Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
ganze Satz, den ich seit dem Angriff ausspreche. »Dein Sohn kann nicht sterben, oder? Niemals. Egal, was geschieht.«
43
H ätte ich nie Unseelie-Fleisch gegessen, würde mir die wundersame Heilung ganz schön zu schaffen machen.
So konnte ich mir vormachen, ich hätte Unseelie verzehrt. Mit der Vorstellung von dem Elixier, das mein Leben verlängert, wurde ich nicht fertig. Es weckte in mir den Wunsch, Darroc noch einmal umzubringen. Gewaltsam. Sadistisch. Mit vielen Folterqualen.
Er hatte mich nicht nur zur Pri-ya gemacht, sondern auch noch geplant, mich ewig leben zu lassen. Mein Herz hatte sich angesichtsder Fotos von ihm und Alina für ihn erwärmt, und ich hatte mir eine andere Wendung für die beiden ausgemalt, aber jetzt war jede Spur von Zuneigung verflogen. Hätte mich Barrons nicht gerettet … ich konnte mir das entsetzliche Grauen nicht einmal im Ansatz vorstellen. Ich wollte es auch nicht. In kürzester Zeit wäre ich dem Irrsinn verfallen. Was, wenn er mich eingesperrt und sich geweigert hätte, mir das zu geben, was ich brauchte? Wenn ich in einem kleinen dunklen Kämmerchen …
Mir lief ein Schauer über den Rücken.
»Hör auf, darüber nachzudenken«, sagte Barrons.
Ich fröstelte unwillkürlich. Es gab wirklich Schlimmeres als den Tod.
»Es ist nicht so gekommen. Ich habe dich befreit und zurückgebracht. Letzten Endes ist alles gut geworden. Dich bringt so schnell nichts um, und darüber bin ich froh.«
Laut Barrons war ich mehrere Male verblutet. Ein zu großes Stück war aus meiner Kehle herausgebissen worden, so dass sich mein Körper nicht schnell genug erholen konnte. Während ich tot war – oder zumindest nicht mehr atmete –, war der Heilungsprozess jedes Mal weitergegangen. Ich kam immer wieder zu mir, nur um erneut zu verbluten. Schließlich war ich so weit wiederhergestellt, dass ich für den Rest der Heilung bei Bewusstsein blieb. An mir klebte überall getrocknetes Blut.
Barrons hebt mich wieder hoch und trägt mich weiter. Wir durchqueren elegant eingerichtete Zimmer, gehen mehrere Treppen hinunter, und ich stelle fest, dass es unter seiner Garage noch einige Etagen gibt. Er hat eine eigene Welt hier unten. Normalerweise hasse ich es, unter der Erde zu sein, aber das hier ist etwas anderes. Man hat das Gefühl von Weite, von Raum, der nicht das ist, was er zu sein scheint. Ich nehme an, er hat noch andere Spiegel, einige Ein- und Ausgänge. Es ist die ultimative Fantasie eines Überlebenskünstlers. Die Welt konnte von Atombomben vernichtet werden, und hier unten würde das Leben weitergehen, oder wir könnten in andere Welten überwechseln. Ich habe den Verdacht,dass mit Barrons keine Katastrophe endgültig ist. Er macht immer weiter.
Und ich werde auch weitermachen.
Das gefällt mir nicht. Ich wurde in vielerlei Hinsicht umprogrammiert und verändert. Damit habe ich die meisten Probleme. Es macht mich weniger menschlich, und ich habe mich ohnedies schon als Einzelgängerin empfunden. Bin ich ein Teil des Unseelie-Königs und jetzt fast unsterblich? Ist dies ein Kreislauf? Werden wir immer wiedergeboren und wiederholen denselben Zyklus?
»Wäre das so schlimm?«
»Liest du meine Gedanken?«
»Du denkst mit den Augen.« Er lächelt.
Ich berühre sein Gesicht, und das Lächeln verblasst. »Mach das noch mal.«
»Sei kein Dummkopf.«
Ich lache. Aber seine Miene ist ernst – jede Freude ist ausgelöscht.
Er mustert mich mit kaltem, hartem Blick. Jetzt erkenne ich etwas in seinen Augen. Dem Rest der Welt mögen sie leer erscheinen. Ich erinnere mich, selbst auch ein paar Mal gedacht zu haben, dass ihnen jede Menschlichkeit fehlt, aber das stimmt nicht.
Er fühlt. Wut. Schmerz. Lust. So viele Emotionen pulsieren unter seiner Haut. So viel Leben. Mensch und Tier – ständig im Krieg. Inzwischen weiß ich, dass es nie leicht für ihn ist. Er muss unaufhörlich kämpfen. Wie kann ein Mann das tagtäglich ertragen?
Er bleibt stehen und stellt mich auf die Füße. Er hantiert im Dunkeln, entfacht ein Kaminfeuer, zündet Kerzen an.
Wir sind in seinem Schlafzimmer. Es ähnelt dem Gemach des Königs: opulent, luxuriös mit einem riesigen Bett mit schwarzer Seide und schwarzen Fellen. Mehr sehe ich nicht. Ich habe nur ihn und mich nackt vor Augen.
Ich zittere.
Ehrfurcht erfasst mich, weil ich hier bin. Weil er mich will.
Er zündet noch mehr Kerzen neben dem Bett an, dann türmt er Kissen auf – daran erinnere ich mich aus meiner Zeit als Pri-ya.
In dem
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