Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
einer solch ernsten Lage. Wenn er oder ein anderer mich angreifen will, gibt es keinen besseren Weg und keinen geeigneteren Zeitpunkt. Ich darf diese Möglichkeit nicht ignorieren. Allerdings ist er trotzdem ein Verbündeter, Max. Sei so vorsichtig wie möglich, aber zeig es nicht allzu sehr.«
»Hast du deine Schutzzeichen?«
»Ja, aber wenn er Krieg will, hat er sich vorbereitet. In dem Fall halten meine persönlichen Schutzzeichen nicht.«
»Dann wird er meine Vorsicht so deutlich zu spüren kriegen wie ein Schwert im Arsch«, erwiderte Max. »Wenn er unschuldig ist, muss er das einfach hinnehmen und aushalten. Komm nicht raus, bis ich es dir sage.«
Damit verließ sie den Wohnwagen. Niko und Akemi warteten draußen.
»Alton kommt mit dem Primus seiner Sunspears her«, erklärte Max ihnen. »Er sagt, dass Old Home sich nicht mehr meldet und dass er Hilfe braucht. Es könnte eine Falle sein. Gebt den Blades Bescheid. Vier Scharfschützen sollen die beiden im Visier behalten, sobald sie hier eintreffen. Ihr zwei helft Oz dabei, sie zu bewachen, und die anderen schirmen Giselle ab. Fragen?«
Die beiden schüttelten den Kopf und eilten davon. Max ging zu ihrem Tahoe, klappte den Rücksitz vor und öffnete das Fach darunter. Ein weiteres Mal holte sie ihre Schrotflinte hervor. Blendgranaten würden ihre Shadowblades außer Gefecht setzen und könnten nichts gegen Altons Sunspear-Primus ausrichten. Handgranaten waren nicht zielgenau einsetzbar. Stattdessen lud sie ihre 45er mit Flintenmunition. Die Stahlkügelchen in der Patrone wurden beim Aufprall freigesetzt, und der Großteil des Metalls verteilte sich in der Wunde. Sowohl die Geschöpfe des Unheimlichen als auch die des Göttlichen waren für die Macht des kalten Eisens anfällig – und daraus bestand Stahl zum größten Teil. Hohlspitzgeschosse würden ihnen die Köpfe wegpusten oder die Eingeweide zerreißen und auf dem Weg nach draußen ein Loch so groß wie eine Bowlingkugel hinterlassen. Doch auf kurze Entfernung hatten die Schrotpatronen genug Feuerkraft, um sowohl Alton als auch seinen Primus aufzuhalten und sie zugleich am Leben zu lassen, damit sie Fragen beantworten konnten.
Sie runzelte die Stirn. Alton war ein mittelmäßiger Territoriumshexer. Er war abhängig davon, dass Giselle seinen kleinen Zirkel beschützte, der nur aus ihm selbst und sechs weiteren Hexen bestand. Dennoch war er nicht weniger ehrgeizig als andere Hexen. Außerdem neigte er dazu, lauthals anzugeben und umherzustolzieren, um darüber hinwegzutäuschen, dass er nicht besonders viel zwischen den Beinen hatte. Kurz gesagt war er ziemlich hinterhältig. Max mochte ihn nicht. Sie schnaubte. Sie mochte keine Hexen. Allerdings gehörte Alton kaum noch in diese Kategorie. Seine Sunspears und Shadowblades wussten ebenso wenig zu beeindrucken. Dorian, den Primus seiner Sunspears, hätte sie mit einer Hand in der Mitte durchbrechen können.
Zehn Minuten später kehrte Oz mit Alton und Dorian im Schlepptau zurück. Niko und Akemi warteten direkt hinter der kleinen Seitentür, als sie sich öffnete. Sie hielten sich ein gutes Stück fern vom hereinfallenden Sonnenlicht, und nachdem die Tür zugefallen war, nahmen sie den Hexer und seinen Primus in die Mitte. Oz und die beiden Shadowblades hielten ihre Waffen einsatzbereit. Höflicherweise zielten sie damit auf die Füße der Besucher und nicht auf ihre Herzen.
Max stand vor Giselle, und sechs ihrer Shadowblades bildeten einen Kreis um die Hexe. Alle waren bis an die Zähne bewaffnet. Alton und Dorian verstanden die Botschaft.
»Was soll das, Giselle?«, fragte Alton und blieb stehen. »Empfängst du so deine Freunde?«
Er war schlank und trug maßgeschneiderte Kleidung, die zweifellos mehr gekostet hatte als Max’ Auto. In einem Ohr blitzte ein Rubinstecker und am linken Arm eine silberne Manschette. Seine Augen waren mit dunklem Make-up umrandet, was ihm in Verbindung mit seiner tiefen Stirn einen zornigen Look verlieh – ein bisschen wie eine beleidigte Hauskatze, dachte Max. Außerdem wirkte er nervös und unruhig. Doch was wirklich Max’ Aufmerksamkeit erregte, war der Umstand, dass er jünger aussah als bei ihrer letzten Begegnung vor vier Monaten. Die Falten um seine Augen und um seinen Mund hatten sich geglättet, sein Schritt war energischer, und seine Augen leuchteten vor Energie. Sie straffte die Schultern. Nur Magie – und zwar eine Menge davon – konnte eine Hexe verjüngen. Mehr, als Alton besaß. Warum hätte
Weitere Kostenlose Bücher