Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
sicher nicht zu nahetreten möchte, Raffaello . Doch er wagte auch nicht, seine Schuhe einfach auszuziehen. Schließlich konnte man nicht wissen, was alles auf dem Boden lag.
Seine Finger ertasteten eine Ecke, er blieb stehen und reckte vorsichtig den Kopf. Bevor er jedoch etwas sehen konnte, nahm er von unten einen schwachen Lichtschein war. Er zog den Kopf zurück und hielt den Atem an. Der Teil der Rampe, auf dem er kauerte, wurde in dämmriges Licht getaucht. Der Strahl wanderte weiter, erst ruckartig, dann ruhiger, und die länglichen Schatten an der Wand sahen wie ebenholzfarbene Marionetten aus. Diego hätte ausgeharrt, die jämmerlichen Schreie aber hatten seinen Beschützerinstinkt geweckt.
Das musste Rebeccas Schwester sein. Und selbst wenn es ein anderes Mädchen war, hatte er keine andere Wahl, als nachzusehen. Vorsichtig schob er sich näher an die Ecke und schob abermals den Kopf ein Stückchen vor.
Danielle blickte genau in seine Richtung und nahm die Bewegung seines Kopfes wahr. Die Lichtquelle – eine Taschenlampe – lag direkt vor ihren Füßen auf dem Zement. Sie rollte hin und her, als hätte die junge Frau ihr einen Tritt versetzt. Ihre Hände waren an ein Stück Rohr gefesselt, während sie selber auf dem Boden lag. Ein Knebel verstopfte ihr den Mund, doch als sie ihn sah, versuchte sie abermals zu schreien, während sie panisch an ihren Fesseln riss. Vielleicht dachte das arme Mädchen, er wäre einer von den Kerlen und wollte ihr was tun.
Diego spähte vorsichtig in die Dunkelheit. Nirgendwo ein Zeichen von Brogan oder Cavanaugh. Doch rechts hinten an der Wand war eine offene Tür.
Verdammt! Sie waren ihm entwischt. Ob Draper etwas von diesem zweiten Ausgang wusste? Er richtete sich wieder auf, packte die Pistole fest mit beiden Händen, und schlich sich leise die Rampe hinab. Den Rücken an der Wand, sah er sich suchend um, während er sich in ihre Richtung schob. An jeder gefährlichen Stelle seines Wegs schwenkte er die Waffe in alle Richtungen und sah sich suchend um. Vielleicht hatten sich Cavanaugh und Brogan ja hinter irgendwelchen alten Kisten oder Ölfässern versteckt. Die Ecken und Spalten in diesem Teil des Tunnels lagen in vollkommener Dunkelheit. Es war, als ob man in einen bodenlosen Bottich voller Rohöl blickte, dachte er. Es war einfach nichts zu sehen.
Im Grunde war es logisch, dass die beiden verschwunden waren. Cavanaugh wollte sich einen gewissen Vorsprung verschaffen, um aus den Staaten irgendwohin zu verschwinden, von wo er nicht ausgeliefert würde. Bei Brogan allerdings wusste man nie.
Je näher er dem Mädchen kam, umso aufgeregter wirkte sie. Die arme Kleine, dachte er. Ihr Anblick brach ihm regelrecht das Herz. Sie hatte so vieles überlebt. Kein Kind sollte auch nur wissen, dass es eine solche Hölle gab, doch sie hatte sie durchgemacht. Ihre Unschuld und vor allem das Gefühl von Sicherheit hatten diese Bastarde ihr ein für alle Mal geraubt.
Als er endlich vor ihr stand, hob er eine Hand, um sie zu beruhigen.
»Pst. Ich bin hier, um dir zu helfen«, wisperte er sanft, kniete sich neben sie, legte seine Waffe auf dem Boden ab und zog eins seiner Messer aus dem Schaft an seinem Bein. »Ich bin ein Freund deiner Schwester Rebecca.«
»Oh, ich würde sogar sagen, dass du und ihre Schwester noch viel mehr als Freunde seid«, ertönte Brogans Stimme hinter ihm. »Eher so etwas wie ein räudiger, heißer Straßenköter und eine läufige Hündin. Denn schließlich fickt ihr beide wie die Weltmeister.«
Diego hielt den Atem an. Verflucht! Ohne sich zu bewegen, blickte er aus den Augenwinkeln dorthin, wo seine Pistole lag. Könnte er sie sich möglicherweise schnappen und sich schnell genug herumdrehen, um den Typen abzuknallen? Dann hörte er mit einem Mal links von sich ein weiteres Geräusch, das alles noch komplizierter werden ließ. Das Knirschen von Schritten. Es war also noch jemand im Raum. Vielleicht Cavanaugh? Zwei Ziele auf einmal ins Visier zu nehmen war in seiner gebückten Haltung ein Ding der Unmöglichkeit. Er schluckte, denn sein Hals war völlig ausgedörrt.
Diego drehte sich nicht um. Er setzte einfach darauf, dass der Kerl ihn nicht von hinten erschießen würde. Der Bastard wollte sein Gesicht sehen, wenn er starb. Typisch Brogan, er war unglaublich berechenbar.
»Kannst du dich noch daran erinnern, was ich vor einer Weile über kluge Männer gesagt habe? Ich habe gesagt, ein kluger Mann weiß, wann er sich geschlagen geben muss, und
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