Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
regelmäßig ein wenig nach. Wie konnte sie über all das einfach hinwegsehen, als spielte es keine Rolle?
»Ich konnte ein Nein von dir nicht riskieren. Du musstest ja sagen – sonst hätte ich dich nicht binden können. Ich hatte gehofft, unsere Freundschaft würde dir etwas bedeutet und du würdest erkennen, dass ich das nicht leichtfertig getan habe. Ich hatte gehofft, dass du über die Veränderungen an dir erfreut wärst. Wenn du darüber nachdenkst, musst du schon zugeben, dass dieses Leben zu dir passt. Glaubst du, dass du wieder ein gewöhnliches Leben als Mensch führen könntest, nachdem du nun weißt, was für Möglichkeiten es dort draußen noch gibt?«
»Es hätte meine Entscheidung sein sollen«, beharrte Max eisern.
»Mag sein. Ich habe mich oft gefragt, wozu du wohl fähig wärst, wenn du es wirklich wolltest. Obwohl du so verbittert und widerspenstig bist, gibt es keine bessere Shadowblade als dich. Aber du kannst nicht ändern, was du bist. Und selbst wenn ich es wollte, könnte ich die Magie, die dich erschaffen hat, nicht auflösen. Du bist eine Shadowblade, und du wirst für immer eine sein. Und da du jetzt weißt, was uns erwartet, musst du eine Wahl treffen. Die Angelegenheit mit den Redcaps, der Wintergreisin und der seltsamen Stille um Old Home – das riecht alles nach den Hütern. Und wenn dem so ist, werden sie bald bei uns anklopfen.«
»Worum genau bittest du mich?« Max’ Magen rumorte. Sie hatte das Gefühl, als würde die ganze Welt auf den Kopf gestellt – und wenn man Giselle glaubte, stand eben das unmittelbar bevor. Glaubte sie es? Ehrlich? Ja, verdammt. Doch was würde sie deshalb unternehmen?
»Ich bitte dich um deine Unterstützung. Ich bitte dich darum, nicht weiter gegen mich anzukämpfen und mir stattdessen zu helfen.«
Max erstarrte. Obwohl sie die Antwort bereits kannte, musste sie die Frage einfach stellen: »Und wenn ich das tue? Was gibst du mir dafür?«
Giselle schüttelte den Kopf. »Du willst, dass ich dir verspreche, dich freizulassen. Wenn all das vorbei ist. Aber ich weiß nicht, ob es jemals vorbei ist. Und ich will dich nicht anlügen und behaupten, dass es irgendwann ein Ende hat. Ich glaube nicht, dass ich dich jemals gehen lassen kann.«
Knurrend bleckte Max die Zähne. »Du verlangst verdammt noch mal zu viel. Wie immer.«
»Ich weiß. Überlegst du es dir?«
»Fahr zur Hölle.«
Max stürmte aus dem Wohnwagen. Die Metallwände des Lagerhauses um sie herum schienen näher zu rücken. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie kriegte kaum Luft. Max zitterte. Vorsichtig tastete sie nach dem Zorn in sich, sehnte sich nach seiner tröstenden Wärme. Doch was sie in ihrem Innern vorfand, war kalt und bitter wie Asche. Sie dachte an das Versprechen der Wintergreisin. Sei dir gewiss, was du willst. Du wirst es erhalten.
Sie wollte ihre Freiheit, und sie wollte Rache.
Aber sie konnte weder das eine noch das andere bekommen.
Überlegst du es dir?
Vor dreißig Jahren hatte Giselle sie in magische Ketten gelegt, und heute hatte die Hexenschlampe sie erneut gefesselt – diesmal mit den Ketten der Pflicht und der Freundschaft. Nicht Giselle, sondern Oz gegenüber. Niko und Akemi und Magpie und Lise und allen gegenüber, die Horngate ihr Zuhause nannten. Einschließlich Max. Sie hatte keine Wahl.
Horngate brauchte Giselle, und die Hexenschlampe brauchte Max – ihr Herz, ihren Verstand, ihre Seele.
Ein Laut entrang sich Max’ Kehle, und ihre Finger krümmten sich, so dass die Nägel sich tief in ihre Handflächen bohrten. Heiße Tränen brannten in ihren Augen, und in ihrer Brust tat sich eine große Leere auf. Ihren Kampf gegen Giselle aufzugeben klang in ihren Ohren zu sehr nach einem Einverständnis: als fände sie es in Ordnung, was Giselle ihr angetan hatte. Als ob sie es akzeptieren und gutheißen würde.
Ihr Magen rebellierte heftig. Sie schluckte, wirbelte herum und wollte die Faust gegen den Wohnwagen rammen. Bevor sie traf, packte eine Hand ihren Arm. Sie erstarrte und ließ den Blick langsam über die fremde Hand zur dazugehörigen Schulter und dem Gesicht wandern. Niko. Er wirkte besorgt, hielt sie jedoch weiterhin fest.
Sie riss sich los. »Was zum Teufel willst du?«
»Du weißt doch, dass die Schutzvorkehrungen am Wohnwagen immer noch die Gleichen sind. Du würdest dir höchstens die Knochen pulverisieren und dabei nicht mal den Lack ankratzen.«
»Tja, vielleicht würde ich mich dann besser fühlen.«
»Weil die Dinge
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