Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)
Lordschaft zu Gefallen sein wollte, sofort nach Harrods geschickt, um die höchste Qualität von allem zu besorgen, und zwei Stunden später, nachdem alles geliefert worden war, gehe ich nach oben, um ihr Zimmer aufzuräumen.«
»Und?«
Mary Alice wurde rot. »Als ich an die Tür klopfe, ruft sie mir zu, dass ich weggehen soll.«
Elena zuckte die Achseln. »Die Gräfin scheint tatsächlich eine sehr leidenschaftliche und temperamentvolle Frau zu sein. Trotzdem, wir sollten sie nicht vorverurteilen. War sie denn wütend, oder könnte sie einfach nur überreizt gewesen sein?«
»Ich kann nicht behaupten, dass ich den Unterschied kenne, jedenfalls nicht bei ihr. Ich bin dreimal zu ihrem Zimmer gegangen und habe angeklopft, und sie hat nicht reagiert. Ich möchte sie nicht belästigen. Ebenso wenig möchte ich dafür verantwortlich gemacht werden, dass grobes Leinen ihre zarte Haut in Fetzen reißt.« Sie legte die Stirn in Falten. »Was glauben Sie, was sie da drin tut?«
Elena dachte an die vergangene Nacht zurück. »Weißt du, jetzt wo ich es mir so überlege – sie hat sich gestern Abend nicht wohlgefühlt. Ich glaube, es hatte etwas mit ihrer Verdauung zu tun.«
»Dann wird es das wohl sein«, meinte Mary Alice zweifelnd.
»Haben Sie die Handtücher bei sich?«
»Auf meinem Wagen, im Flur.«
»Geben Sie sie mir. Ich werde sie der Gräfin bringen.«
»Wirklich, Ms?«, fragte das Mädchen. »Ich wäre sehr erleichtert. Ich muss gestehen, die Gräfin macht mir ein wenig Angst. Nicht nur das, aber ich muss ein neues Mädchen einführen, das gerade heute erst eingestellt worden ist. Ich habe sie unten gelassen, damit sie sich zum Dienst passend ankleiden kann, und wahrscheinlich wartet sie jetzt auf mich.«
»Dann gehen Sie zu ihr. Ich werde nach der Gräfin sehen.«
Elena folgte Mary Alice in den Flur und nahm die Handtücher an sich; dann gingen sie in verschiedene Richtungen davon: Mary Alice zur Dienstbotentreppe und Elena zum Zimmer der Gräfin, das am gegenüberliegenden Ende des Hauses lag, direkt gegenüber von Mrs Hazelgreaves’ Zimmer.
Sie klopfte an die Tür der Gräfin.
»Gräfin Pawlenko?«, rief sie, bekam jedoch keine Antwort. Vielleicht hatte die Gräfin das Haus ja wieder verlassen, diesmal, ohne dass jemand es bemerkt hatte.
Sie drehte den bronzenen Türknauf, betrat das Zimmer der Gräfin und hielt inne. Die Vorhänge waren zugezogen, und im Raum war es so dunkel wie in einer Höhle. Sie gab ihren Augen einige Sekunden Zeit, um sich an das schummrige Licht zu gewöhnen. Einige Kohlen glühten schwach auf dem Kamingitter, aber sie waren schon fast zu Asche verbrannt.
Sie hörte ein Geräusch, ein Seufzen oder ein Rascheln von Stoff und einige Worte, die die Gräfin murmelte, die sie aber nicht verstand. Vielleicht fieberte Selene ja? Sie ging zum Bett hinüber – und stolperte über etwas. Einen großen, festen Korb aus Binsen. Mehrere davon standen samt ihren Deckeln verstreut im Zimmer.
Ein leises Stöhnen kam vom Himmelbett. Plötzlich ging Elena durch den Kopf, dass sie vielleicht alles falsch interpretiert hatte und dass die Gräfin womöglich nicht allein war.
Sie war vollkommen im Bilde über die leidenschaftlichen Vorgänge zwischen einem Mann und einer Frau – sie kannte sie natürlich nicht aus eigener Erfahrung, aber niemand konnte lange unwissend bleiben, wenn er mit den freimütig sprechenden weiblichen Patienten der Armenstation in Whitechapel arbeitete.
Ein Bild der Gräfin und Lord Blacks, nackt und ineinander verschlungen auf dem Bett, flammte ungeheißen in ihrem Kopf auf. Die Tiefe des Schmerzes, den sie erlebte, wenn sie sich so etwas auch nur vorstellte, verblüffte sie maßlos.
Jetzt, da sie das Bild vor Augen hatte, fühlte sie sich gezwungen, dafür zu sorgen, dass es verschwand.
»Gräfin?«, rief Elena mit klarer Stimme; sie fand es nur fair, sich bemerkbar zu machen, bevor sie irgendjemanden in Verlegenheit brachte.
Niemand antwortete.
Elena ging zum Fußende des Bettes. Ihre Augen brauchten einen Moment, um sich an die Dunkelheit zwischen den schweren Bettvorhängen zu gewöhnen. Doch als sie wieder sehen konnte, blinzelte sie; sie konnte nicht glauben, was ihre Augen sahen. In der Tat, die Herzogin war nicht allein.
Etwas Dunkles – schlängelte sich auf das Ende des Bettes zu.
Auf sie zu.
Elena schrie auf und warf die Handtücher weg.
»Wer ist da?«, fragte die Gräfin mit schlaftrunkener Stimme.
»Schlangen«, stieß Elena hervor und wich
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