Shadowblade 02 - Schwarzes Feuer
Pupser. Aber daraus wird nichts«, erwiderte Max. »Wir nehmen dein Auto. Derzeit brauchen wir es dringender als du.«
»Nix da, du Schlampe. Ich rufe die Bullen.« Sein Gesicht nahm einen dunkleren Rotton an, und er spuckte beim Sprechen.
»Mach das. Komm, Schleimer, fahren wir los.«
Der Pupser sprang ihr direkt vor die Nase, als sie zum Auto gehen wollte. Zitternd fuchtelte er mit dem Finger vor ihr in der Luft herum. Vielleicht musste sie ihm den Finger brechen, um ihm Manieren beizubringen. Andererseits hatte er natürlich durchaus recht damit, dass sie gerade dabei war, sein Auto zu klauen. Möglicherweise verdiente er also etwas Nachsicht.
»Du Schlampe! Dir werd ich helfen!« Er schnippte seinen Zigarettenstummel in ihre Richtung.
Max wischte die Kippe beiseite. »Weißt du«, sagte sie. »Dass du mit dem Finger auf mich gezeigt hast, war unhöflich. Das hätte ich dir eigentlich durchgehen lassen, weil ich verstehe, dass du sauer bist. Ich meine, klar, die Welt geht zum Teufel, und du wirst wahrscheinlich innerhalb der nächsten paar Tage einen grausigen Tod sterben. Aber ich verstehe, dass du vor Wut deine guten Manieren vergisst, wenn du siehst, wie wer dein Auto klaut. Aber das mit der Zigarette? Das war ja wohl echt nicht nötig.«
Sie packte ihn am Kragen und hob ihn hoch. Er würgte und zappelte hilflos mit den Füßen. Sein Gesicht wurde noch röter, und sie hörte seinen wild pochenden Herzschlag.
»Da ich es eilig habe und du ein gewisses Recht darauf hast, sauer zu sein, lasse ich dich billig davonkommen.« Max trug ihn zum Heck eines zerbeulten alten Pick-up-Trucks. »Gib mir den Reifenschlauch«, sagte sie zu Alexander.
Er brachte ihr den Schlauch, den sie aus dem Kofferraum geschmissen hatte, und sie setzte ihren Gefangenen neben dem Truck ab. Danach riss sie den Schlauch durch und zog zwei lange Gummistreifen davon ab. Der Pupser schaute mit vor Entsetzen weit aufgerissenem Mund zu.
»Nimm die Hände hinter den Rücken«, befahl sie ihm.
Zögernd tat er wie geheißen. Sie band ihm die Hände fest zusammen und knotete mit dem zweiten Streifen eine lange Schlaufe um seine Handfesseln. Dann bedeutete sie Alexander, den Truck anzuheben, und schob die Schlaufe unter einen Reifen. Alexander ließ den Truck vorsichtig sinken. Nun würde Pupser erst einmal nirgendwohin gehen. Nicht, solange nicht jemand vorbeikam und ihm half. Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Sie bückte sich, um ihn abzuklopfen, fasste in die vordere rechte Hosentasche und zog seinen Schlüsselbund hervor.
»Los geht’s«, sagte sie und warf die Schlüssel Alexander zu.
Pupser sprach kein Wort, während sie den silbernen Kokon, die Einkaufstaschen und den Ebereschenspeer einluden. Sie trugen sein Auto aus der dichten Reihe von Fahrzeugen heraus. Dann stiegen sie ein, und Alexander steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Aufheulend erwachte der Motor zum Leben, und sie rasten Richtung Norden davon.
Max kurbelte das Fenster runter, um den Gestank nach altem Essen, Zigaretten und verschüttetem Kaffee zu vertreiben. Sie schaute auf den Rücksitz, der von einer knietiefen Schicht aus Schokoriegelverpackungen, Pappbechern und Fast-Food-Tüten und -Schachteln bedeckt war. Max’ Turnschuhe klebten an der Bodenmatte fest.
»Wahrscheinlich haben wir ihm einen Gefallen getan, als wir ihm sein Kakerlakenhotel geklaut haben«, meinte sie.
Sie klappte das Handschuhfach auf. Eine Rolle Pfefferminzbonbons fiel heraus. Sie wühlte sich durch den Papierkram, fand eine Straßenkarte von Kalifornien, faltete sie auf und studierte sie. »Sieht so aus, als könnten wir bei Edgewood Richtung Gazelle abfahren. Von da aus kommen wir zur Küste.« Sie zeigte es Alexander auf der Karte. »Das könnte allerdings ein bisschen knapp werden. Stattdessen könnten wir auch hoch nach Yreka fahren. Dann müssten wir nicht ganz so weit zurück nach Süden.«
»Lass uns das machen«, antwortete Alexander. »Dadurch verlieren wir nicht viel Zeit, und wir haben bessere Chancen, durchzukommen.«
Max lehnte sich zurück, faltete die Karte zusammen und zerknüllte sie dann. Ohne wirklich etwas zu sehen, starrte sie aus dem Fenster und überlegte, was wohl gerade in Winters geschah.
Max’ letzte Erinnerung an ihre Familie stammte von dem großen Picknick kurz vor ihrer Rückkehr ans College. Das war eine Familientradition gewesen. Sie hatten dabei Steaks auf dem Rost gegrillt und genug Essen für die halbe Stadt zubereitet. Dann hatten sie Freunde zum
Weitere Kostenlose Bücher