Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
Silberkugel schmiegte sich in seine Handfläche, während die andere bereits losflog und den Stacheldraht zwischen ihnen spannte. Kugel und Draht trafen Anthran, wickelten sich um seinen Bizeps wie eine Boa constrictor, die ihre Beute umschlingt, und Magnus zog kräftig und unbarmherzig daran, um die Waffe festzuzurren.
Anthran brüllte vor Schmerz, als die Metallhaken sich in sein Fleisch bohrten und es hörbar aufrissen. Anthrans schwere Waffe flog davon, unbrauchbar jetzt, nachdem ein Arm bewegungsunfähig war. Der Priester warf die Kugel, die er noch immer in der Hand hielt, und das lose Ende schlang sich um Anthrans Taille, wo es sich in die Haut bohrte und vor allem dessen herabhängenden Arm an die Seite fesselte.
Anthran schrie auf vor Zorn und griff dann auf seine einzige Möglichkeit zurück. Er schloss die Augen und konzentrierte sich, während Magnus’ tödliche Klinge näher kam. Der Priester spürte den Angriff, kurz bevor er getroffen wurde, und er ging in Deckung, um dem Schwarm von Wurfsternen auszuweichen, die an ihm vorbeizischten. Trotzdem spürte er, wie sich zwei bis zum Knochen in seine linke Schulter bohrten.
Magnus biss die Zähne aufeinander, während er wieder auf die Füße kam. Er hatte die volle Beweglichkeit in der Schulter verloren, doch das würde ihn nicht von seinem Ziel ablenken. Er nahm das Schwert in die andere Hand und riss den unverletzten Arm hoch, wobei er seinen Zorn nutzte, um die Macht der Traumwelt nach seinem Willen zu lenken. Elektrisches Feuer schoss in gezackten Blitzen vom Himmel herab und schlug genau zwischen Anthrans Füßen in den Granit ein. Der Sünder wurde nach hinten geschleudert und flog mehrere Meter durch die Luft, bevor er auf dem Boden aufschlug. Ungeachtet der Distanz war Magnus schon da, als jener auftraf, und versetzte dem schwer verbrannten Verräter einen Tritt in den Bauch, damit er ihn packen und auf die Knie ziehen konnte.
Sobald der andere kniete, drückte der Priester ihm sein Schwert an die Kehle und hielt nur kurz inne, um Luft zu schöpfen.
»Bereue«, krächzte er und achtete nicht auf den Schmerz und auf das Blut, das ihm aus der Schulterwunde über den Rücken lief. »Bereue, und ich werde nicht weitermachen. Flehe um Gnade und sag, dass du Buße tun willst und Führung suchst, um auf den Pfad deines Volkes zurückzukehren. Wir wissen um die Versuchung, wir glauben an Läuterung.«
»Du bist eine Konkubine«, stieß Anthran hervor, und seine dunklen Augen waren wie Ölflecken, als er zu Magnus aufschaute und sie sich mit Zorn und Verachtung für all das füllten, was dem Priester heilig war. »Du bist eine Hure und ein Sklave deines dummen Glaubens und der idiotischen Kinder auf dem Thron. Ich bin frei!«
»Du wirst sterben, wie das Gesetz es verlangt!«, brüllte Magnus und zeigte zum ersten Mal seinen heftigen Zorn. »Im Namen Drennas , Anthran, ich bitte dich, komm zur Vernunft! Bereue!«, rief Magnus, während er sich breitbeinig hinstellte und sein Schwert schwang.
»Zum Teufel mit dir und deinen Gesetzen«, stieß Anthran hervor.
Magnus ließ sein Schwert niedersausen und erfüllte so seine Pflicht. Es gab ein Geräusch, als es durch die Luft schnitt mit seiner scharfen Klinge, die von nichts aufgehalten werden konnte. Nicht einmal vom Hals eines verrückt gewordenen Mannes.
Magnus schritt durch den Vorraum des Sanktuariums und überquerte einen weitläufigen Platz zum Hof auf der gegenüberliegenden Seite. Er marschierte durch den friedvollen Steingarten mit dem Ebenholzbrunnen und den Statuen, bis er zu den Schlafsälen der Frauen kam. Die Schüler, für die alle Priester und Dienerinnen gemeinsam verantwortlich waren, waren nach Geschlechtern getrennt, wie es Weisheit und Tradition vorschrieben. Männer hatten hier keinen Zutritt, so wie auch keine Frauen in den Sälen des anderen Geschlechts geduldet wurden. Natürlich bildeten Lehrer und Betreuer eine Ausnahme, obwohl auch das aus Gründen des Anstands nicht gern gesehen wurde.
Doch es handelte sich um Magnus, den Priester, der der Dunkelheit selbst am nächsten stand und der ihr mächtigster und respekteinflößendster Beschützer war. Es gab keinen Winkel im Sanktuarium, zu dem ihm der Zutritt verwehrt war.
Er stieg ins nächste Stockwerk hinauf und ging weiter bis zu den abseits gelegenen Räumen, die den Schülern vorbehalten waren, die, aus welchen Gründen auch immer, von den anderen getrennt worden waren. Normalerweise ging es dabei um Krankheiten oder
Weitere Kostenlose Bücher