Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
sonst.
»Komm, du Hitzkopf. Es ist Zeit, dass wir diese Heuchler zur Strecke bringen«, sagte er und löste sich nur widerstrebend aus ihrer verlockenden Wärme. »Ich hatte keine Zeit, dir viel zu erzählen, also nur kurz Folgendes: Ich biete allen Sündern die Möglichkeit zu bereuen, sofern es in meiner Macht liegt, doch ich zögere nicht, sie zu vernichten, wenn dein Leben in Gefahr ist. Außerdem ist es gut möglich, dass sie gar nicht mehr im Schattenreich sind.«
»Dann sind sie im Traumreich?«
»Ja. Und Shiloh kennt dieses Reich genauso gut wie ich. Nicoya … Ich gehe davon aus, dass er sie angelernt hat, weil sie ihm oft zur Seite gestanden hat, wenn er jemanden seiner Strafe zugeführt hat.« Er runzelte besorgt die Stirn. »Denk daran, im Traumreich ist alles möglich, Daenaira. Es ist die Kraft deiner Vorstellung, aus der du dort Energie ziehst. Doch anders als im Schlaf, wenn man in die Traumwelt eintaucht, hat man die völlige Kontrolle über seine Umgebung, außer jemand manipuliert sie und damit dich. Du hast einen starken Willen. Und du hast fast keine Angst.«
Dae konnte sehen, dass er selbst nicht recht überzeugt war von dem, was er sagte.
»Keine Sorge«, sagte sie mit ihrer gewohnten Vorwitzigkeit. »Du hast keine Ahnung, zu welchen Gemeinheiten ich fähig bin. Lass uns gehen.«
Magnus musste lächeln und ließ sich von ihr an der Hand nehmen und aus der Hitze der Schmiede führen.
12
Das Traumreich.
Bei den Göttern, er wollte nicht hier sein. Oder zumindest wollte er nicht, dass Daenaira hier war. Es war zu früh, und sie war zu unerfahren. Er musste verrückt gewesen sein, sie hierher zu bringen. Er hätte sie bei Henry lassen und Sagan mitnehmen können …
Nein.
Wenn er an Tiana dachte und daran, dass Daenaira beinahe deren Schicksal geteilt hätte, krampfte sich ihm der Magen zusammen. Er brauchte sie hier, wo er ein Auge auf sie haben konnte.
Magnus versuchte tief durchzuatmen und sich auf die Jagd nach seiner Beute zu konzentrieren. In seinem ganzen Leben war er noch nie so durcheinander gewesen, wenn er sich auf einen Kampf eingelassen hatte. Er hatte Daenairas Bemerkung über den Raum, den sie gemeinsam benutzt hatten, gehört, doch das Wissen, dass sie in diesem intimen Moment wahrscheinlich beobachtet worden waren, hatte sich angefühlt wie ein Tritt in den Unterleib, und er wusste, dass es für eine junge Frau, die nicht wusste, was Voyeurismus war, noch viel schlimmer sein musste. Er fürchtete um das Vertrauen in das Sanktuarium und in dessen Heiligkeit, sobald sich das mit den Gängen herumsprach. Sehr viele Jugendliche würden Schaden nehmen. Wie in Gottes Namen waren sie konstruiert worden? Er hatte so etwas nur einmal kurz erwogen, als er und Tristan die neuen Räume des Sanktuariums entworfen hatten. Er hatte den Einfall gehabt, eine gegenseitiges Kontrollsystem einzuführen, um sicherzugehen, dass keiner seiner Schüler von einem Lehrer missbraucht wurde, doch er hatte ihn wieder verworfen, weil es ein Akt des Misstrauens gegenüber seinesgleichen gewesen wäre.
Hatte Tristan mit den Tunneln weitergemacht und ihm nichts davon gesagt? Vielleicht »für den Fall, dass … « er seine Meinung später ändern sollte? Doch jetzt würde er die Tunnel schließen, und nur er hätte Zugang, um dafür zu sorgen, dass so etwas wie mit Henry nicht noch einmal geschah. Die Frage war, ob er es öffentlich machen sollte, dass es dieses Kontrollsystem gab, oder ob er es lieber geheim halten sollte. Wie viele Leute im Sanktuarium wussten überhaupt davon? Und waren diese Gänge nur auf die Tutorenräume beschränkt? Er musste sich so bald wie möglich mit Tristan besprechen.
»Du bist so weit weg«, flüsterte ihm eine leise, sinnliche Stimme ins Ohr. Er blickte in Daes bernsteinfarbene Augen, deren Glanz durch das Traumreich verstärkt wurde. Der Wohlklang ihrer Stimme hatte seine sexuelle Lust stets angeregt, doch in der Magie dieser Sphäre wirkte sie auf seinen ganzen Körper, und er fühlte sich von ihr angezogen wie eine Wünschelrute vom Wasser. Er hatte so etwas Ähnliches erlebt, wenn er im Schlaf zu ihr gegangen war, um ihre Zustimmung zu erlangen, dass sie das Leben im Sanktuarium mit ihm teilen würde. Das schien alles schon so lange her zu sein. So viel war passiert zwischen ihnen.
Sie hatte recht. Er war weit weg, und es wurde nicht besser. Er nickte ihr zu und verstärkte seine Bemühungen, sich zu konzentrieren. Er musste Shilohs Spur aufnehmen, bevor dieser
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