Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
irgendwie in die Stadt gebracht worden, also war ich wohl schon einmal draußen, aber wahrscheinlich betäubt. Man kann nicht heimlich eine Sklavin halten, die schreit oder so.« Sie blickte finster drein. »Ich wünschte … «
»Was wünschst du?«, fragte er, noch immer ein wenig sprachlos über ihren Mut, nach zwanzig Jahren einfach hinauszugehen, um sich einem geübten Killer entgegenzustellen. Sie überraschte ihn immer wieder.
»Ich wünschte, wir könnten Winifred und Friedlow eine ordentliche Buße aufbrummen. Und sie haben Freunde. Es gibt noch mehr Sklaven. Ich habe es gesehen. Oh, Ihr Götter! Ich habe gar nicht an sie gedacht! Die ganze Zeit nicht! Ich hätte – bei den Göttern, ich bin manchmal total egoistisch!«
»Wohl kaum«, entgegnete Magnus bestimmt. »Du hattest genug damit zu tun, zu überleben und dich einzugewöhnen. Und du warst böse auf mich. Wir kümmern uns darum, wenn wir das hier für Henry erledigt haben«, versicherte er ihr und strich ihr mit einer Hand über den Rücken.
»Wie rührend, Magnus. Wirklich rührend.«
Magnus und Daenaira erstarrten, als sie die Stimme hörten, die um sie herum widerhallte. Magnus legte die Hand auf den Griff seines Katana.
»Wenn du das Schwert ziehst, Magnus, dann fehlt deiner kleinen Schlampe mindestens ein Auge«, drohte Shiloh.
Shiloh war ein Experte mit Wurfmessern. Magnus zweifelte nicht eine Sekunden daran, also löste er die Hand vom Griff und ließ sie locker herunterhängen.
»Und bevor du dir irgendetwas anderes Schlaues überlegst«, fuhr Shiloh fort, und aus dem Widerhall seiner Stimme konnte man nicht erkennen, wo er sich befand, »solltest du daran denken, dass dein Sohn nur ganz knapp dem Tod entronnen ist, nachdem er vor ein paar Monaten einen meiner Wurfsterne zu spüren bekommen hat.«
Bei der Erinnerung daran knirschte Magnus mit den Zähnen. Trace war im Schattenreich von einem unbekannten Angreifer attackiert worden und wäre beinahe gestorben. Dae blickte ihn von der Seite an.
»Er tränkt seine Klingen mit Gift«, sagte er leise.
»Mit gattungsspezifischem Gift. Nur für unsere Spezies hergestellt, damit es möglichst gut wirkt. Wofür du dich bei deiner früheren Liebessklavin, ähh, ich meine Dienerin, bedanken kannst. Karri hatte wirklich Ahnung von Gift. Oh, aber das weißt du schon, nicht wahr?« Shiloh kicherte. »Sag schon, du Schlampe. Wie geht’s unserem netten Jungen? Ich muss sagen, ich bin ein bisschen böse auf dich. Ich war kurz davor zu kommen, als Sagan und du gegen die Tür geknallt seid. Es war wunderschön, zu sehen, wie der Junge kam. Ich liebe Jungfrauen. Du nicht auch, Magnus?«
Die Anspielung war unmissverständlich, und Magnus presste die Hand fester auf Daenairas Rücken, als er spürte, wie ein Zittern sie durchfuhr. Doch er blickte sie nicht an, sondern suchte weiter den Horizont ab. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, sich von Sündern nicht provozieren zu lassen. Doch er konnte nicht leugnen, dass der Zorn unter seiner Haut prickelte bei der Vorstellung, dass sein und Daes erstes Beisammensein womöglich beobachtet worden war. Die Bemerkung war allerdings zu allgemein gewesen, und vorerst würde er ihr keinen Glauben schenken. Shiloh würde sich so oder so für den Anschlag auf das Leben seines Sohns und für die zahlreichen anderen Vergehen verantworten müssen. Allmählich wurde ihm jedoch bewusst, dass der Bußpriester für sie lebend wertvoller war als tot. Vielleicht war er der Schlüssel zu den geheimen Machenschaften unter seinem Dach.
»Trace hat erzählt, dass du hingefallen bist wie ein ungeübter Anfänger, als er dich im Schattenreich verwundet hat«, erwiderte Magnus. »Ich nehme an, du warst übermütig und hast nicht damit gerechnet, dass mein Sohn so gut ist wie sein Vater.«
»Wenn er so gut gewesen wäre wie sein Vater«, gab Shiloh zurück, »hätte er seine Hure nicht ohne Bindung geschwängert. Aber du warst ja enthaltsam für zwei, also ist das nachvollziehbar für mich.«
»Sag mal, Shiloh«, sagte Magnus im Plauderton, wobei er absichtlich die Anrede M’jan wegließ, ein Titel, der Shiloh nicht mehr zustand, seit er das Vertrauen gebrochen hatte, »wie viele Kinder hast du in dein Bett gezwungen und dabei deine Dienerin zur Hure und Kupplerin gemacht?«
»Genug, um mich zu befriedigen, nicht genug, um aufzufallen.« Magnus konnte sein unbekümmertes Schulterzucken beinahe hören. »Außerdem liebt Nicoya es, herumzuhuren. Mein verdorbenes Mädchen
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