Shakran
Chamäleon!«
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A lso Entwarnung?«, fragte Edwards, nachdem die anderen wieder in der Einsatzzentrale angekommen waren. Sein Anzug hatte immer noch messerscharfe Bügelfalten, er sah aus, als könnte er für ein Hochglanzmodemagazin Modell stehen. Mittlerweile hatte jemand ein paar Kleidungsstücke aus Anns Wohnung geholt, sodass auch sie sich nach dem Duschen umziehen konnte. Die Kleidung passt nicht mehr zu ihr, dachte Mark, der sie verstohlen musterte. Zu verhalten und zu bieder.
»Nein«, sagte Terry. »Im Moment sieht es so aus, aber ich teile die Meinung von Miss Mankowitz. Der Kerl will uns hinters Licht führen. Wir müssen davon ausgehen, dass er noch lebt und dass er weiterhin sein Ziel verfolgt.«
Mittlerweile war die hintere Wand des Task-Force-Raums mit einer detaillierten Karte der Bereiche rund um das Weiße Haus und den Capitol Hill zugehängt. Hunderte von Magnetmarkern stellten die eingesetzten Sicherheitsbeamten dar. Die auf der Karte dargestellte Szenerie war die relativ kurze Fahrt vom Weißen Haus zum Capitol. Feine orangefarbene Linien stellten mögliche Schussbahnen dar. Ein Counter Sniper, ein Scharfschütze, spezialisiert auf das Ausschalten anderer Scharfschützen, war hinzugezogen worden.
Draußen vor dem Raum standen zwei Mitarbeiter des Secret Service, die den Zugang zum Raum kontrollierten. Die Informationen, die hier aufbereitet wurden, waren zu brisant, niemand durfte hier zufällig hereinstolpern.
Im Lauf des Tages waren mehrere Rechner aufgebaut worden, sogar ein Safe wurde mit stabilen Mauerankern am Boden montiert. Er enthielt die CDs mit den Unterlagen über die Secret-Service-Leute, die von Moire eingesetzt worden waren und die immer noch an der Operation teilnahmen.
Die eigentliche Operationszentrale des Secret Service befand sich im Gebäude des Schatzamtes mit direkter Sicht auf das Weiße Haus. Es hatte eine längere Diskussion gegeben, ob es nicht einfacher wäre, die Einsatzgruppe dorthin zu verlagern, aber im Augenblick, so hatte man sich entschieden, war dies hier unauffälliger. Es gehörte dem Verteidigungsministerium.
Auf einer Seite des Raumes stand ein Aktenschrank, der sich immer schneller füllte. Er enthielt die Akten und elektronischen Datenträger über alle Personen, die auf Malverns CD genannt wurden. Ein junger weiblicher Luftwaffenoffizier saß vor einem der neu aufgestellten Rechner. Als Datenanalystin war es ihr Job, die eingehenden Daten über die Personen auf der Liste zusammenzufassen und zu ordnen. Lieutenant Maria Lee bekam zwar immer wieder große Augen, wenn sie über etwas stolperte, aber sie hielt sich zurück und machte nur ihren Job.
Die Task-Force war um eine weitere Person aus den Reihen des FBI verstärkt worden: Marian Lester. In den vergangenen Tagen hatte sie weitere Informationen über Malverns Mörder zusammengetragen. Aber das war nicht ihre eigentliche Aufgabe. Sie koordinierte den Informationsaustausch mit dem FBI. Diesmal, so der Präsident, durfte es nicht passieren, dass eine Information nicht rechtzeitig weitergegeben wurde.
Aus dem gleichen Grund war auch jemand von der Homeland Security und von der CIA anwesend, beides junge Leute, die in der Hierarchie noch nicht weit aufgestiegen waren, die aber den großen Vorteil hatten, dass sie nicht auf der verhängnisvollen Namensliste standen.
»Schon irgendwelche Ergebnisse, Lieutenant?«
Lee blickte auf und blies sich die Haare aus dem Gesicht. »Es ist noch viel zu früh, um etwas zu sagen. Wir konzentrieren uns zurzeit auf die Zielgruppe, die Zugang zu den Informationen hat.«
Mark, der danebenstand, nickte und nahm ein Dossier von ihrem Tisch. Er hielt es hoch, damit die anderen es sehen konnten. »Beispielsweise Frank Halberg. Stellvertretender Leiter des FBI«, sagte er verbittert und hielt ein zweites Dossier hoch. »Oder Staatsanwalt Thomas Bonlin.« Er warf beide Dossiers auf den Tisch zurück.
»Wir brauchen einen Vertreter des Staatsanwalts«, meinte Ann.
»Was wir vor allem brauchen, ist absolute Geheimhaltung.« Edwards streckte sich, es knackte vernehmlich. Er unterdrückte ein Gähnen. »Wenn das hier herauskommt, ist die jetzige Regierung sowieso am Ende. Man wird dem Präsidenten Unfähigkeit vorwerfen.« Er brach ab. »Als ob der etwas dafür könnte ...«, murmelte er.
»Sie wollen das doch nicht alles vertuschen, oder?«, fragte Ann ungläubig.
»Natürlich nicht!« Edwards schüttelte grimmig den Kopf. »Wir haben unsere Lektion gelernt. Wir
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