Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
innen und fokussierte sich auf das Seil über ihr. Noch immer hatte er Kopfschmerzen und fühlte sich wie benebelt. Alexander hob die Hände und drückte sie an die Schläfen. Nach und nach presste er jeden Gedanken aus seinem Schädel, außer dem an das grün-weiße Seil. Und dann fing er an, es zu entknoten.
Kapitel 13
M ax hatte die letzten Stunden damit verbracht, um ihr Gleichgewicht zu kämpfen und sich darüber zu ärgern, dass sie Alexander vertraut hatte. Nicht, dass sie sonst irgendetwas anders gemacht hätte. Sie hätte sich trotzdem auf die Suche nach der Wintergreisin gemacht, und sie wäre trotzdem gefangen genommen worden, und daran war sie ganz allein schuld. Alexander hatte sie lediglich davon abgehalten, einen selbstmörderischen Kampf auszufechten. Dennoch brannte es wie Säure. Es war eine Sache, sich durch eine schlaue List einwickeln zu lassen, und eine ganz andere, sich wie eine Vollidiotin beschwatzen zu lassen. Doch selbst das stimmte nicht. Er hatte kaum ein Wort gesagt. Ich will bei dir bleiben. Max hatte ihm geglaubt. Sie hatte glauben wollen, dass sein Wort ihm genauso viel bedeutete wie ihr selbst das eigene. Oder vielleicht war sie auch einfach nur von ihrer Lust geblendet gewesen.
Sie hatte sich ebenso sehr in ihm getäuscht wie in Giselle. Sie hatte ihn als Verschwendung von Haut und Knochen bezeichnet. Aber vielleicht traf das auf sie noch mehr zu als auf ihn.
Plötzlich schwang die Tür auf, und Alexander trat ein. Max’ Miene verhärtete sich. Der bittere Kupfergeruch seines Unheimlichen-Blutes erfüllte den kleinen Raum. Sein T-Shirt und eins seiner Hosenbeine waren blutdurchtränkt. Er wirkte müde und angeschlagen. Seine Augen lagen tief in den Höhlen. Er blieb vor ihrer Zelle stehen und schwankte, als würde er gleich umfallen.
»Ich kann das Seil entfernen und die Kabel lösen, aber die Zelle kann ich nicht öffnen«, sagte er heiser.
Ein Schock durchzuckte Max. War das irgendein Trick? Natürlich war es das. Aber sie hatte keine Wahl.
»Beeil dich, verdammt noch mal«, sagte sie, und ihre Kehle war so trocken, dass sie zu bluten anfing. Sie war beinahe dankbar für die Feuchtigkeit.
Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm zuzuschauen. Was hatte er vor? Breitbeinig saß er da und starrte auf einen Punkt über ihrem Kopf. Dann presste er sich die Hände an die Schläfen, wobei er die Fäuste so fest ballte, dass seine Knöchel weiß wurden. Eine lange Minute verging. Dann eine weitere. Alexanders Atem ging unregelmäßig. Schließlich gab er einen rauhen Laut von sich, und der Druck um Max’ Hals ließ nach. Wie ein Baum fiel sie um und knallte auf den Boden.
Sie rollte sich auf den Rücken und hob den Kopf, um ihn anzuschauen. Der Mistkerl besaß telekinetische Kräfte. Heilige Scheiße. Selange musste eine außergewöhnliche Hexe sein, wenn sie das bewerkstelligt hatte. »Kriegst du die Fesseln auf?«
Er kratzte sich mit den Fingern den Kopf. »Ja.«
Max war sich nicht sicher, ob er es wirklich schaffen würde. Es machte den Eindruck, als hätte es ihm bereits alles abverlangt, das Seil zu lösen. »Fang mit meinen Händen an.«
Nach weiteren drei oder vier Minuten hatte er die Plastikhandfesseln gelöst. Danach durchtrennte er nacheinander die Kabel um ihre Arme. Bei jeder brauchte er etwas länger, so dass sie mehr und mehr Nachtzeit verloren. Max ließ sich ihre Ungeduld nicht anmerken.
Schließlich hatte sie genug Spielraum, um ihre Arme zu befreien und die restlichen Fesseln zu sprengen. Wenig später hatte sie ihre Beine befreit. Ihr ganzer Körper brannte, als wieder Blut in die Bereiche strömte, die durch die Kabel abgeschnürt gewesen waren. Ihr Hals pochte dort, wo er von dem Seil wund gescheuert war. Schwerfällig drückte Max sich hoch und umklammerte ihre Knie. Alexander hing auf seinem Stuhl wie ein nasses Handtuch. Sein Gesicht war grau, seine Hände zitterten, und seine Blutergüsse hatten sich dunkler gefärbt.
Als sie husten musste, spürte sie ihr Gewebe nachgeben. Durch schiere Willenskraft beendete sie den Anfall, bevor er noch ihre Eingeweide zerfetzte. »Was nun?«
Ohne sie anzuschauen, schüttelte er langsam den Kopf. »Ich habe gesehen, wie du beim Konklave durch den Schleier gekommen bist. Ich hatte gehofft, dass du alleine rauskommst.«
War das eine Falle? Wollte er sehen, wozu sie fähig war? Sogar jetzt sah Selange vielleicht zu. Unauffällige Kameras befanden sich in
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