Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
absichtsvollen Blick zu tauschen. »Wir müssen reden, M’itisume .«
Malaya hatte sich ebenfalls erhoben und klatschte laut in die Hände. Die Musiker eilten diskret zum nächsten Ausgang, während die Leibwächter näher an ihre Schützlinge herantraten.
»Wo ist Rika?«, fragte Trace, als er bemerkte, dass die Wesirin nicht im Raum war. Sie war für Malaya das, was er für Tristan war. Es gab allerdings keine strikte Trennung. Ihre Zuständigkeiten überschnitten sich häufig. Trotzdem konzentrierten sie sich die meiste Zeit auf ihren jeweiligen Kanzler. In Wahrheit war deren Auftreten manchmal zu unterschiedlich, was das Verhalten der Geschlechter anging. Beide mussten sich an strenge Benimmregeln halten und Fettnäpfchen vermeiden. Trace und Rika waren Experten, was das betraf. Sie waren auch geschult in der Kunst des Regierens, der Diplomatie und des Krieges. Es war weder leicht, sich für diese Position zu qualifizieren, noch, sie zu behalten. Doch wenn Trace glaubte, dass er eine schwierige Aufgabe hatte, musste er sich nur die Regenten anschauen, um zu wissen, dass es eine noch viel schwierigere gab.
Xenia und Guin hatten logischerweise die nächsten höchst anspruchsvollen Posten inne. Das Ungewöhnlichste bei den Leibwächtern war, dass ihre Ernennung die Konventionen gesprengt hatte. Dass beide Regenten jemanden vom anderen Geschlecht gewählt hatten, hatte für erheblichen Wirbel und für spöttische Bemerkungen gesorgt. Wie bei den meisten Sensationen legte sich die Aufregung bald wieder, doch es war noch immer ein viel diskutiertes Thema, wenn die Gegner der Kanzler sonst nichts mehr hatten, wogegen sie protestieren konnten.
Offiziell wurden sie »Leibwächter« genannt, aber oft waren sie viel mehr als das. Sie waren Vorkoster, untersuchten alles, womit die Regenten in Berührung kamen, und stets wurde von ihnen erwartet, dass sie bis in die kleinste Einzelheit über die Personen informiert waren, die mit den Herrschern in Kontakt kamen. Gleichzeitig waren sie Busenfreunde und Vertraute ihrer Schützlinge, denn ihre Arbeit prädestinierte sie dafür, über persönliche Dinge ins Vertrauen gezogen zu werden, da die Kanzler so gut wie keine Privatsphäre hatten und noch weniger Vertrauen in diejenigen außerhalb des Regimes. Manchmal waren die Krieger auch auf eine leise geflüsterte Erlaubnis ihrer Herren hin Auftragsmörder. Als die Regentschaft der Zwillinge eine gewisse Stabilität erlangt hatte, waren solche Dinge seltener nötig, doch zu Beginn war es der einzige Weg im Umgang mit den aggressiveren Gegnern gewesen.
Die Klankriege waren nun allerdings größtenteils vorbei, und zum ersten Mal seit Jahrzehnten waren die Schattenbewohner unter einer einzigen Regierung vereint. Allerdings gab es noch Gegner dort draußen, die die Stabilität der Kanzlerschaft gefährdeten, wie Trace’ Zusammenstoß mit Baylor bewiesen hatte.
»Rika hat sich nicht wohlgefühlt und sich früh zurückgezogen«, teilte Malaya ihm mit, während sie nach einer Überbluse griff, die sie vor dem Tanzen ausgezogen hatte. Sie streifte den bestickten Charmeusestoff über und zog ihn über der Brust zusammen. »Was habt Ihr auf dem Herzen, Ajai? «
»Ich habe Baylor getötet«, sagte er leise.
4
Trace ging im Dunkeln die Straße entlang, eine Angewohnheit von ihm, wenn er über etwas nachdenken wollte. Es war eine Art tödliches Spiel oder vielleicht die Extremsportvariante für Schattenbewohner. Von Schatten zu Schatten zu hasten und die Lichtstreifen zu meiden, welche auf die Straße fielen. Seine Schritte waren leicht und schnell, seine Bewegungen fließend, während die schwarzen Abschnitte in der Dunkelheit ihn vor bestimmten Qualen bewahrten – sogar vor dem Tod, wenn er der Helligkeit zu lange oder mit dem ganzen Körper ausgesetzt war.
Doch das war es nicht, und es war auch nicht der verräterische Angriff von Baylor, was ihn beschäftigte und an seinem Gewissen nagte. In Wahrheit ging ihm die blonde, zerbrechliche Ashla nicht aus dem Kopf. Wahrscheinlich vor allem deshalb, weil er in ihrer Schuld stand. Sie hatte ihm nun einmal das Leben gerettet. Und wie Malaya erst vor Kurzem so weise hervorgehoben hatte, hatte sie seinen Regenten ebenfalls das Leben gerettet. Wäre er im Schattenreich gestorben, hätte niemand sie vor dem Komplott warnen können, das gegen sie geschmiedet wurde. Es gab nur wenige Informationen, auf die hin man etwas unternehmen konnte, doch wenig war schließlich mehr als nichts.
Als
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