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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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sagte Artur. »Öffnen Sie den Käfig.«
    »Er vertraut uns nicht.«
    »Ich weiß«, flüsterte er und starrte die Raubkatze an. »Aber ich weiß, dass er das Leben seines Bruders retten kann. Das ist doch ein kleines Risiko wert, oder?«
    »Das ist mir verboten worden, Artur«, erwiderte Rictor. »Würde ich den Käfig öffnen, wäre das gleichbedeutend damit, ihm zur Flucht zu verhelfen.«
    »Trotzdem sind wir alle hier.«
    »Hintertürchen«, erklärte Rictor. »Ich bin hier, weil Elena hier sein kann.«
    »Ich mache es.« Bevor die Männer protestieren konnten, stand sie neben dem Käfig und starrte in das wilde, mit Fell bedeckte Gesicht, dessen Augen geradewegs in ihre Seele zu blicken schienen. Ihr Herz hämmerte wie wild. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Artur aufstand. Rictor näherte sich ihr.
    »Beiß mich bitte nicht«, sagte sie zu der Katze und entfernte die drei Sicherungsbolzen, die die Tür verschlossen, und zog sie auf. Die Raubkatze sprang heraus. Elena hielt die Luft an. Das war Wahnsinn, sie war wahnsinnig, auf diese Männer zu hören, die mit wilden Tieren wie mit Menschen sprachen und so taten, als könnten sie mit ihnen verhandeln, dass sie sie nicht töteten - und warum, verdammt, warum war sie so dumm und ...
    Die Augen der Raubkatze glühten. Das Licht verbreitete sich in dem Raum wie ein goldenes Feuer, das den Körper
    der Raubkatze wie einen Sonnenhalo umgab. Elena stockte der Atem, und dann stolperte sie zurück, in Rictors Arme.
    Nun erhob sich die Raubkatze auf die Hinterbeine, streckte sich, wuchs ... Elena blinzelte einmal, und im gleichen Moment wurde das Fell zu Haut, die Klauen zu Nägeln und Fingern, und sie sah sich einem Mann gegenüber. Einem Mann mit goldenen Augen, schwarzer Haut und einem feinen, markanten Gesicht. Er stand gerade und stolz da, wie ein Prinz.
    »Seid gegrüßt.« Seine Stimme war klangvoll und weich.
    »Hi«, stieß Elena hervor und sah Artur an. Sie unterdrückte einen bewundernden Schrei.
    »Nein«, sagte er. »Du bildest es dir nicht ein.«
    »Und selbst wenn - wir haben keine Zeit, dieser Fantasie lange nachzuhängen.« Rictor tippte Elena auf die Schulter. »Kommen Sie, weiter.«
    Benommen und schockiert stolperte Elena zu dem Delfin zurück, der nur für die ehemalige Raubkatze, die jetzt neben Elena trat, Augen hatte. Das kurz geschorene Haar des Mannes war ein Fleckenteppich von Blond bis Schwarz. Er war nackt, gertenschlank und hatte einen sehnigen Körper, der sie tatsächlich an eine Raubkatze erinnerte.
    »Bruder«, sagte der Mann drängend. »Bruder, du musst dich wandeln.«
    Der Delfin schloss die Augen und öffnete sie dann langsam wieder.
    »Er musste so viel ertragen, dass er nicht sicher ist, ob er weiterleben will.«
    »Nein.« Der Mann hockte sich hin, streckte den Arm aus und berührte den Kopf des Delfins. »Nein«, sagte er beruhigend, »du hast noch genug Kraft in dir, um zu kämpfen. Du hast doch gekämpft, als du mich gesehen hast, oder? Du hast auf den Ruf unserer Art geantwortet. Also komm jetzt, eine Wandlung. Ich erledige den Rest.«
    »Wir alle tun das«, sagte Artur.
    Der Mann sah ihn abschätzend und kalt an. »Ich kenne Sie nicht.«
    Artur warf Elena einen Seitenblick zu. »Fremde im Paradies, hm?«
    Sie hätte gelächelt, hätte da nicht ein Mann neben ihr gehockt, der gerade seine Gestalt gewandelt hatte, ein weiterer, dessen Augen grün glühten, und dann ein Delfin, der gerade an einer Glasscherbe verblutete. Es war wohl ein bisschen zu viel. Sie wollte hier raus. Sie wollte weglaufen. Sie wollte diesem ganzen Wahnsinn den Rücken kehren.
    Also sei selbst verrückt, riet sie sich. Sie rückte näher an den Delfin heran und sah ihm in eins der goldenen Augen. Den Blick des Delfins hätte sie vielleicht als argwöhnisch beschrieben.
    »Also gut«, sagte Elena. »Ich nehme an, ich kann ein Risiko eingehen und darf annehmen, dass du nicht nur ein Tier bist. Das ist gut so, denn es bedeutet: Du kannst mich verstehen. Also sperr die Lauscher auf! Diese Männer hier wollen ganz offenkundig nicht ohne dich verschwinden. Ich aber werde nicht ohne sie gehen. Falls du also kein herzloser, selbstsüchtiger Hundesohn bist, wirst du genau das tun, worum diese Gentlemen hier dich bitten. Sonst stirbst du in dem Wissen, dass du vier Leute ins Grab gebracht hast. Hast du das verstanden?«
    Der Delfin gab kein Zeichen, dass er bereit wäre, Elena zu helfen. Sie holte tief Luft und legte ihre Hände trotzdem auf seinen Körper. Er griff

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