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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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anderer von etwas so scheinbar Harmlosem wie einem Kreis im Sand festgehalten wurde? Warum teilte sie ihren Platz mit der Seele einer Person, die sie kaum kannte?
    »Es muss auch keinen Sinn ergeben«, erwiderte Rik. »Sie müssen einfach nur mit der Welle schwimmen. Nehmen Sie es hin, und reiten Sie auf ihr, bis Sie den Strand erreichen.«
    »Sie müssen der Delfinphilosoph der Tiefsee sein«, konterte Elena, der die dunklen Ringe unter seinen Augen nicht entgingen. »Und auf dieser Big Kahuna bis zur Erleuchtung surfen.«
    »Allerdings«, erwiderte er. Elena lächelte, und plötzlich fiel ihr auf, dass sie es genoss. Nicht die Gefahr, natürlich nicht, oder das Risiko, nein, die Gesellschaft. Die drei Männer erleichterten ihr das Leiden, obwohl sie diese Männer kaum kannte. In ihrer Gegenwart konnte Elena sie selbst sein. Sie war bisher nie sie selbst gewesen, wenn sie mit jemandem zusammen war, nicht einmal bei ihrem Großvater, der sich ständig Sorgen um sie machte und sich so sehr bemüht hatte, sie zu einem guten Menschen zu erziehen, dass sie sich ständig unterdrückt hatte, ihre Interessen und Meinungen zurückgestellt hatte, um ihn nicht zu beleidigen.
    Aber hier - jetzt - war das alles nicht mehr nötig. Sie war frei, wurde akzeptiert. Was für ein Geschenk, was für ein Segen, selbst inmitten ihrer lebensgefährlichen Lage. Elena musste ihr Geheimnis nicht mehr länger allein mit sich herumtragen.
    Sie durchquerten den Bahnhof, gefolgt von ihrem Leibwächter, und traten durch die weit geöffneten Türen ins Sonnenlicht hinaus. Elena roch Schmierfett und heißes Eisen, das Salz des Meeres und fühlte das Donnern eines Zuges unter ihren Füßen, das Dröhnen, das rasche Nahen der Zukunft in diesem Teil des fremden Landes.
    Sie waren nur ein Stück gegangen, als Artur auf den Rossiya deutete. Der Zug war lang und bot einen überraschend angenehmen Anblick: die sauberen rot-blauen Waggons mit vielen großen, viereckigen Fenstern. Die meisten Passagiere, junge Männer in Uniform und ältere Frauen, die schweres Gepäck mit sich schleppten, ballten sich am hinteren Teil des Zuges, wo sie darauf warteten, einsteigen zu können. Artur ging an den Einheimischen vorbei zu einem anderen Teil des Zuges, an dem weniger Gedränge herrschte. Die Fahrgäste hier waren etwas besser gekleidet, und einige sprachen perfektes amerikanisches Englisch. Hier wartete sogar dasselbe Paar, das den Showdown im Hotel Ekvator verpasst hatte. Sie lächelten Elena und die anderen an. Offenbar erkannten sie sie. Elena allerdings war von ihrer Anwesenheit weniger begeistert.
    Sie drängte sich dichter an Artur heran. »Bist du sicher, dass dies hier klug ist? Wäre es nicht besser, wenn wir uns unter die Einheimischen mischten?«
    Artur zuckte die Achseln. »Normalerweise schon, aber Rik und Amiri haben sehr einprägsame Gesichter. Mir ist es lieber, wenn sie in einer Kabine mit anderen Ausländern sind, als dass sie die nächste Woche unter Menschen verbringen, die sich wahrscheinlich an ein exotisches Gesicht erinnern werden.«
    »Ich weiß nicht, ob das wirklich eine Rolle spielt«, wandte Elena ein. »Da der stille Mann bereits hier ist, dürften Beatrix Weaves Leute diesen Bahnhof auch schon bald durchkämmen. Irgendjemand wird sich an uns erinnern. Sie wird sich denken können, wohin wir wollen. Vielleicht weiß sie es ja jetzt schon.«
    »Möglich, aber wir müssen die Stadt verlassen. Wenn wir Zeit genug hätten, würde ich vorschlagen abzutauchen. Wir könnten unser Äußeres verändern, in den Süden fahren, nach China, und von dort in die Vereinigten Staaten zurückkehren. Und uns Zeit lassen. Charles hat uns gefunden, weil wir uns beeilt haben, zu den Orten gekommen sind, wo mich jeder, der mich kennt, auch vermuten würde. Es ist meine Schuld,
    Elena. Wenn sie uns wieder erwischen, trage ich auch dafür die Verantwortung.«
    »Genieß deine Gewissensbisse noch nicht zu sehr«, meinte sie. »Ich sage nur, dass sich dies hier wie der schlechteste Fluchtplan aller Zeiten anfühlt.«
    Artur schnaubte. »Beleidigungen kommen dir wohl ziemlich leicht über die Lippen, was?«
    »Es ist keine Beleidigung, wenn es die Wahrheit ist. Aber du kannst mir glauben, dass ich nicht wüsste, wie wir es besser machen sollen. Du hast uns bis hierher gebracht. Das ist dein Territorium. Es ist nur ... ich komme mir vor wie Enten auf dem Teich, Artur.«
    »Quak!«, warf Rik ein. Artur sah ihn böse an. Der Gestaltwandler hob die Hände, trat

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