Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
waren, erreichten wir den wahren Eingangsbereich zum Club, ein Foyer mit einer großen Doppeltür.
Seit meinem letzten Besuch hier hatte jemand die große Holztür durch eine schwarz lackierte ersetzt, der ultimative urbane Schick. Der Lack glänzte so sehr, dass sich das Pärchen, das nach uns kam, darin spiegelte. Sie war gekleidet wie ich – langer, schmaler Rock, Stiefel mit hohen Absätzen und ein Mantel mit Pelzkragen. Er bliebganz nahe schräg neben ihr stehen, als wollte er sie abschirmen wie ein Schild.
Ich zuckte zusammen. Uns war kein Paar gefolgt. Ich hatte mich selbst nicht erkannt. Es lag nicht an meinen wieder erblondeten Haaren – die schwarze Tür reflektierte nur die Gestalt und die Bewegungen, keine Farben –, ich sah einfach aus wie eine andere Person. Meine Haltung war anders. Die letzten Spuren von babyhafter Weichheit, die ich im vergangenen August mit nach Dublin gebracht hatte, waren verschwunden. Ich fragte mich, wie Mom und Dad mich sehen würden, und hoffte, sie konnten trotz der Veränderungen die alte Mac erkennen, die noch irgendwie in mir steckte. Ich war aufgeregt und nervös vor der Begegnung.
Barrons stieß die Tür auf. »Bleiben Sie immer an meiner Seite.«
Mir schlug ein Schwall von Sinnlichkeit entgegen – der Club war ganz kühl in Chrom und Glas, Schwarz und Weiß gehalten, industrielle Muskeln in Manhattaner Eleganz. Das Dekor verhieß ungehemmte Erotik, Vergnügen um des Vergnügens willen, Sex, für den man sein Leben geben würde. Die riesigen Räumlichkeiten waren zu terrassenförmigen Tanzflächen angeordnet; jeder der Dutzend Bereiche hatte eine eigene Bar. Die Mini-Clubs hatten eigene Mottos, einige wirkten elegant, in anderen hielten sich stark tätowierte Gäste auf, in wiederum anderen herrschte städtischer Verfall vor. Die Barmänner und Bedienungen reflektierten die Themen ihrer Bereiche; manche trugen Smokings ohne Hemden, andere zeigten sich in Leder und Ketten. In einem hatten die extrem jungen Bedienungen Schuluniformen an, in einem anderen … ich drehte mich hastig weg. Den wollte ich mir nicht anschauen, nicht einmal daran denken. Ich hoffte nur, Barrons hielt meine Eltern von solchen Ausschweifungen fern.
Obwohl ich mich mental darauf gefasst gemacht hatte, Menschen zu sehen, die sich mit Unseelie abgaben, flirteten und Sex hatten, würde ich wohl nie auf einen solchen Anblick vorbereitet sein. Das Chester’s war ein Anathema zu allem, was mich ausmachte.
Feenwesen und Menschen waren nicht dazu geschaffen, sich zuvermischen. Die Feen waren unsterbliche Raubtiere, die keine Rücksicht auf menschliches Leben nahmen, und die Menschen, die dumm genug waren, sich einzubilden, dass ihr kleines unbedeutendes Dasein für die Feen wichtig sein könnte … Ryodan sagt, solche Menschen verdienten den Tod, und wenn ich sie an Orten wie im Chester’s sehe, muss ich ihm recht geben. Man kann niemanden vor sich selbst schützen. Man kann lediglich versuchen, die Leute wachzurütteln.
So viele Unseelie, zusammengepfercht in einem Gebäude, schufen eine betäubende Atmosphäre. Ich verzog das Gesicht und dämpfte meine Sidhe -Seher-Sinne. Musik dröhnte von einer Ebene zur anderen. Sinatra kämpfte gegen Manson; Zombie übertönte Pavarotti. Die Botschaft war klar: Wir haben, was Sie wollen, und wenn nicht, kreieren wir es für Sie.
Eins war allen Bereichen gemeinsam: Das Chester’s hatte sich für den Valentinstag geschmückt.
»Das ist einfach nicht richtig«, murrte ich.
Tausende rote und pinkfarbene Ballons drifteten an seidenen Schnüren durch den Club – auf allen standen Sprüche, die von süß über frech zu entsetzlich rangierten. Am Eingang zu jedem Mini Club stand eine große goldene Cupido-Statue mit Bogen und unzähligen langen goldenen Pfeilen.
Die menschlichen Gäste jagten die Ballons von einer Ebene zur anderen, liefen Treppen hinauf, setzten sich auf Barhocker, zogen an den Seidenschnüren und brachten die Ballons mit den Pfeilen zum Platzen. Ich verstand dieses Spiel erst, als ich sah, wie ein zusammengefalteter Zettel aus einem der Ballons fiel und ein Dutzend Frauen wie Wildkatzen darum kämpften.
Schließlich bahnte sich eine Frau triumphierend einen Weg aus dem Getümmel, und drei andere taten sich zusammen, um sie anzugreifen; sie attackierten sie mit den Pfeilen und nahmen ihr das heißbegehrte Stück Papier weg. Dann stürzten sie sich wieder mit erschreckender Brutalität aufeinander. Ein Mann schritt ein, schnappte
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