benötigt bei einigen Seelen mehr Zeit und Geschick als bei anderen. Je verkommener sie sind, umso undeutlicher ist die Spur, die sie hinterlassen und der wir folgen können. Es macht die Sache zudem nicht besser, dass er sich als Jagdrevier London gewählt hat, eine übervölkerte Stadt mit Millionen Einwohnern. Die Bevölkerungsdichte und die daraus resultierende Mischung von Armut und Schmutz fügen der Herausforderung noch eine zusätzliche Dimension hinzu.«
»Was bewegt ihn dazu, gerade diese Frauen zu töten? Jede von ihnen war eine verlorene Seele. Eine Prostituierte.«
»Erliegen Sie da bloß keinem Irrtum. Anschlagsziel des Rippers sind nicht nur diese vier Frauen, sondern eine ganze Stadt, ja, letztlich die ganze Welt. Der Mörder verspürt keine Reue über die brutalen Untaten, die er begeht, und ergötzt sich an der Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wird, obwohl ihn nicht Eitelkeit zu seinen Morden inspiriert. Er ist schlicht und einfach süchtig nach Gefühlen – er nährt sich von der Furcht, die seine Taten mit sich bringen. Wenn man ihn ungehindert weitermachen ließe, würde er dadurch unendlich viel stärker werden.«
»Was ihn auf eine besorgniserregende Stufe für Ihre Organisation stellt.
»In der Tat.«
Die Königin spielte mit einem Armband an ihrem Handgelenk, einem, das ein kleines Porträt ihres geliebten Ehemanns verbarg, Prinz Albert, der vor fast dreißig Jahren gestorben war und um den zu trauern sie nie aufgehört hatte.
»Sind die Bemühungen unserer Behörden umsonst?«
»Ganz und gar nicht. Verderbte Seelen sind nicht perfekt in ihrem Wahnsinn. Sie begehen Fehler, die dazu führen können, dass sie gefangen und anschließend rückgeführt werden. Es ist entscheidend, dass das Innenministerium seine Ermittlungen fortsetzt, vor allem in diesem Fall, in dem der Schurke so versessen darauf zu sein scheint, die Beamten an der Nase herumzuführen. Er hinterlässt gern Hinweise. Wir dürfen ihre Bedeutung nicht unterschätzen.«
»Bitte, seien Sie versichert, dass Ihnen alle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Sie brauchen nur zu fragen. Der Premierminister stimmt mit mir darin überein.«
»Ich ziehe
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