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Shakespeares ruhelose Welt

Shakespeares ruhelose Welt

Titel: Shakespeares ruhelose Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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aber vollzog er einen Schwenk und wurde zum Rebellen. So einer musste bestraft werden, diesen Verrat konnte man ihm nicht durchgehen lassen. Image of Ireland ist der Versuch klarzumachen, dass die Regeln und Verfahren des englischen Gesetzes zwar für gewöhnliche Untertanen anzuwenden seien, der wood kern dagegen außerhalb des Gesetzes stehe; gegen ihn müsse man ohne jede Rücksicht und Schonung vorgehen. Eine Art Rechtfertigung für hartes Durchgreifen: gegen gefährliche, demobilisierte Soldaten helfe nur das Kriegsrecht.»
    Lange Zeit war Rory Oge berühmt dafür, dass es ihm immer wieder gelang, sich in letzter Minute der Verhaftung zu entziehen. Schließlich jedoch verließ ihn das Glück, und am 30. Juni wurde er in einem doppelten Hinterhalt gefangen und enthauptet.
    Der Druck mit dem Bild Rory Oges zeigt nicht nur irische Wildheit, sondern auch englische Grausamkeit: Die Art, in der ihn Derricke darstellt, war kaum weniger grausam alsseine Exekution. Zu dieser Zeit war Rory Oges Kopf vor dem Dubliner Schloss auf einem Spieß zur Schau gestellt worden; diesen Kopf nun lässt Derricke zu uns sprechen und den Verrat eingestehen:

    Diese Karte von Großbritannien und Irland (aus den Armada Plates von Augustine Ryther, 1590) zeigt die Routen der spanischen und der englischen Flotte 1588.
Und ich, armer Halunke, liege und krieche im Staub
So macht Gott der Gerechte Verräter zunichte …
Vom Körper mein Kopf ist getrennt entzwei,
Aufgestellt vorm Schloss, als mahnend Zeichen.
    So wird der Feind in den Hinterhalt gelockt, geschlagen, hingerichtet und zuletzt auch noch gedemütigt.

    Die Frage, wie die garstigen Iren zu unterwerfen seien, war, als das sechzehnte Jahrhundert zu Ende ging, nicht neu. In Richard II. , 200 Jahre früher angesetzt, wird die Handlung vorangetrieben von der erdrückenden finanziellen Last der irischen Kriege, die der König bis zu seiner Absetzung und seinem Tod führte (zuvor hatte er Heinrich IV. zum Erben ein gesetzt):
«NORTHUMBERLAND: Und zwar geschah [dies], als der arme König –
An dem uns unser Unrecht Gott verzeih’! –
Sich zu dem Zug nach Irland wegbegab,
Wovon er, abgerufen, wiederkam,
Entthront und drauf ermordet bald zu werden.»
    Elisabeth entging Richards Schicksal – das sie gewiss kannte –, doch der irische Krieg war der düstere Hintergrund eines großen Teils ihrer Regentschaft und auch für Shakespeares Schreiben in den 1590er Jahren. Dazu nochmals Andrew Hadfield:
«In den 1590ern wusste jedermann, was in Irland vor sich ging. Eine große Zahl einfacher Männer war durch die Musterungsbehörden in die Armee gezogen worden. Kurz bevor Heinrich V. auf die Bühne kam, stand die größte Armee, die jemals in London versammelt wurde, zur Überfahrt nach Irland bereit. Viele Leute hatten mit der Armee zu tun, und sie kannten andere, die getötet worden waren – man konnte sich dem gar nicht ent ziehen, und wenn sich Shakespeare in Heinrich V. auf Irland bezieht, ist das sehr aktuell und völlig eindeutig.»

    Robert Devereux, 2. Earl of Essex, zu Pferd; im Hintergrund Cadiz, die Azoren und Irland, 1599/1600. Der Druck geht – irrtümlich – von Essex’ Sieg in Irland aus, so auch Shakespeare in Heinrich V.
    Auch als Rory Oge von der Bildfläche verschwunden war, brach die Rebellion gegen die englische Herrschaft 1594 erneut los, diesmal unter der Führung von Hugh O’Neill, dem Earl of Tyrone, und der mit ihm verbündeten gälischen Clanchefs. So groß war die Besorgnis über das Geschehen in Irland, dass Shakespeare, in seiner wahrscheinlich einzigen direkten Bezugnahme auf ein aktuelles Ereignis, Heinrichs V. Sieg bei Agincourt mit Elisabeths Truppen vergleicht, die in Irland kämpfen:
«CHORUS: Wenn jetzt der Feldherr unsrer gnäd’gen Kaiserin,
Wie er es [in Kurzem wohl vermöchte], aus Irland käme
Und hätte die Empörung mit dem Schwert gebrochen:
Wie viele würden [nicht vor diese Friedensstadt
hinauszieh’n, zum Willkommen ihm entgegen]?»
    Shakespeare mag hier an Elisabeths großen Günstling, den Earl of Essex, gedacht haben, der 1599 mit einer großen Streitmacht nach Irland entsandt wurde – die größte Armee, die je in London versammelt wurde – und dessen Rückkehr nun erwartet wurde, siegreich, wie man hoffte, mit ruhmglänzendem Schwert. Doch Essex scheiterte, fiel in Ungnade und wurde (nach einer verhängnisvoll unüberlegten Rebellion gegen die Königin) 1601 geköpft, nicht anders als Rory Oge.
    Was später der Neunjährige

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