Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
schauen. Es wäre zu beunruhigend. Sie war erschreckend leicht, dünn und sehr, sehr kalt. »Ich komme zurück, sobald ich kann.«
Wir starrten uns an.
»Ich glaube das nicht«, sagte er schließlich.
»Es ist zu logisch, um nicht wahr zu sein. Es gibt keine Dokumente, die meine Geburt bescheinigen, Christian. Das Buch … jagt mich. Wie ich höre, hat es das immer schon getan.«
»Ich glaube kein Wort.«
»Dann biete mir eine andere Erklärung an.«
»Vielleicht stimmen die Legenden nicht. Möglicherweise können eine Menge Leute ungefährdet durch diesen Spiegel treten. Es könnte ein Bluff sein, um die anderen abzuhalten.«
Mein Herz machte einen Satz, als er noch einen Schritt wagte. »Nein, nicht! Christian, hör mir zu. Ich darf dir nicht sagen, um wen es sich handelt, aber du erkennst die Wahrheit in dem, was ich dir jetzt anvertraue. Ich habe selbst gesehen, wie der Spiegel jemanden umgebracht hat.«
Er neigte den Kopf zur Seite, dann nickte er. »Ja, Mädchen. Ich höre die Wahrheit, aber warum musst du mir verschweigen, wer das war?«
»Es ist nicht mein Geheimnis, deshalb kann ich es nicht preisgeben.«
»Eines Tages wirst du es mir sagen.«
Ich schwieg.
»Trotzdem glaube ich das alles nicht.«
»Und was wäre die Alternative? Ich wäre glücklich, wenn es eine gäbe.«
»Vielleicht bist du … ich weiß nicht … Vielleicht bist du ihr Kind«, schlug er vor.
»Mehr als siebenhunderttausend Jahre später?« Diesen Gedanken hatte ich auch schon gehabt und verworfen. Und er widersprach nicht nur meinem Bauchgefühl. »Das erklärt nicht all das, was ich weiß, woran ich mich erinnere und was ich fühle oder warum das Buch mit mir spielt.« Mir war selbst schleierhaft, wieso ich so sicher war, dass ich kein Nachkomme des Königs und der Konkubine war. Meine Empfindungen waren viel zu persönlich. Zu sexuell und besitzergreifend. Das waren nicht die Gefühle eines Kindes, sondern die einer Liebenden.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich bleibe hier. Aber mach schnell.«
»Versprich mir, dass du nicht versuchst, durch den Spiegel zu gehen, Christian.«
»Versprochen, Mac. Aber beeil dich. Je länger ich hier bin, umso mehr … verwandle ich mich.«
Ich nickte. Als ich mich mit der Königin/Konkubine/Frau, für die ich anscheinend Welten zerstört hatte, abwandte, überlegte ich unwillkürlich, wo die anderen Teile von mir sein könnten.
31
I ch spähte durch die Vordertür ins Barrons, Books and Baubles, unsicher, was mich mehr überraschte: dass die vordere Sitzgruppe intakt war oder dass Barrons dort saß, die Füße auf dem Tisch. Er war umgeben von Bücherstapeln, und handgemalte Landkarten hingen an den Wänden.
Wie oft hatte ich so dagesessen, in Büchern nach Antworten gesucht und hin und wieder aus dem Fenster in die Dubliner Nacht geschaut, während ich auf Barrons gewartet hatte? Liebend gern würde ich mir vormachen, dass er heute auf mich wartete.
Ich beugte mich weiter vor und linste durch das Glas.
Er hatte den Buchladen neu eingerichtet. Wie lange war ich weg gewesen?
Da standen mein Zeitschriftenständer, meine Ladentheke, eine altmodische Registrierkasse, ein kleiner Flachbildfernseher und DVD-Player – beides definitiv aus unserer Zeit – und ein Sound-Dock für meinen iPod. Ich entdeckte auch einen nagelneuen schwarzen iPod. Er hatte mehr getan, als nur den Raum neu möbliert. Er hätte genauso gut eine Matte mit der Aufschrift WILLKOMMEN ZU HAUSE, MAC vor die Eingangstür legen können.
Die Türglocke schlug an, als ich eintrat.
Sein Kopf zuckte herum, und er erhob sich halb. Bücher rutschten von seinem Schoß.
Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, war er tot gewesen. Ich blieb auf der Schwelle stehen, vergaß zu atmen und sah zu, wie er sich graziös wie ein Tier zur vollen Größe aufrichtete. Seine Persönlichkeit füllte den Raum. Für eine Weile gaben wir beide kein Wort von uns.
Eins musste man Barrons lassen – die Welt zerfiel in Stücke, und er war gekleidet wie ein wohlhabender Business-Tycoon. Sein Anzug saß wie angegossen, das Hemd war frisch gebügelt, die Krawatte gemustert und in geschmackvollen Farben gehalten. Silber glänzte an seinem Handgelenk – der breite, mit alten keltischen Mustern verzierte Armreif, den er und Ryodan trugen.
Trotz all meiner Probleme hatte ich weiche Knie. Plötzlich befand ich mich wieder in dem Kellerraum. Meine Hände waren ans Bett gefesselt. Er kniete zwischen meinen Beinen und wollte mir nicht
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