Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)

Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Pharaoh Francis
Vom Netzwerk:
Seite des Mittelgangs Platz. Dort streckte er die Beine aus, fläzte sich hin und trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
    Akemi setzte sich ihm gegenüber mit geradem Rücken hin und faltete die Hände auf dem Tisch. Sie hatte die Lider gesenkt und beobachtete Max.
    »Ärger natürlich«, sagte Max und rieb sich die Stirn.
    Das war das Schwierigste an der Rolle, die sie für Giselle spielte. Sie mochte Oz. Sie mochte Niko und Akemi, obwohl Akemi Max ständig wie irgendeine Art von Halbgott behandelte. Das Problem bestand darin, dass sie sie mochte und dass sie das nicht wollte. Sie wollte nicht, dass diese Leute ihr etwas bedeuteten. Sie wollte nicht, dass Giselle sie als Druckmittel einsetzen konnte, damit Max sich benahm. Aber sie hatte es nicht mehr drauf, sie auf Abstand zu halten. In den ersten fünfzehn Jahren war es leichter gewesen. Sie hatte so viel Zeit auf der Flucht verbracht oder damit, ausgestreckt auf Giselles Altar zu liegen. Da hatte sie keine Gelegenheit gehabt, die anderen Shadowblades und Sunspears überhaupt kennenzulernen, bevor sie bei der Erfüllung ihrer Hexenpflichten ums Leben gekommen waren. Sobald sie aufgehört hatte, davonzulaufen, hatte sie so viel wie möglich übers Kämpfen gelernt, über Strategie, Taktik und insbesondere über die Welt der Magie – sie hatte eine Mission. Sie würde nicht bei der Erledigung von Giselles Drecksarbeit sterben, denn sie würde diese Hexenschlampe vorher eigenhändig töten.
    Das war der Zeitpunkt gewesen, an dem die übrigen Shadowblades und sogar viele der Sunspears angefangen hatten, zu ihr aufzusehen und sie um Hilfe und Rat zu bitten. Jahrelang war Max nur dem Namen nach Prime gewesen. Und schließlich hatte sie die Rolle als Anführerin ernsthaft annehmen müssen, wenn sie nicht dabei zusehen wollte, wie ihre Freunde durch pure Unwissenheit und Unerfahrenheit starben. Doch zu dieser Arbeit gehörte es auch, dass sie von Ängsten und Missetaten, Sehnsüchten und Hoffnungen, Groll und Enttäuschung erfuhr. Und das brachte ihr die anderen näher. Täglich wurde es schlimmer. Es fühlte sich an, als wären die freundschaftlichen Bande durch Titanschrauben in ihrem Herz verankert, und sie hatte keine Ahnung, wie sie sie lösen sollte. Schlimmer noch, sie war sich nicht mal sicher, ob sie das noch wollte. Unter dem Tisch ließ sie nun die Finger über ihre Tasche gleiten und spürte die Kälte des Hagelkorns. Vielleicht musste sie das ja gar nicht. Vielleicht gab es einen Ausweg, bei dem sie nicht alles zerstören musste, das ihr etwas bedeutete. Es muss einen Weg geben.
    Sie gab ihnen einen knappen Überblick über ihre Aktivitäten der vergangenen Nacht. Danach trat Magpie an den Tisch und brachte einen Teller mit Enchiladas, über die Max sich sofort hermachte.
    »Das könnte hässlich werden. Selange wird das nicht einfach hinnehmen«, erklärte Oz das Offensichtliche, während er eine der zusammengefalteten Tortillas von Max’ Tellerrand klaute.
    Max zeigte mit der Gabel auf ihn. »Wenn du mein Essen noch mal anrührst, fresse ich deine Hand.«
    Er grinste. »Das wäre es vielleicht wert. Ich wollte schon immer mal wissen, wie sich deine Lippen auf mir anfühlen.«
    Ungläubig quiekte Akemi, und Niko schnaubte. Einen Moment lang starrte Max auf ihren Teller. Dann blickte sie zu Oz auf. Er wirkte wachsam. Offenbar wusste er, dass er eine Grenze übertreten hatte. An einem anderen Tag hätte sie eine rasiermesserscharfe Erwiderung gegeben oder es ihm mit einem Kieferbruch heimgezahlt. Aber heute … heute hatte man ihr zum ersten Mal echte Hoffnung auf Freiheit gegeben.
    Mut stieg in ihrem Innern auf, den sie so seit Jahren nicht verspürt hatte. Oz zuckte zusammen, als Max sich hochstemmte. Sie lehnte sich über den Tisch und hielt nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt inne.
    »In Ordnung«, sagte sie, beugte sich weiter vor und drückte ihre Lippen auf seine.
    Zunächst erstarrte Oz, erwiderte ihren Kuss dann jedoch. Als ihre Zungen sich berührten, legte Max den Kopf schräg. Er hob die Hand und hielt ihr Gesicht mit den Fingerspitzen fest, als fürchtete er, dass sie zerbrechen könnte. Möglicherweise hatte er auch Angst, dass sie ihn beißen würde. Er schmeckte nach Milch und Pfefferminz, sein Kuss war leicht und reizte sie. Ein überraschendes Schwindelgefühl durchflutete Max. Als wäre sie wieder am College und ihre Zukunft voller Möglichkeiten.
    Langsam zog sie sich zurück und hob die Brauen. »Zufrieden?«
    Oz

Weitere Kostenlose Bücher