Shakran
erstaunten Crew tauchte der Wagen jedoch wieder auf. Die Windschutzscheibe war gesplittert, aber immer noch dicht, die Crew konnte den Airbag sehen und, wie einer der Leute es beschrieben hat, einen Mopp aus roten Haaren und darunter zwei aufgerissene Augen. Der Steuermann hat behauptet, sie hätte ihn direkt angesehen und wäre bei Bewusstsein gewesen. Dann ist der Mercedes langsam untergegangen. So wie ich das verstanden habe, sind zwei der Küstenschutztaucher schon in voller Montur gewesen, um die abgerissene Ankerkette der Boje entweder abzuschweißen oder zu reparieren, ich weiß es nicht mehr. Muss in dem Bericht stehen. Noch während der Mercedes abgesoffen ist, sind die beiden Taucher ins Wasser gesprungen. Der eine Taucher hat hinterher gesagt, sie hätte ihren Kopf nach ihm umgedreht, während der Wagen volllief. Die stabile Karosserie hat Ann zwar das Leben gerettet, sie hat sie aber auch fast umgebracht. Bis die Taucher die Türen aufbekamen, war sie quasi schon ertrunken. Später haben wir erfahren, dass der Wagen der israelischen Botschaft gehört hat und dass dort niemand wusste, wie er nach San Francisco gekommen war. Er war zwei Wochen vorher aus einer Garage gestohlen worden.« Kramer warf den beiden FBI-Agenten einen bedeutungsvollen Blick zu. »Glauben Sie mir, wir haben jeden Stein umgedreht. Nichts. Nur dieser Wagen.« Kramer atmete tief durch. »Die verdammte Karre hatte kugelsichere Scheiben, deswegen konnten die Taucher Ann nicht durchs Fenster bergen. Wie auch immer, sie haben es geschafft. Erst an Bord haben sie die Schusswunden entdeckt. Was mit ihrem Gesicht passiert war, war ja offensichtlich.« Kramer nickte in Richtung der Akte, die unberührt auf dem Tisch lag. »Wenn Sie wissen wollen, wie viele Knochen man sich brechen kann, dann können Sie sich die Krankenberichte ansehen. Ich habe keine Lust, mir das noch mal anzutun. Beide Schenkel, beide Oberarme, alle Finger der rechten Hand. Man hat ihr die Fingernägel ausgerissen. Brandwunden an der Brust und am Unterleib. Frakturen des Schädels, der Gesichtsknochen und des Kiefers. Sie hat fünf Zähne verloren. Beide Kugeln haben ihr Herz nur knapp verfehlt. Eine der Kugeln haben wir aus der Autotür geholt. 9 mm Kupfermantelgeschoss. Europäisches Kaliber.« Kramer nippte wieder an seinem Kaffee. »Der Schiffsarzt hat nicht mehr daran geglaubt, dass er sie retten kann. Er hat ihren Tod festgestellt, aber einer der Taucher hat darauf bestanden, dass sie noch leben müsste, und dann hat der Arzt Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen.« Kramer lächelte. »Ihr Herz hat sofort wieder angefangen zu schlagen. Und danach hat der Schiffsarzt eine Meisterleistung vollbracht. Ann ist ins Koma gefallen. Sechs Wochen lang. Zu ihrem Glück, denn das erleichterte den Heilungsprozess nach den ersten Operationen. Als sie wieder zu sich kam, konnte sie auf dem rechten Auge nichts sehen, da der Sehnerv ein Trauma hatte. Das hat sich dann zwei Monate später gegeben.« Kramer öffnete die Akte und tippte mit dem Zeigefinger auf das oberste Blatt. »Aber was ihr meiner Meinung nach wirklich das Leben gerettet hat, ist diese Funkmeldung. Der Kapitän hat sie absetzen lassen, nachdem man Ann aus dem Wasser geholt und sie für tot erklärt hatte. Hier der entscheidende Satz: Um 3.32 wurde der Körper einer jungen Frau geborgen. Der Schiffsarzt konnte nur den Tod feststellen. Es handelt sich um ein Gewaltverbrechen, da der Leichnam zwei Einschusswunden in der Herzgegend aufweist.« Kramer klappte die Akte wieder zu. »Die Küstenwache hat uns informiert. Ich hatte damals Nachtschicht, der Fall wurde mir zugeteilt. Ich wollte mich gerade zum Pier begeben, als das Telefon bimmelte und ein Freund mir mitteilte, dass ich erstens auf den nächsten Anruf warten solle und dass ich zweitens den nächsten Anruf todernst nehmen solle. Das waren exakt seine Worte. Übrigens saß er im FBI-Hauptquartier in Washington.«
»Saß?«, fragte Val.
»Er ist mittlerweile gestorben. Herzanfall.« Er sah Val an und zuckte mit den Schultern. »Karl, so hieß er, hatte früher schon mal einen Herzanfall gehabt. Was den ominösen Anruf angeht, der kam dann auch, und ich habe ihn sogar mitschreiben lassen.«
Mark nickte. »Wir haben die Mitschrift gelesen.«
»Dann wissen Sie, warum ich so angepisst war. Ich bin dann also zum Pier, und Sie können sich vorstellen, wie erstaunt ich war, als ich feststellen konnte, dass sie noch am Leben war. Dann habe ich ihr Gesicht gesehen. Das
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