Shakran
wahrscheinlich sogar von ihm. Der Kaffeeautomat auf dem Gang war wahrscheinlich älter als Mark, und so schmeckte der Kaffee auch.
Das 14. Revier sah aus wie jedes andere Polizeirevier, Linoleumboden, fantasielose Farben, zusammengestopselte Ausrüstung. Natürlich wurde es immer mal wieder renoviert, aber bislang war das Revier in Villiamsburg das einzige, das auf Mark nicht trostlos wirkte.
»Keine Ahnung«, antwortete er und gähnte. »Ich hoffe, nicht. Wir haben nicht die geringsten Hinweise auf ein eigenständiges Motiv des Mörders. Also vermuten wir, dass er im Auftrag arbeitet. Das Einzige, was wir im Augenblick mit ziemlicher Sicherheit sagen können, ist, dass Senator Malvern etwas besessen hat, was für diesen Auftraggeber wichtig ist. Agent St. Clair meint, dass der Senator etwas dabeihatte, es vielleicht sogar Miss Mankowitz gegeben hat, und dass das genau das ist, was der Mörder im Haus des Senators gesucht hat. Ohne Erfolg. Das bedeutet, dass er weitersuchen wird. Vielleicht auch weitermorden.«
»Vielleicht ist er ja doch fündig geworden und hat die ganze Sache nur inszeniert, weil er ein Sadist ist und seine Bedürfnisse befriedigen wollte«, gab Steve zu bedenken.
»Befriedigung durch Folter?«, fragte Mark ungläubig. »Wie kommst du denn darauf?«
Steve ließ die Akte, in der er gerade blätterte, auf den Tisch fallen. »Hier. Deine Kollegen vom FBI haben uns freundlicherweise zwei Täterprofile erstellt.«
Mark fasste die Akte nicht an. »Lasst mich raten. Profil eins: Der Täter ist ledig, Anfang bis Mitte dreißig, intelligent. Geht wahrscheinlich einer selbstständigen Arbeit nach. Weil er so selbstbewusst agiert hat. Das sind die Kernpunkte für den Attentäter am Flughafen. Profil zwei: Der Täter in Malverns Haus ist ebenfalls ledig, Anfang bis Mitte dreißig, intelligent, arbeitet wahrscheinlich als Buchhalter. Wegen der Sorgfalt im Detail. Ach ja, nicht zu vergessen, die Leute, die ihn kennen, glauben, er ist ein netter Mensch.«
Steve verzog das Gesicht. »Du hältst nicht viel von euren eigenen Profilen, oder?«
»Doch. Sie sind oft genug sehr hilfreich, und sie treffen auch ab und zu ins Schwarze, aber sie können eben auch in die Irre führen.« Er lächelte. »Auch Ted Bundy war ein netter Mensch.«
In diesem Augenblick klingelte sein Handy. Er sah die Nummer auf dem Display und stöhnte auf. Trotzdem ging er dran, sagte aber nichts.
»Hallo, Mark«, hörte er eine ihm allzu gut bekannte weibliche Stimme, sie lallte ein wenig.
Mark verdrehte die Augen und wandte sich wieder zum Fenster.
»Hallo, Marcia.«
»Du schuldest mir was.«
Natürlich, wie konnte es auch anders sein.
»Du könntest schon längst Oberst sein und im Pentagon arbeiten!«
Die alte Leier, dachte Mark. Marcia hatte sich immer als Offiziersfrau gesehen, die bei irgendwelchen Festivitäten eine graziöse Erscheinung abgegeben hätte.
»Fang nicht wieder davon an«, sagte Mark. »Wie viel brauchst du?«
»Ich rufe dich nicht an, weil ich Geld brauche!«, fauchte Marcia empört. »Aber wenn du schon mal davon sprichst ... Irgendwas ist mit meiner Kreditkarte nicht in Ordnung.«
»Wie viel?«
»Siebzehnhundert sollten reichen.«
Mark seufzte auf.
»Hey, das ist nicht so viel. Wärst du bei der Navy geblieben, würden wir jetzt viel mehr verdienen!«
»Du könntest vielleicht arbeiten gehen. Dabei könntest du dich dann selbst finden. Das wolltest du doch immer.« Mark atmete tief durch. Das brachte doch nichts. Für ihn und Marcia war es einfach zu spät.
»Krieg ich nun das Geld oder nicht?«
»Ich kümmere mich drum.«
»Die Raten für den Wagen sind auch nicht bezahlt! Irgend so ein unfreundlicher Mensch war da und hat angedroht, dass er ihn mitnimmt!«
Marcia würde wahrscheinlich nie verstehen, dass die Welt sich nicht nach ihren Vorstellungen drehte.
»War's das?«, fragte er und zwang sich, ruhig zu bleiben.
»Ich ... Ich wollte dir nur sagen, dass ich deine Versicherungsnummer angegeben habe, als ich im Krankenhaus war. Nur dass du dich nicht wunderst.«
Mark runzelte die Stirn. Irgendwann hatte es mal eine Zeit gegeben, da war Marcia alles gewesen in seinem Leben. »Was ist? Bist du krank? Hattest du einen Unfall?«
»Unfall könnte man es auch nennen.« Sie kicherte und verschluckte sich dabei. »Ich war schwanger.«
»Scheiße!«, brüllte Mark und schmiss das Handy mit voller Wut auf den Boden. Einen Augenblick lang stand er da wie erstarrt, dann drehte er sich langsam um.
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