Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
deine Hexe herausfordern wird, weil du in Julian gewesen bist?«
Sie nickte. »Ja.«
Ihre Gleichgültigkeit fachte seinen Ärger noch weiter an. Er wollte ihre kühle Fassade durchbrechen und wissen, was sich dahinter verbarg. »Es wird keinen Kampf auf Leben und Tod geben. Selange will dich lebendig. Sie will … dich.«
Für einen kurzen Moment hob sie erstaunt die Brauen, doch schon glättete sich ihre Miene wieder. »Will sie das?«, fragte Max gedehnt. Sie legte den Kopf schief. »Mir ist aufgefallen, dass sie meinen Namen nicht kennt. Warum hast du ihn ihr nicht verraten?«
»Vielleicht war das mein Selbsterhaltungstrieb«, schlug er vor.
Verständnisvoll nickte sie, während etwas Trostloses und Gewalttätiges in ihrem Blick stand. Für eine Sekunde schien ihr Gesicht aus Eis und Stahl zu bestehen.
»Danke für die Vorwarnung. Ich schätze, dass beim Wettstreit das Durchhaltevermögen geprüft wird?«
»Ja.«
Sie nickte erneut und starrte in die Nacht. »Das tut mir leid.«
»Wieso?«
Sie bedachte ihn mit einem Seitenblick und verzog den Mundwinkel zu einem zynischen Lächeln, das sogleich verschwand. »Giselle ist gut im Foltern.« Sie schaute wieder in die Nacht hinaus. »Und ich bin ein sehr gutes Opfer.«
Die zweite Bemerkung überraschte Alexander. Was meinte sie? Sowenig es ihm auch gefiel, er konnte sich der offensichtlichen Schlussfolgerung nicht entziehen. Sein Magen verkrampfte sich. Selange hatte viele Fehler, und bei manchen davon drehte sich ihm der Magen um, aber sie folterte nicht gewohnheitsmäßig ihre eigenen Leute. Was für eine Art Hexe war Giselle?
Max lächelte, diesmal auf eine hoffnungslose, distanzierte Art und Weise. Alexander hatte den Eindruck, dass sie über sich nachdachte und nicht froh über das war, was sie in ihrem Innern vorfand. Vergeblich suchte er nach Worten. Angespannte Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Letztlich war Max diejenige, die das Schweigen beendete.
»Ich hoffe, was immer du da draußen in Julian getrieben hast, ist das wert, was wir bald durchmachen müssen.«
Alexander antwortete automatisch und ohne nachzudenken: »Für Selange nehme ich gern auch das Schlimmste auf mich.« Aber das stimmte nicht. Vor langer Zeit hatte er eine Grenze gezogen, die er nicht noch einmal freiwillig überschreiten würde. Doch die Worte waren heraus, der Schaden angerichtet.
Max drehte langsam den Kopf. »Glaubst du das wirklich?«
Nein. Nicht mehr. Schon seit langem. Aber aus Loyalität und nach Jahren der Gewohnheit konnte er es nicht aussprechen. Sie war sein Feind, zumindest heute Nacht. Und er würde ihr keine Schwäche, keinen Zweifel zeigen. »Natürlich.«
Sie verzog die Lippen, als hätte sie ihn am liebsten angespuckt. Stattdessen wandte sie sich ab. Leichte Schatten lagen auf ihren Wangen und Augenhöhlen, so dass sie für einen Moment wie eine Tote aussah. »Du bist eine Verschwendung von Haut und Knochen«, sagte sie bedächtig.
Der matte Hass in ihrer Stimme ließ Alexander zurückschrecken, während ihn zugleich Wut durchströmte. »Ich bin ein Shadowblade, und ich diene meiner Hexe mit Leib und Seele«, erwiderte er hitzig. »So bin ich eben, und dafür muss ich mich nicht entschuldigen.«
»Ehre«, höhnte sie. »Und was hat sie getan, um sich deinen Leib und deine Seele zu verdienen? Ganz zu schweigen von deinem Schmerz und Leid?«
»Von dem Leben, das sie mir gegeben hat, hätte ich sonst nur träumen können. Sie hat mir unermessliche Gaben geschenkt.«
Max verdrehte die Augen. »Wir werden ja sehen, ob du das immer noch denkst, wenn Giselle ihren Willen gegen deinen durchsetzt.« Max schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, pure Verschwendung von Haut und Knochen. Warum verkriechst du dich nicht in deiner Hundehütte, bis deine Herrin nach dir pfeift?«
»Und du hältst dich für etwas Besseres?«, schoss er zurück. »Du jammerst wie ein verwöhntes Kind. Ich habe gesehen, wie du dich selbst leichtfertig für eine Wintergreisin in Gefahr gebracht hast – und du hast dich noch dazu erwischen lassen. Wenn irgendeiner meiner Shadowblades sich so wie du verhalten hätte, würde ich ihm eine Lektion erteilen, die er so schnell nicht vergisst.«
»Warum erteilst du mir dann keine Lektion?« Max hob herausfordernd die Brauen.
»Die Regeln des Konklaves verbieten es. Aber wenn du unbedingt sterben willst, solltest du wenigstens den Mumm haben und ins Sonnenlicht treten, damit andere nicht wegen dir leiden müssen.«
Sie lächelte breit.
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