Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
riskantes Verhalten von ihm, doch sie wusste, dass er hin- und hergerissen war zwischen der Einschränkung, die es bedeutete, stets an ihrer Seite zu sein, und seiner Pflicht, sie zu beschützen. Er tat das, was sie ihm verboten hatte, indem er sich hier und da ein wenig Zeit stahl. Wenn sie mit ihrem Bruder und Xenia im Palast war, entschuldigte er sich und überließ das Leben der Könige der Leibwächterin. Oder er schickte den gutmütigen Killian zu ihr, obwohl er das nur tat, wenn er wusste, dass die beiden nicht allein sein würden. Er traute nicht einmal dem Anführer der eigenen Sicherheitskräfte.
Guin war nie länger als eine Stunde am Tag weg, doch auch ihr Bruder sah es allmählich nicht mehr gern, und Tristan hatte sich bis vor Kurzem kaum beunruhigt gezeigt über die Bedrohung durch mögliche Verräter.
Bis sie Trace vergiftet hatten.
Jetzt war Tristan düster und grüblerisch, seine Heiterkeit war verschwunden, und seine ausgelassenen sexuellen Eskapaden fanden nur noch in der Abgeschiedenheit seiner Privatgemächer statt, wo sie von jeher hingehört hätten. Er folgte seiner Schwester auf Schritt und Tritt und verlegte seine Arbeit in ihre Räume, was er seit dem Krieg nicht mehr getan hatte. Doch es gefiel ihr, dass er wieder an einem Schreibtisch ihr gegenübersaß, auch wenn es eine Bedrohung war, die ihn dorthin zurückgebracht hatte. Wenn das hier vorbei wäre, würde sie darauf bestehen, dass er blieb. Sie konnten einfach besser arbeiten, wenn sie zusammen waren.
»Er repariert Trace’ Waffe«, sagte sie leise und spielte mit ihrer Kette. Als sie den Kopf wandte, schimmerte die zarte Kette, die von ihrem Ohr in einem Bogen zu einem Piercing in der Nase verlief, auf ihrem Gesicht. Guin liebte die Schönheit ihres Gesichts ohne Schmuck, doch wenn sie die Kette trug, die ihre ausgeprägten Wangenknochen golden betonte und die Aufmerksamkeit auf den schwarzen Eyeliner lenkte, der ihre whiskeyfarbenen Augen umrahmte, musste er sie bewundernd ansehen. Sie wusste immer, wie sie sich am vorteilhaftesten präsentierte. Ob es das Aussehen war oder ihr Verhalten, sie hatte das, woran es ihm vollkommen mangelte, wenn es darum ging, auf eine große Menge zu wirken.
»Ja. Und noch dazu schnell. Magnus tut nichts hastig, wie du weißt.«
»Er macht sich Sorgen, dass Trace noch immer ein Ziel sein könnte. Ein unbewaffnetes Ziel.«
»Das ist er wohl kaum«, versicherte Guin ihr. »Doch das Katana ist Trace’ besondere Stärke.«
»Entscheidend ist«, sagte sie und richtete ihre dunklen Augen auf ihn, »dass Magnus besorgt ist. Magnus ist nicht gerade bekannt dafür, dass er sich schnell Sorgen macht, Guin.«
»Ich weiß«, stimmte er mit einem kurzen Nicken zu. Das war sein Anliegen, und er war froh, dass sie es bereits ahnte. »Sein Sohn ist zweimal fast gestorben. Und wenn das Halbblut nicht gewesen wäre, dann wäre er jetzt tot. Und … ich mache mir ebenfalls Sorgen, K’yatsume .«
»Das hast du schon oft gesagt, Ajai .«
» Drenna! «, brach es plötzlich aus ihm heraus, und er sprang auf. Er packte die Rückenlehne ihres Stuhls und presste sie so zwischen seinen Armen ein, während er sich so tief über sie beugte, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. »Bist du noch nicht auf den Gedanken gekommen, dass sie nach zwei Fehlschlägen darauf verfallen könnten, sich ein einfacheres Ziel zu suchen? Hmm? Überleg mal, du unbelehrbares Ding! Überleg, wen sie sich aussuchen werden!«
»Wenn du mich meinst, dann hast du erst recht allen Grund, in meiner Nähe zu bleiben!«
»Du denkst, ich meine dich? « Er lachte mit unbotmäßigem Spott auf. »Meine liebe Prinzessin, du nimmst dich ganz schön wichtig, was? Glaubst du etwa, du wärst ein leichteres Ziel als Trace, wenn du mich direkt in deinem hübschen Rücken hast?«
Malaya stöhnte leise auf angesichts des ungehobelten Benehmens und der Bemerkungen. Sie hatte ihn noch nie so anmaßend ihr gegenüber erlebt. Jeder Muskel in seinem Körper schwoll an vor unterdrückter Wut. Und der Reif um seinen Bizeps schien unter der Spannung gleich zerspringen zu wollen. Trotzdem war sein Atem tief und gleichmäßig, als er über ihre Wange und ihre Lippen strömte.
»Überleg doch mal!«, rief er so laut und unvermittelt, dass sie erschrocken zusammenzuckte. Sie schluckte nervös, weil sie zum ersten Mal dem wahren Tiger gegenüberstand, der in all den Jahren zahm an ihrer Seite gewesen war. Sie musste an die Geschichten denken, in denen
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